(46:13, CD, New West/PiaS, 2017) Hier wird wieder einmal der Beweis erbracht, dass Wildern in verschiedensten Genres aus einem Album nicht unbedingt eine zerfahrene Kiste machen muss. All Them Witches gelingt mit ihrem vierten Album die beeindruckende Leistung, aus psychedelischen Momenten, Blues- und Stonerrock, Fuzz, gelegentlichen Doom-Anleihen, Singer-/Songwriter, Jazz und Progressive Rock eine überaus homogene Angelegenheit zu machen, die auch noch einen bemerkenswerten Flow besitzt. Obwohl man sich auch hin und wieder eine reichlich gut gemeinte Dosis Alternative Rock verabreicht hat. So wirkt gerade der Opener ‚Bulls‘ mit seinen Slint- und Fugazi-Bezügen geringfügig harsch und unnahbar, obwohl der Solopart mit seinen Space-Gitarren…
Autor: Carsten Agthe
(39:26, CD, Progressive Promotion/PPR-Shop, 2017) Bitte ganz viel Drama, Baby! Im Postrock kann man ganz sicher sein, dass es in vielerlei Hinsicht mächtig dramatisch zur Sache geht. Schon in den Bezeichnungen der hier werkelnden Projekte geht es um Explosionen, Zerstörung, Kollapse und um Gott an sich. Es scheint, die ausufernden Namen sollen ein wenig Ausgleich für die Musik sein, in der es meistens wenig zu sagen gibt, da man flächendeckend instrumental unterwegs ist. Der Postrocknamens-Oscar geht an dieser Stelle dann erst einmal an Sounds Like The End Of The World, die dann aber nicht nur bezüglich ihres Namens voll auf den…
(67:03, CD, Eigenverlag, 2017) Es ist wahrlich ein gigantischer Schritt für Isaac Vacuum von der 20-minütigen Debüt-EP zu diesem ersten Longplayer, mit dem man Material-technisch auf Nummer sicher geht. Denn „Lords“ bringt es gleich einmal auf fast stolze 70 Minuten und erweist sich schon im ersten Ansatz als ein Monolith aus Progressive- und Postrock, wobei die Betonung in jeglicher Hinsicht auf Rock liegt. Denn „Lords“ gibt sich als Quantensprung für den Vierer aus Krefeld, der hier zwar aus einem Fundus aus Einflüssen zitiert, daraus aber eine endemische Abart kreuzt. Dass sieben der elf hier enthaltenen Tracks die sieben Minuten überziehen, zeugt davon, was Isaac Vacuum…
(51:54+53:42, 2CD, Green Brain Krautrock, 2017) Gar mächtig dräut die Orgel und spaced die Gitarre. Seit einer gefühlten Ewigkeit beglücken uns die Süddeutschen mit ihrem Sud aus Kraut- und Psychedelic-Rock, wobei es hierbei aber immer noch eine Steigerung und einen draufzusetzen gibt. So kommt „Behind The Gate“ gleich einmal als Doppeldecker, wobei die zwölf auf eine Spielzeit von über hundert Minuten kommenden Songs dieses Format auch notwendig machen. Ohne Schnörkel machen sich Space Debris auch hier wieder daran, die diesbezüglich hochheiligen Seventies wiederzubeleben, wobei es nicht nur einmal Déja-vus in Richtung Deep Purple oder Birth Control gibt, was der omnipräsenten Orgel…
(45:09, Download, Eigenproduktion, 2017) „Was machen wir denn jetzt? Ja, egal, fang einfach an!“ So hat es sich zugetragen. 2011, zu Gründungszeiten der Band. Und das Trio fing an. Und wie. Nach der ersten EP, mit der Hypertonus ihren Claim absteckten, sollte es vier Jahre dauern, bis die Bremer mit „Tidal Wave“ ihr Debütalbum auf den Tresen nagelten. Die Entwicklung ist der Band, die in der im rockmusikalischen Sinn fast schon klassisch zu nennenden Besetzung Gitarre, Bass, Schlagzeug (no vocals!) aufspielt, auf jeden Fall anzuhören. Hypertonus liebäugeln mit Psychedelic Rock, obwohl das sicher ein wenig zu tief gestapelt ist, denn „Tidal Wave“ ist so viel…
(50:35, CD, Freia/FMLS/Dutch Music Works, 2017) Mit ihrem dritten Album legt die bereits zur regelrechten ProgRock-Institution gewachsene niederländische Band Semistereo nochmals kräftig zu. Ihr Support für Acts wie Marillion, Living Colour und die Red Hot Chili Peppers hat schon einiges bewirkt und sich sicher auch positiv auf das Selbstbewusstseins des Fünfers um Sänger Paul Glandorf niedergeschlagen. Souverän und sehr beindruckend kommt die Band mit sieben neuen Tracks daher, die fast alle Facetten des an Facetten so reichen Progressive Rock abdecken. Was bedeutet, dass sie auch vor Klischee-lastigem Neoprog nicht zurückschreckt, wie bei ‚Your Drama‘. Mit dem Opener ‚A New Tomorrow‘ macht sich die Band von Anfang an…
(41:42, CD, Eigenverlag/Rough Trade, 2017) Schon auf ihrem Debüt waren die Belgier nicht unbedingt darauf aus, in reduzierter Askese zu verharren – es kam mit ganzen vier Tracks auf 40 Minuten Spielzeit. Dieses Konzept haben sie für den nüchtern mit „II“ betitelten Nachfolger in logischer Konsequenz ausgebaut – das eigentlich schwierige zweite Album enthält mit den Akten V bis VII gerade einmal drei musikalische Stillleben. Mit zwei Zehn- und einem Zwanzigminüter greifen Briqueville ganz tief in die Truhe epischer Ausuferungen. Ständige Wiederholungen rufen eine transzendente Sogwirkung hervor, die den Hörer geradewegs ins Dungeon des Vergessens entführen. Und dort warten Briqueville schon, mit schwarzen…
(65:33, CD, Kick The Flame/Radar, 2016) „The Colors Among Us“ schillert in sämtlichen Spektralfarben. Der klangliche Regenbogen ist vor allem dem Abwechslungsreichtum und der Spielfreude geschuldet, mit denen Phyria auch auf ihrem zweiten Album mächtig punkten. Dabei ist alles an diesem Werk ausufernd – die Arrangements, die Kompositionen und die Tracks an sich. Schon mit dem Opener ‚Chasing Melody‘ wuchtet sich der Vierer aus Duisburg in Regionen, die bisher nur von Institutionen wie Circa Survive oder Coheed And Cambria bewandert wurden. Hier paaren sich hochmelodische Himmelfahrten mit gelegentliche Härteausbrüchen und einer Kunstfertigkeit, die das Album lässig in Richtung Progressive Rock schlenzen…
(57:03, Download, Eigenveröffentlichung, 2017) „آكتئاب“ spricht sich „ektiheb“ und bedeutet so viel wie Melancholie oder Depression. Soweit zum theoretischen Teil. Obwohl: Melancholie und Depression – ja, das könnte für ein Album wie dieses passen, weil sich die Band um den Multi-Instrumentalisten Louis Lambert und Schlagzeuger Marc Le Saux hier tief in den Abgründen des hin und wieder Industrial- und Metal-infizierten Postrocks wiederfindet. Acht Tracks trägt das Longplay-Debüt, der Nachfolger der EP „Chien Noir“ (Black Dog), die mit reichhaltigen 34 Minuten eigentlich auch schon fast Albumformat besaß. Acht Tracks, die schon einmal auf elf Minuten ausgewalzt werden (‚Arzel‘, ‚Almée‘), was dem Sound nur dienlich…
(44:37, Download, Fluttery, 2016) Postrock-Bands beziehungsweise deren Mitglieder müssen schon über einen erweiterten Horizont verfügen. Wie sonst käme man auf Hochtrabendes wie God Is An Astronaut, Collapse Under The Empire, This Will Destroy You, Godspeed You! Black Emperor, Explosions In The Sky, Tides From Nebula, oder And So I WatchYou From Afar?! Und nun: Glasgow Coma Scale. Ein Name, der zum Recherchieren animiert. Und das hat dann schon etwas mit Bewusstseinsstörungen zu tun. Womit wir genau beim Thema wären, da die Musik der Brüder Marek und Piotr Kowalski ebenfalls viel mit Bewusstsein zu tun hat. Aber eben nicht so sehr mit dessen…
(44:41, Download, Nooirax, 2017) Auf ihrem ersten Album ziehen die spanischen Progressive-Metaller mächtig vom Leder. Klasse statt Masse ist dabei die Devise, weshalb sie sich auf vier Tracks beschränkten. Der geneigte Hörer braucht sicher keinen siebten Sinn, um zu ahnen, dass diese nicht nur in ihrem Gewicht sondern vor allem hinsichtlich ihrer Länge ziemlich ausarten. Mit ‚North‘, ‚East‘, ‚West‘ und ‚South‘ haken Firmam3nt die Haupthimmelsrichtungen ab, wobei die Gewichtung von achteinhalb bis dreizehneinhalb Minuten unterschiedlich ausfällt. Beeindruckend an diesem Debüt ist, dass die Band die Songs komplett live im Studio einspielte. Womit dann auch alles wie aus einem Guss wirkt, obwohl man nicht den Eindruck hat, dass es irgendwann in zeitintensive…
(41:13, Download, Denovali/Cargo Records, 2016) Die musikalische Entwicklung von Marc Euvrie alias The Eye Of Time lässt sich von Album zu Album nachvollziehen. Nach der harschen Industrial-Werkschau, die er mit seinem gleichnamigen Debüt gleich einmal als Doppelalbum veröffentlicht hat, überraschte der Musiker später mit dem versöhnlichen Klavieralbum „Acoustic“, um uns mit seinem letzten Opus „ANTI“ dann gänzlich neue Klangwelten zu präsentieren. Diesen wird mit „Myth I: The Last Dance For The Things We Love“, dem ersten eines auf drei Teile angesetzten Konzeptwerks, wieder eine neue Qualität hinzugefügt. In Minimal Music eingebetteter Wohlklang trifft hierbei auf schroffe Noises (‚God Is Your…
(40:07, Download, Denovali/Cargo Records, 2017) Das Moskauer Trio baut sich seinen eigenen Turm – den „Turmalinturm“, der mit dem vor zwei Jahren veröffentlichten Debütalbum als Fundament eine stabile Basis besitzt. Das Fogh Depot erschafft sich sein gänzlich eigenes Paralleluniversum, das hier aus acht in den unterschiedlichsten Farben erstrahlenden und in diversen Frequenzen pulsierenden Fixsternen besteht. Grob gessetzte Bassläufe verknoten sich mit elektronischen Ausuferungen und fein ziselierten Klavierfiguren mal zu klar gezeichneten Stillleben, mal zu überbordenden Großtaten in Dark Jazz (‚Who The Last Says No‘). Aber nicht überall, wo nachdenklich und düster musiziert wird, bleibt es dabei. Im wunderbar harmonischen ‚Alice, Bob and…
(58:09, Download, Ritual Productions, 2016) Nebulöse Doom-Attacken mit Wumms! Auf ihrem dritten Longplayer machen die Briten ernst und präsentieren uns ihr Opus Magnum. Es funktioniert gleichsam als Blaupause des Doom’n Sludge-Metal beziehungsweise -Rock, weil es sämtliche Klischees bedient. Das zeugt zwar nicht immer von Kreativität, funktioniert aber derart gut, dass man sich dem Sog dieses Malstroms eben nicht entziehen kann. Die 11Paranoias sind keine Freunde vieler Worte und großer Gesten. Hier, auf „Reliquary For A Dreamed Of World“, hält die Band sich nicht mit langem Vorgeplänkel auf und drischt dem Hörer eine Faust aus der Alptraumwelt voll auf die Zwölf. Und nach der…
(40:44, CD, Rare Noise, 2017) Motorpsychos Bent Sæther und Kenneth Kapstad toben sich bekanntlich in ihrem Sideproject Spidergawd so richtig und vor allem auch effektiv aus. Nun findet sich auch für den verbliebenen Dritten im Bunde, Hans Magnus Ryan („Snah“) nach seiner vor kurzem erschienenen Kollaboration mit BOL eine weitere geeignete Spielwiese abseits seines Hauptprojekts. Eine Spielwiese, die mit Motorpsycho in etwa so viel gemein hat, wie Apfelkuchen mit Doppelwhopper. Weil Reflections In Cosmo ausartend und kompromisslos in den Refugien des Free Jazz wütet. Zusammen mit seinem alten Buddy Ståle Storløkken an den Keyboards, der bekanntlich hin und wieder bei…
(42:01, Download, Eigenveröffentlichung, 2016) Es gibt einige Bands, die nehmen es dankbar hin, dass die jahrelange Abstinenz der Institution von Tool schon irgendwie eine Lücke hinterlässt. Vor kurzem waren da Delvoid, die zwar ein wenig balladesker gerieten als ihre unüberhörbaren Vorbilder, trotzdem aber Spuren hinterließen. Und nun kommen die New Yorker Signals Of Bedlam mit ihrem zweiten Album, das einmal mehr die Heavier Side of the Moon reflektiert. Natürlich ist es auch im Fall dieser Frickelrocker ein Leichtes, hier und da gewisse Parallelen erkennen zu wollen. Letztendlich sucht der geneigte Hörer den Weg des geringsten Widerstands und somit einen Lichtblick des…
(41:59, CD, Eigenveröffentlichung, 2016) Mit „The Diary Of The Missed One“ empfahl sich Igor Sydorenko mit dem wohl ersten Postrock-Album der ukrainischen Musikgeschichte. Damals, 2008, noch als solistischen Unterfangen gestartet, holte sich der Musiker alsbald Verstärkung, womit sich Krobak dann als Band outete. Die machte sich schon bald daran, in der Konstellation Gitarre, Violine, Bass und Drums 2013 das zweite Album „Little Victories“ einzuspielen. Hier feierte Sydorenko, der nebenbei bei Stoned Jesus mitmacht, einmal mehr seine Vorliebe für musikalische Sympathieträger wie Godspeed You! Black Emperor, Mono oder Mogwai. Auf „Nightbound“ nun befindet sich die Band auf ihrem bisherigen Zenit. Auf…
(44:51, CD, Moment of Collapse/Broken Silence, 2016) Vier Worte, vier Songs. „Dark“, „Towers“, „Bright“, „Lights“. Simpel, kurz und bündig. Es ist schon auffällig, dass die Omega Massif-Nachfolgebands im Gegensatz zu ihrem meist instrumental wütenden Vorgänger mit Vocals aufwarten. Auf der einen Seite gründeten Gitarrist Andreas Schmittful und Schlagzeuger Christof Rath die brachiale PostMetal-Institution und während sich Bassist Boris Bilic bei Blacksmoker verdingte ging der übrig gebliebene Gitarrist Michael Melchers den Weg des geringsten Widerstands und hob zusammen mit Bassist und Sänger Julian Weidhaus, Schlagzeuger Cornelius Merlin sowie Sänger/Gitarrist Sebastian Kröckel Cranial aus der Taufe. https://youtu.be/YFAB9DKpuIc Wie Phönix aus der Asche…
(64:04, CD, Denovali/Cargo, 2016) Der Eine hat es vor allem mit Landschaften und Ortschaften in Mecklenburg-Vorpommern („Oie Kirr“, „Anklam“, „Goor“) bzw. Nordrhein-Westfalen („Rote Fuhr“, „Saarn“), die Anderen mit philosophischen Betrachtungen der eigenen Umwelt („Engtanz Depression“, „Messias Maschine“, „Wunden gibt es immer wieder“). Der Eine: der Dortmunder Droner Hellmut Neidhardt alias N (1511). Die Anderen : die Osnabrücker Elektronik-Krauter Sankt Otten. Nun gingen beide Institutionen, sowieso auch Denovali-Labelmates, eine Kollaboration ein, bei der man sich gegenseitig zu Höchstleistung antrieb und sich somit gegenseitig inspirierte. https://youtu.be/Lu4DDtPZc-o So basiert „Männerfreundschaften und Metaphysik“ vor allem aus frei improvisierten Studiosessions, die zum modifizierten Crossover aus dunklen…
(73:14, CD, Pelagic/Cargo, 2016) Rock aus dem Reich der Mitte ist ja nicht unbedingt eine alltägliche Sache. Die Zeiten der jahrzehntelangen Abschottung haben ihre Spuren hinterlassen. Auch hinsichtlich der popkulturellen Entwicklung. Langsam aber sicher öffnet sich China auch in dieser Hinsicht und gibt so manche Schätze preis, die bisher im Verborgenen geblieben sind. So auch eine Band wie Wang Wen, die in ihrer immerhin schon 17-jährigen Existenz bisher ganze acht Platten veröffentlichte. Mit Album Nummer neun schickt sich die Band aus der Millionen-Metropole Dalian an, endgültig aus dem beengten China hervorzubrechen. Zwei Jahre nach dem Meisterwerk „Eight Horses“ kommen Wang Wen nun…