The Return Of Michael Stephen Portnoy
Gleich der Opener ließ keinen langjährigen Anhänger der US-Amerikaner kalt, denn wie einst auf ihrem ersten Konzertmitschnitt “Live At The Marquee “, eröffneten Dream Theater ihr Set mit dem Fanliebling ‘Metropolis Pt. 1: The Miracle And The Sleeper’, an das sich nahtlos die ersten beiden Szenen von “Metropolis, Pt. 2: Scenes From A Memory” anschlossen: ‘Act I: Scene Two: I. Overture 1928’ ‘Act I: Scene Two: II. Strange Déjà Vu’. Ein Einstand nach Maß!
Please welcome my brother from another mother: Mr. Mike Portnoy!
Dass Mike Portnoy in die Band zurückgekehrt war, wurde gleich im Anschluss überdeutlich. Nicht nur, dass er bei ‘The Mirror’ wie ein kleiner Wirbelwind agierte, das Stück selbst, das Teil der “Twelve-Step Suite” ist und fester Bestandteil der Auftritte von Mike Portnoy’s Shattered Fortress war, hätte es ohne Portnoys Rückkehr wohl nicht zurück in die Setlist Dream Theaters geschafft. ‘The Mirror’ ließ allen Beteiligten genügend Platz zum Glänzen: LaBrie, der in den tiefen Gesangspassagen, die ihm mittlerweile viel besser stehen als die hohen Töne, richtig schön giftig klang, John Myung, der mit seinem Bass das Mark erschüttern ließ, Jordan Rudess, der ausgiebig mit seiner Keytar posierte, und John Petrucci, der einfach mal so das Gitarren-Solo aus ‘Lie’ ins Stück einbaute.
‘Panic Attack’ erfreute die Gemüter schon alleine wegen seines legendären Bass-Intros, begeisterte aber vor allem mit der Instrumentalpassage, in der sich Petrucci und Rudess eine regelrechten Soli-Battle lieferten.
Das anschließende ‘Barstool Warrior’ war dann das erste und einzige Stück aus der fünf Alben umfassenden Mangini-Phase. Eine interessante Wahl, da das Schlagzeugspiel Manginis gerade auf diesem “Distance Over Time”-Stück doch sehr prägend ist. So wurden hier die stilistischen Unterschiede zwischen den beiden Drummern besonders deutlich. Denn wo Mangini vor allem technisch spektakulär auftrat, brachte Portnoy ein gehöriges Mehr an Gefühl in sein Spiel ein.
Romantisch weiter ging es mit der vom oft belächelten “Falling Into Infinity”-Album stammenden Ballade ‘Hollow Years’, die laut bejubelt wurde – wohl auch deswegen, da sie seit 2010 nicht mehr im Live-Programm von Dream Theater zu finden gewesen war. Vor allem John Petrucci durfte hier an seiner Gitarre glänzen, und was er spielte, das drückte bei so einigen im Publikum auf die Tränendrüsen. Wie gut, dass James LaBries Stimme bei diesem Stück hielt…
Wem das alles zu schnulzig war, der wurde mit dem leicht thrashigen ‘Constant Motion’ entschädigt und bekam mit ‘As I Am’ direkt noch ein weiteres Brett nachgeliefert, bevor es in die Pause ging.
Der zweite Teil des Abends wurde mit einer eingespielten Ouvertüre eröffnet, die Snippets von Stücken sämtlicher Dream-Theater-Alben enthielt und damit das perfekte Intro für das gerade erst als Single erschienene ‘Night Terror’ vom anstehenden “Parasomnia” war. Hier konnten Dream Theater eindrücklich zur Schau stellen, dass sie es noch immer draufhaben, die Fans mit neuen Stücken zu begeistern.
Es folgten der “Images And Words”-Klassiker ‘Under A Glass Moon’ und die wundervolle Ballade ‘This Is The Life’ von “A Dramatic Turn Of Events”, dem bisher letzten Album mit Portnoy-Beteiligung. Zudem kündigte LaBrie an dieser Stelle nicht nur das neue Album an, sondern auch eine kleine Festival-Tour im Sommer 2025, bei der die Band auch in Deutschland Halt machen wird.
Hierauf kam der ruhigste Moment des Konzerts, als die Band das zarte ‘Vacant’ anstimmte, das natürlich nur der Auftakt für das nun unumgängliche ‘Stream Of Consciousness’ war. Ein Instrumentalstück, in dem die Band ihre Vorliebe für klassische und psychedelische Sounds auslebte und das sich zwischenzeitlich wie eine Jam-Session anfühlte.
Ein absoluter Kracher und doch nur die leise Brise vor dem Sturm, der mit dem über 20-minütigen ‘Octavarium’ folgen sollte. Für manch einen Fan ging in diesem Moment ein Traum in Erfüllung, denn abgesehen von den Konzerten zur “Octavarium”-Tour in den Jahren 2005 und 2006 war dieser Longtrack noch nie aufgeführt worden. Wäre diese Live-Performance mein erster Eindruck von Dream Theater gewesen, ich wäre der Band auf Anhieb für immer verfallen gewesen.
Es war das letzte Stück vor den Zugaben, die nach kurzer Pause mit der Filmszene ‘There’s No Place Like Home’ aus “The Wizard Of Oz” eingeleitet wurde. Es war ein Wink mit dem Zaunpfahl für das, was folgen sollte, nämlich die sechste Szene des zweiten Aktes von “Metropolis Part 2”: ‘Home’. Mehr als zehn Minuten an nahöstlichen Klängen, Gefrickel und Gewichse und natürlich immer wieder der wunderbare “Scenes From A Memory”-Chorus, der zum Mitsingen einlud.
‘The Spirit Carries On’ intensivierte diese Stimmung noch einmal, und die Halle verwandelte sich in ein Meer aus Handy-Lichtern und vereinzelten Feuerzeugflammen. Wunderschön!
Und dann kam natürlich, was kommen musste: ‘Pull Me Under’, der bis heute größte Hit der Band und tatsächlich der krönende Abschluss des Abends. Unzufriedene Gesichter waren dabei keine zu sehen, und auch die kritischen Stimmen nach dem Konzert verblieben sehr, sehr leise. Ich selbst jedenfalls ging sehr zufrieden nach Hause. In solch guter Verfassung hatte ich Dream Theater schon seit Jahren nicht mehr erlebt.
Fotos: Prog in Focus
Chauffeur & Technischer Support: Frank Schenkelberg
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Rezensionen:
“Parasomnia” (2025)
“A View From The Top Of The World” (2021)
“Distant Memories – Live In London” (2020)
“Distance Over Time” (2019)
“The Astonishing” (2016)
“Dream Theater” (2013)
“A Dramatic Turn Of Events” (2011)
“Black Clouds And Silver Linings” (2009)
“Systematic Chaos” (2007) (KS)
“Systematic Chaos” (2007) (KR)
“Score” (2006)
“Dark Side Of The Moon” (2005)
“Octavarium” (2005)
“When Dream And Day Reunite” (2004)
“Live At Budokan” (2004)
“Train Of Thought” (2003)
“Live Scenes From New York” (2001)
“Metropolis Pt.2: Scenes From A Memory” (1999)
“Once In A Livetime” (1998)
Liveberichte:
12.01.20, Oberhausen, Turbinenhalle
11.02.17, Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle
10.03.16, Bochum, RuhrCongress
09.02.02, Oberhausen, Arena
Weitere Surftips:
Veranstalter und Venue: Rockhal
4 Kommentare
Nur eine kleine Korrektur zum ansonsten wunderbaren Bericht: This is the life war nicht vom vorerst letzten Album mit Mike Portnoy, sondern vom ersten mit Mike Mancini. Insofern gab es also zwei Songs aus der Mangini-Phase.
Hi Alex.
Vielen Dank für den Hinweis.
Du hast natürlich vollkommen recht.
Bei Bands, die man nicht gut kennt, recherchiert man natürlich alles. Wenn man (denkt, dass man) sich auskennt, dann unterlaufen einem solche Fehler. Ich hatte da wohl irgendetwas falsch abgespeichert…
Kein Thema, dafür hat bei mir die Autokorrektur aus dem Zwischen-Mike einen Mancini gemacht 🙈
Noch ein kleiner Hinweis: The Mirror gehört nicht zur 12-Step Suite. Die hat erst mit The Glass Prison von Six Degrees (2002) begonnen. The Mirror ist von Awake (1994) behandelt aber ein ähnliches Thema.