(41:37, CD, Vinyl, Digital, Erased Tapes/Indigo, 2020) Ein wenig erstaunt war man schon, als Ende August, quasi aus dem Nichts, ein neues, rein digitales Album von Peter Broderick erschien. Eben weil es ohne Vorankündigung kam. Eigentlich ist ja der Multi-Instrumentalist, den Musikgourmets noch als Live-Mitglied von Efterklang kennen, nicht unbedingt um Solo-Alben verlegen. Ganze zwanzig davon in den letzten drei Jahren sprechen eine deutliche Sprache über den enormen Output des US-amerikanischen Musikers. Nur ist „Blackberry“ aber etwas Besonderes. Ist Broderick sonst in eher elektronisch eingefärbten Soundlandschaften sowie als Remixer unterwegs, präsentiert er sich hier wieder als Sänger - und das…
Autor: Carsten Agthe
(57:26, CD, LP, digital, Gondwana Records, 2020) „Salute To The Sun“ wirkt wie dem Regenwald entsprungen, über dem gerade ein erfrischender Regen niedergegangen ist. Die Tropfen perlen noch von den Blättern und die Kraft der Sonne macht sich einmal mehr bemerkbar – ‚salute‘. Das sechste Album des Gondwana-Labelgründers und Trompeters Matthew Halsall ist vielleicht sein positivstes, vielfältigstes und wohl auch schönstes. Auf den sechs ellenlangen Tracks (plus dem Interims-Tune ‚Mindfullness Meditations‘) verarbeitet der Musiker seine Erlebnisse aus den Tropen, brachte diese mit zu sich ins heimische Studio in Manchester. Hier entstand nach und nach ein Album, das in seinen positive…
(49:32, CD, Vinyl, Digital, Ripple Music, 2020) Zumindest annähernd lässt sich schnell erahnen, wohin hier die Reise geht. Die Band aus Yorkshire startet mit ihrem zweiten Album (das erste hörte auf dem ebenso prägnanten Titel „Mojo Rising“) die Triebwerke und nimmt uns mit auf einen Kurztrip in Richtung Venus, wobei einige Kurskorrekturen während der Reise wohl volle Absicht sind. ‚Blast Off‘, ‚10.000 Volts‘, ‚Blow‘ - schon die ersten Abschnitte auf dem Weg ins wissentlich Ungewisse halten, was sie versprechen. Obwohl Psychlona die Stoner-Elemente zugunsten sphärisch flirrenden Spacerocks zurückgefahren haben, geben sie doch gewaltig Gas und schalten auch schon mal auf…
(67:08, CD, Vinyl, Download, Dissonance Productions/Abstract Distribution, 2020) Ascension Of The Watchers erschaffen ihre eigenen Apokryphen. Zehn Jahre Produktionszeit brauchte dieses Album, um zu reifen und zu gedeihen. Nebenbei ging die Crowdfunding-Plattform PledgeMusic Pleite, was die Produktion um zwei weitere Jahre verzögerte. Jetzt, zwölf Jahre nach dem letzten Album „Numinosum“, welches auf Al ‚Ministry‘ Jourgensens Label 13th Planet erschien und unter der Ägide von Paul Raven (Killing Joke - R.I.P.) stand, erscheint „Apocrypha“ nun doch. Hier wuchtet sich das Dreimann-Ensemble um Bandleader Burton C. Bell (ex-Fear Factory) durch über eine Stunde Dark’n Gothic Rock der melodiösen Art, wobei Bell keine…
(28:12, CD, Vinyl, Digital, Atypeek Music/Division Records , 2020) Black Metal für die Kundschaft, die es kühl bis eisig braucht. Der schwedisch/französische Dreier kommt mit seinem ersten Album seit drei Jahren, dem vierten insgesamt (sollte man bei „IIII“ auch annehmen) und bestätigt schon einmal in erster Instanz und erneut, dass Black Metal grottig und muffig produziert sein MUSS. Alles klingt dumpf, sogar die Screams und Growls von Sangeskünstler S.A., was das Hören schon (vermutlich gewollt) zur Tortur macht. Aber warum einfach, wenn es auch extrem geht?! Nun hat das Trio auch einen dezenten Hang zu industrialisiertem Noise, der in den…
(37:15, CD, Digital, Neurot Recordings, 2020) Der Harvestman macht sich auf die Suche. Nur leichtes Gepäck. Und so ist sein neues und fünftes Solo-Album (die Harvestman-Sachen nicht mitgerechnet) sein persönlichstes, melancholischstes und vielleicht auch schmerzvollstes geworden ist. Gitarren sucht man vergeblich. So vergeblich, wie man vielleicht in einem Geflecht aus Monokulturen, versiegelten Flächen und Metastasen-haften Städtebau noch ein klein wenig Wildnis sucht. Der Mensch steuert ob planloser Technisierung, verbunden mit gnadenloser Umweltzerstörung und Raubbau, auf seinen eigenen Untergang zu. Und Steve Von Till liefert hierzu den Soundtrack. Mittels dezenter Pianotupfer, Mellotron, Cello und French Horn werden, entsprechend der thematischen Ausrichtung,…
(54:12, CD, 2LP, Digital, Ván Records/Soulfood, 2020) Mit den Längen ihrer Tracks haben die Münchener Postmetaller schon mal einen Hingucker zu verzeichnen, bewegen sich diese doch allesamt in sieben- bis zwölfminütigen Bereichen, womit man mit sechs Titeln dann auch ein komplettes Album fast bis zum Eichstrich kurzweiliger Unterhaltung voll bekommt. TAV haben sich für ihr Debütalbum hörbar Zeit genommen. Dabei klingt die Band nach Metal, ohne sich konkret auf Metal festzulegen. Und klingt nach Doom, ohne sich diesem allzu sehr anzubiedern. Zeitlupenhaft ergießen sich die sich in atmosphärischen Tiefen manifestierenden Riffgewalten aus tiefschwarzen Quellen und sowieso scheint alles auf „I“…
(67:55, CD, Digital, BSC Music, 2020) Deep Imagination goes Gothic? Jein! Zwar klingen das Anfangsstück ‚In My Memory‘ (welches es als Abschluss auch als viertelstündige ‚extended version‘ gibt, soviel Zeit muss sein) oder das semi-düstere ‚Coming From The Cold‘ schon ein wenig nach Depeche Mode meets Sol Invictus, man sollte aber nicht zu viel Zeit in das Hochtoupieren der Haare legen, da Deep Imagination flächendeckend, das heißt albumfüllend, ihrem Namen wieder alle Ehre machen. Auch für sein fünftes Album umgab sich Thorsten Sudler-Mainz (Art Of Infinity) mit zahlreichen Gastmusiker*innen und zelebriert seine Musik derart intensiv, dass sich die hier innewohnende…
(33:45, CD, Digital, Erased Tapes/Indigo, 2020) Musik, die dieses Mal nur bedingt aus dem Computer stammt. Für „Articulation“ artikulierte Ryan Lee West alias Rival Consoles seine Sounds über Skizzen und Zeichnungen, die er im Vorfeld anfertigte, um so ein größeres Verständnis für die so erschaffenen Klangskulpturen zu erlangen. Mit sich überlagernden Wellen, Amplituden und Zick-Zack-Bändern ergeben sich so unterschiedliche Taktarten und komplexe Melodiestrukturen, welche sich aber im Verbund zu einem Großen und Ganzen aufaddieren, was auch für Rival Consoles selbst zu einer gänzlich neuen Erfahrung der Soundfindung erwächst. Von nervösen, aber nie nervenden Breakbeats im Opener ‚Vibrations On A String‘…
(34:06, CD, Vinyl, Digital, Meus Records/Plastic Head, 2020) Vom nebelverhangenen Norwegen ins sonnige Miami, vom Black Metal zum Neon-Chick der Eighties, von Dead und Necrobutcher hin zu Sonny und Tubbs. Nur der Tod als Thema bleibt. Mayhem-Gitarrist Morten Bergeton Iversen alias Teloch outet sich hier als großer Fan der Eighties und dem Sound des C64. Und liefert mit „Miami Murder“ dann gleich ein Album ab, das nicht nur thematisch sondern auch klanglich auf dieses Jahrzehnt abgestimmt ist. Jan Hammers Soundtrack im Hinterkopf, liefert Bergeton dann seine eigenen Filmmusiken zu fiktiven Movies ab, welche dann bezeichnende Titel wie ‚Arabian Nights‘, ‚Depeche…
(44:19, CD, Cassette, Digital, Eigenvertrieb, 2020) Da beweisen Blackgazer einen grünen Daumen und verwandeln ihre ehedem düstere Wirkungsstätte in ein halbwegs lichtes Gewächshaus. Die Sankt-Petersburger, die mit ihrem Sound hörbar den gewaltigen Klang ihres Bandnamens relativieren möchte, präsentieren auf ihrem neuen Release mit 'Sunflower' gleich einmal einen Blumengruß von einem Ort, an dem kein Licht jemals vorgedrungen ist. Womit bezüglich Sound und Habitus alles beim Alten geblieben ist. Und das ist gut so! Artem Selyugin leidet sich durch einen harschen Sound aus Blackgaze, Postmetal und Postrock, der ein stetes Auf und Ab an Emotionen offenlegt. Weil schon 'Marsh' mit dem…
(54:27, CD, Digital, RecordJet, 2020) Es klingt schon wenig nach einem anspruchsvollen Konzept, ein Album mit einem ‚Intro‘ zu beginnen und mit einem ‚Outro‘ ausklingen zu lassen. Ob sich jetzt Syntonic für ebenso wichtig halten, konnte an dieser Stelle nicht geklärt werden. Fakt ist jedoch, dass "[mo-zey-ik]" das erste Album nach einer recht langen Zeit ist - 2003 erschien mit dem "Demo 2003" eben dieses, drei Jahre später "Umbrella – The Single", ehe erst 2012 das Debüt-Album "New Old Film" auf dem Plan stand, gefolgt von noch der EP "Live from 105" 2015. Entweder sind Syntonic aus NRW also nicht…
(40:38, Vinyl, Digital, Atypeek Music, 2020) Da das Projekt von Dead Hippies Arnaud Fournier und Ex-Dead Hollywood Star(s) Hervé Thomas schon seit 1993 Bestand hat und bis heute besteht, kann man eine Sammlung von unveröffentlichtem Material, das in diesem Zeitraum entstand, ohne falsche Bescheidenheit als "Rarities Of Two Centuries" bezeichnen. Und da Hint ihre persönlichen Kontakte, mit welchen man die Bühne teilte, pflegte und diese hin und wieder zu sich ins Studio holte, geraten die Eloberate von diesem dann auch zu einem kaum zu kontrollierendem Crossover. Denn die Gäste entfalteten einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Musik des Duos hatten…
(59:49, CD, Vinyl, Digital, Dur Et Doux/Broken Silence, 2020) Das Überraschungsmoment hat das Oktett aus Lyon sicherlich auf seiner Seite, da bei Le Grand Sbam EXPERIMENT groß, ganz GROSS geschrieben wird (vgl. dazu auch unsere exklusive Streaming-Premiere zu "Furvent"). Das mit den Überraschungen hat auch schon das um schräge Extravaganzen nie verlegene Würzburger Freakshow-Festival erlebt. Nämlich dass es zwar normalerweise immer noch eine Steigerung gibt. Aber nach diesen Franzosen eigentlich doch nicht mehr. Mit gleich fünf Sänger*innen liegt das Hauptaugenmerk bei Le Grand Sbam und deren zweiten Album „Furvent“ auf stimmlichen Eskapaden, die dann auch alles entäußern, was es…
(40:23, CD, Vinyl, Digital, FSOL Digital, 2020) Was für eine Konstellation! Die hauptamtlichen Bubblebath-Schwurbler vom The Future Sound Of London-Sidekick The Amorphous Androgynous, holten sich für ihre neue psychoaktive Heldentat in Mr. Van der Graaf Generator Peter Hammill wahrhaft namhaften Beistand in ihr Spaceship. Aber nicht nur das, treffen sich doch außerdem mit Paul Weller sowie Spencer Davis Group/Ian Gillan Band-Gitarrist Ray Fenwick und Caravan/Soft Machine-Saxophonist Brian Hopper schon Hochkaräter zum ausgelassenen Stelldichein. Außerdem sorgen der 50-köpfige Chesterfield Philharmonic Choir und ein Streichorchester für den erforderlichen Bombast. Und wer bisherige The Amorphous Androgynous-Großtaten wie „The Issness“ oder „Alice In Ultraland“…
(401:57, 6 CD, Vinyl, Digital, Fruits de Mer Records/Just For Kicks, 2020) Unser Freund Swordfish will es nun wissen und veröffentlicht mit „The Darkest Voyage“ knapp sieben Stunden neues Material, das zusammen mit Freunden, Bekannten und musikalischen Weggefährten, die sich so über die letzten dreißig Jahre angesammelt haben, und über die letzten Monate einspielt wurde. Dabei war der Traumdeuter mit seinem Projekt, das sich 1990 aus der Magic Mushroom Band heraus bildete, schon in diversen stilistischen Schubladen unterwegs, schwurbelte anfangs in psychedelischen Trance, später in Goa und Drum’n Bass, nur um spätestens mit dem 2014er Album „Wind On Water“ endgültig…
(45:20, CD, Vinyl, Digital, Atypeek Music / Araki Records, 2020) Da wird das Herz der Sonic Youth schon ein wenig höher schlagen. Denn A Shape aus dem Großraum Paris / Toulouse macht ebenfalls auf sympathisch lärmenden Noiserock und hat in Sasha Andres obendrein eine Sängerin, welche als Sirene die sowieso schon blank liegenden Nervenenden schmirgelnd strapaziert. Besagte Sasha malträtiert sich ebenfalls durch die ähnlich gelagerten Heliogabale (derweil deren Gitarrist Philippe Thiphaine hier beim Ohrenbluter 'Echoes' mitlärmen darf). "Iron Pourpre" gerät so dezent zum Hören mit Schmerzen, aber das wollten wir ja so. So beglückt uns die singende Grazie…
(56:20, CD, Digital, Eigenvertrieb, 2020) Warum kommen einem beim Hören von „Lush Desolation“ Bilder in den Sinn, die dem Film "The Hunter" mit Willem Dafoe entsprungen zu sein scheinen? Vielleicht deshalb, weil die Platte in eben jener auch dort gezeigten Landschaft in der Wildnis Tasmaniens entstand. Über vier Jahre ließen sich Sens Dep (stands for: Sensory Deprivation) Zeit für ihr Debüt. Zeit, die man „Lush Desolation“ in seiner entschleunigten Zeitlosigkeit dann auch anhört. Neuseeland ist ja nicht allzuweit entfernt, weshalb die Verbindung zu Graeme Revell und seinen SPK gegeben ist, jedenfalls in erster Instanz. New Dawn by Sens Dep Aber…
(64:54, CD, Vinyl, Dowload, Season Of Mist/Soulfood, 2020) Was mit einer hervorragenden Idee begann, nämlich mit einer eigens für einen besonderen Anlass, dem fünften Todestag von The Devil’s Blood Frontmann Selim Lemouchi, gegründeten Band zum 2019er Roadburn Festival zu spielen, entwickelte nach und nach ein Eigenleben, aus welchem sich die beteiligten Musiker nicht mehr so ohne weiteres ausklinken konnten. Benannt nach dem letzten Track auf Lemouchis erstem und einzigen Soloalbum „Earth Air Spirit Water“ geriet Molasses auch hinsichtlich der beteiligten Protagonist*innen zur Supergroup. Neben Lemouchis Schwester Farida, die auch schon auf The Devil’s Blood zum festen Stamm der Band gehörte,…
(34:35, Vinyl, CD, Download, Medication Time Records, 2020) Post Metal für den aufgeweckten Headbanger. Mit der Kraft gleich zweier Drums (!), dreier Gitarren (!!!), Bass und Vocals, welche direkt aus den Dungeons bösester Alpträume zu uns hoch schallen, haben Ingrina mächtige Argumente. In direkter Fortsetzung des Debüts „Ether Lys“ versetzen die französischen Atmospheric-Metaller mit ihrem neuen Album Berge, bringen Meere zum Einfrieren und modellieren so Landschaften mit äußerst bizarren Formgebungen, die vor allem durch einen eisigen Charakter geprägt sind. Schon auf ‚Jailers‘ - dem zehnminütigen Opener und auch gleich längsten Track dieses Machwerks - nutzen Ingrina alle zur Verfügung stehenden…