(53:18, CD, digital, Signal Source Music, 30.01.2023)
Der Name Tim Sund ist auf diesen Seiten schon gefallen, und zwar bei der Vorstellung eines hoch talentierten deutschen Newcomers mit dem Namen Green Desert Tree. Das Debütalbum des Berliner Quintetts erhielt sehr positives Echo. Absolut berechtigt, wenn man sich das Debütalbum “Progressive Worlds” anhört. Nun also ein Album unter dem Namen des Keyboarders, was ist also zu erwarten?
Nach dem ersten Hördurchgang lässt sich festhalten, dass dieses Album mit der Musik der Stammband nicht allzu viel gemein hat. Was aber durchaus nicht für die Besetzung gilt, denn die ist zu 100% Green Desert Tree DNA, denn Sund wird von der Rhythmustruppe der Berliner Progrocker begleitet, d.h. Alex Will am Bass und Jonathan Gradmann am Schlagzeug. Und das nicht nur auf ausgewählten Songs, sondern auf allen acht Kompositionen, die übrigens komplett ohne Gesang auskommen. Man hätte die Formation also auch Tim Sund Trio nennen können. Doch dieses Trio gab es bereits in der Vergangenheit, allerdings in einer anderen Zusammensetzung, also macht ein neuer Name wohl Sinn.
Das schöne Digipack enthält zu jedem Song einige Zusatzinformationen, und so erfährt man, dass einige Titel Tastenkünstlern gewidmet sind, die Sund maßgeblich beeinflusst haben. Wobei dies nicht vollkommen überraschend kommt, wenn man sich die Songtitel anschaut. So startet das Album mit dem Track ‚Emersonia‘, das er dem seiner Meinung nach größten Rock-Keyboarder Keith Emerson gewidmet hat. Wie so viele, hatte er „Pictures at an Exhibition“ in jungen Jahren in der Schule gehört und war hin und weg. Und diese Inspirationsquelle ist natürlich gerade auf diesem recht flotten Song unüberhörbar. Und es zeigt sich auch gleich, dass er von einer starken Rhythmusfraktion begleitet wird. Es folgt ‚Fast Finger Rick‘, wo er ein paar typische Wakeman Läufe folgen lässt. Doch auch der Bass darf auf dieser Nummer mal kurz in den Vordergrund treten.
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Es folgt ‘Lyle Travels’, das Sund kurz nach dem Tod des langjährigen musikalischen Begleiters von Pat Metheny, Lyle Mas, schrieb. Hier weiß vor allem das wunderschöne Klavierspiel zu Beginn zu gefallen. Und so geht es auf hohem Level weiter auf den abwechslungsreich gestalteten folgenden fünf Titeln. In der Mischung aus Symphonic Prog und Jazz stehen logischerweise die Tasteninstrumente im Vordergrund, die aber tatkräftige Unterstützung durch die Rhythmusfraktion erhalten. Insgesamt überwiegt der Jazz Anteil, den Sund in dieser Formation auch besser ausleben kann als bei Green Desert Tree. Alle Titel enthalten Soloparts, deren zugrunde liegendes Equipment pro Song genannt sind, als da wären Moog One, Moog Sub37, Nonlinear Labs C15, Korg Kronos Piano, Korg Kronos Mark V.
Als Anspieltipp eignet sich auch der Titelsong sehr gut, denn diese Zehn-Minuten Nummer erweist sich als ausgesprochen abwechslungsreich und zeigt sehr gut, was den Hörer hier erwartet. Gewidmet ist dieser Titel übrigens den jungen Aktivisten der “Fridays for Future”-Bewegung – passend zum Songtitel.
Nicht unbedingt das, was man zunächst von einem Soloalbum des Green Desert Tree Keyboarders erwartet hätte – stattdessen mit dem starken Jazz-Einschlag eine weitere Facette und Beleg für die Kompetenz der Musiker. Wer aber, wie der Schreiberling, nicht über die Schiene Green Desert Tree auf dieses Album gekommen ist, sondern die früheren Werke bereits kannte, ist natürlich über die starke Jazz Komponente kaum überrascht, denn dies pflegte der Protagonist schon in der Vergangenheit.
Bewertung: 11/15 Punkten
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Abbildungen: Tim Sund Electrified