Björk – Fossora

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Björk - Fossora (One Little Independent, 30.09. 2022)

Credit: Björk & James Merry

(54:08; Earbook, Vinyl (2LP), CD, Tape, Digital; One Little Independent, 30.09. 2022)
Björk Guðmundsdóttir war schon immer vorranging eines, nämlich eine Künstlerin, die sich der Avantgarde verschrieben hat. Doch wo Björks frühe Alben “Debut”, “Post” und ‘Vespertine’ auch allen Ansprüchen der Populärmusik gerecht wurden und die Isländerin mit Hits wie ‘Human Behaviour’, ‘Army Of Me’ und ‘Hidden Place’ schnell zu Weltruhm aufstieg, bewegten sich die jüngeren Langspielplatten immer weiter vom Massengeschmack weg. Der künstlerische Anspruch der ehemaligen The-Sugarcubes-Sängerin bekam einen immer zentraleren Stellenwert. So waren auf Björks füntem Album “Medúlla” beispielsweise nur Stücke enthalten, die fast ausschließlich a capella gehalten waren. Auf “Volta” dann öffnete sich Björk immer weiter für die Weltmusik, was sich in der großen Zahl internationaler Kooperationspartner wiederspiegelte. Während die Kritiker ihre nachfolgenden Alben meist in höchsten Tönen lobten, tauchte die Musik der Reykjavíkerin immer seltener in den Mainstream-Medien auf. Spätestens ab den 10er Jahren unterlagen Björks Alben stets einem übergeordneten künstlerischen Konzept.

Doch obwohl weniger sperrig als Guðmundsdóttirs bisher letztes Werk, das stark an Musiktheater erinnernde 2017er “Utopia”, kann “Fossora” keineswegs als zugänglich beschrieben werden. Denn populärkulturelle Anker sind auf ihrem mittlerweile zehnten Longplayer (bzw. ihrem elften, wenn man “Björk” mitrechnet, was die damals Elfjährige bereits 1977 veröffentlicht hatte) nur noch in Ansätzen vorhanden

Denn auch wenn es zu “Fossora” weiterhin Single-Auskopllungen gibt, so wird spätestens bei den Musik-Video zu ‘Atopos” und ‘Ovule’ deutlich, dass es sich bei “Fossora” um multimediale Performance-Kunst handelt, die mit allen Hörgewohnheiten bricht. Denn Björks noch immer so unvergleichliche Stimme trifft auf “Fossora” in erster Linie auf klassische Holzblasinstrumente in Form von Bassklarinetten sowie bei einzelnen Liedern, mal auf dezent eingestreute, mal alles dominierende Beats aus der Gabber-Musik, wie beispielsweise in der zweiten Hälfte des Titelstücks. Es sind musikalische Welten, die hier aufeinander treffen, doch durch Björks visionären wie genregrenzentrotzendem Ansatz zu einer faszinierenden Einheit verschmolzen werden. Doch gibt es auch immer wieder Stücke, die aus diesem Muster ausbrechen, wie das intime, emotional tiefgreifende ‘Ancestress’, in dem Björk, von Streichern begleitet, den Tod ihrer Mutter besingt.

Elektronisch. Klassisch. Avantgarde. Musik, die keine Grenzen kennt. Vielleicht sollte man für einen ähnlichen musikalischen Ansatz zuküftig nur noch das Adjektiv “björk” benutzen.
Bewertung: 11/15 Punkten (FF 11, KR 11)

Diskografie (Studioalben):
“Björk Guðmundsdóttir” (1977)
“Debut” (1993)
“Post” (1995)
“Homogenic” (1997)
“Vespertine” (2001)
“Medúlla” (2004)
“Volta” (2007)
“Biophilia” (2011)
“Vulnicura” (2015)
“Utopia” (2017)
“Fossora” (2022)

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Über den Autor

1978 in Traben-Trarbach geboren und seit 2014 in Köln ansässig bin ich noch immer ein echter Globetrotter. Ziehe ich gerade einmal nicht trampend und couchsurfend mit meiner Frau Inga durch die Welt, so arbeite ich als Sozialpädagoge in der Inklusionsbegleitung sowie in der Einzelfall- und Familienhilfe. Nebenberuflich bin ich als Stadtführer für Free Walk Cologne tätig. Außerdem nähen Inga und ich hin und wieder noch immer unsere Travelling Monkeys, handgefertigte Stoffaffen. Musikalisch in den 90ern sozialisiert, wuchs ich mit Grunge (Pearl Jam, Nirvana), Prog (Marillion, Dream Theater), Punk (Bad Religion, NoFX), Gothic Metal (Paradise Lost, My Dying Bride) und Crossover (Rage Against the Machine, Faith No More) auf. Für mich sind die letzten zehn Jahre musikalisch so ziemlich die spannensten, die ich bisher erlebt habe, da in dieser Zeit viele jener verschiedenen Stile musikalisch zusammengführt worden sind.

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Björk – Fossora

von flohfish Artikel-Lesezeit: ca. 2 min
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