(33:54, CD, Digital; Wells Music = Eigenveröffentlichung/Import: Just for Kicks, 10.10.2024)
Wenn Bands ums Verrecken nichts mehr einfällt, dann veröffentlichen sie erstens ein luschiges Live-Album. Zwotens lassen sie einen Album-Klassiker von Steven Wilson remastern. Drittens legen sie akustische und/oder mit Orchesterbegleitung aufgepeppte Versionen ihrer Songs ins Schaufenster – zumindest seit Aufkommen des MTV Unplugged-Formats ist das beinahe standard procedure.
Teramaze hingegen … legen seit Jahren schon fast beängstigende Kreativität und Produktivität an den Tag: 1. Besagtes Live-Album haben sie schon gebracht, aber es ist alles andere als lasch (mehr dazu demnächst in diesem Kino). 2. Der Sound nahezu aller Alben bedarf keinerlei Schönheitskuren, am allerwenigsten jener der Perle “Sorella Minore”. 3. Nun die Lagerfeuer-Versionen der Fan Favs – das muss jetzt doch Ausgebranntsein und Verlust der Inspiration signalisieren?
Wohl kaum. Melbourne’s Finest haben dieses Jahr mit dem wunderbaren “Eli“-Opus bereits das Gegenteil bewiesen. Und fürs kommende Jahr ist bereits ihr nächstes und dem Vernehmen nach heftigstes Album ever angekündigt, von dem bereits die Tracks ‘Bullet To A Pharaoh’ und ‘Sinister’ vorab veröffentlicht sind.
Doch nun also erstmal zu den “teracoustics”: Da gibt es ja die “ressourcenschonende” Herangehensweise, im Wesentlichen nur anders zu instrumentieren. Oder es gibt das harte Brett: Alles neu arrangieren, ja eigentlich umschreiben. Man hätte es sich fast denken können – Teramaze sind Hartbrettbohrer. Tatsächlich dauert es gelegentlich ein paar Sekunden, sogar ausgesprochene Lieblingslieder wiederzuerkennen, im hier gebotenen verlangsamten, sanften, reduzierten Gewand. Zum Beispiel ‘Esoteric Symbolism’ mit seinem fast kathedralen Klang und wunderbarem mehrstimmigen Gesang.
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‘Sleeping Man’ fast nur von Deans Gesangsstimme und sparsamer “Folk”-Gitarre getragen (naja, ganz ohne ein – allerdings cleanes – Gitarrensolo geht es dann doch nicht) gibt Gelegenheit, sich mal nur auf die schockierend schöne Melodie zu konzentrieren. ‘Chaos In The Way’ – immer schon ein ausgesprochener Favorit. Hier auch.
Das nur von Dean gesungene ‘Untide’ ist so innig, so intim, dass sich irgendwie jeder weitere Kommentar dazu verbietet.
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Nur zwei Bemerkungen noch zu zwei Höhepunkten: ‘Her Halo’ hatte immer schon enormes Anziehungskraft, die m.E. zu großen Teilen vom hier heldenhaft-strahlenden Gesang von Nathan herrührte. Im aktuellen Format begegnet uns der nämliche Song mit zurückgenommenen, fast melancholisch-resigniert interpretierten Vocals. Und ich verliebe mich erneut…
Der Overdrive Metal Song ‘The Battle’ gehört zu den absoluten Teramaze-Trümpfen bei Live-Auftritten. Und nie hätte man sich diese geradezu nachdenkliche Fassung vorstellen können, die das Lied tatsächlich völlig neu erleben lässt.
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Gibt’s auch Kritik? Ja, meinereiner hätte auf die Kunststreichersoße für ‘Blood Of Fools’ gerne verzichtet. Aber sonst…
Bewertung: 13/15 Punkten
PS: Die meisten Progger, die nicht dem Klischee entsprechend allein im muffigen Keller ihrer Leidenschaft leben, kennen diese kleine Szene vermutlich:
Man(n) legt im Kreise der Lieben in Küche oder Wohnzimmer den neuesten Favoriten auf – schwankend zwischen Entdeckerstolz und leichter Sorge bezüglich etwaiger Reaktionen.
Die bessere Hälfte streng blickend nach den ersten Takten: „BLEIBT DAS SO?“
(True story)
Dean scheint das jedenfalls auch zu kennen. Aus dem augenzwinkerndem Beipackzettel:
“… sondern auch etwas, das man mit Familie und Freunden genießen kann, die mit unserem üblichen Sound vielleicht nicht so vertraut sind.“
Oder im Klartext: „Das könnt Ihr auch Metal-Hassern unterjubeln, Schnuckis!”
PPS: Eigentlich sollte die Band auch noch Guitar Tabs zu den Sessions veröffentlichen. Denn das Album beweist: Es braucht nur eine schnöde Western-Gitarre (hier wohl von Yamaha, wenn ich das richtig sehe), jede Menge Feeling – und ab geht’s.
Line-up:
Dean Wells: Vocals, Guitars
Nathan Peachey: Vocals
Chris Zoupa: additional Keyboards/Guitars
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Abbildungen: Teramaze/Wells Music