(47:30, CD, Vinyl, Digital, Gondwana Records, 2022) Dystopisch und zerbrechlich anheimelnd zugleich kreieren Sunda Arc auch auf ihrem zweiten Album eine Welt, die irgendwie fremd und doch so vertraut ist. Die Brüder Nick und Jordan Smart verwenden hierbei Electro, IDM und EDM als basisbereitende Essenz und träufeln so manche geheime Zutat hinein, welche die Musik von Sunda Arc tatsächlich so faszinierend und beeindruckend macht. Mittels diversen weiteren Instrumentariums, darunter Saxophon, Flöten, Klarinetten und vor allem eine Ney (oder auch: Nay), erhalten die auf „Night Lands“ ein Potenzial, das als suchtgefährdend eingestuft werden müsste. "Night Lands" wirkt so irgendwie fernöstlich, aber…
Autor: Carsten Agthe
(49:32, CD, Vinyl, Digital, Karisma Records/Soulfood, 11.11.2022) Oak durcheilen auf ihrem mittlerweile auch schon dritten Album die Jahrzehnte des Progressive Rock. Allerdings ohne dabei auch nur einmal in irgendwelchen Klischees zu versinken. Auf "The Quiet Rebellion Of Compromises" wird man auch nie mit jenen Momenten des Neo Prog konfrontiert, die man gemeinhin als peinlich oder fremdschämend assoziiert. Was daran liegen könnte, dass die Norweger trotz ihrer manchmal glasklaren Bezüge frischen Wind in die Szenerie bringen. 'Demagogue Communion' trägt, bedingt durch Gitarren und Piano, durchaus (frühe) Genesis-DNA mit sich, 'Quiet Rebellion' und 'Guest Of Honour' könnte man sich so auch gut…
(47:17, CD, Digital, Monkey Road Records, 2022) "The missing link between Hard Rock, Stoner Rock & Grunge!" Aha! Selbstbewusstsein muss sein! Und mit einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein rocken sich Riot In The Attic auf ihrem neunen Longplayer durch alle Aggregatszustände gängigen Hardrocks, dass es eine Freude ist: "I was the loser and the fool to cry alone, I was the rider in the night to have it all, I was hungry and many times too full, I came and went and broke somebody's loving rules…" ... heißt es im schmissig-groovenden 'Drag Me Down'. Und da bleibt uns eigentlich gar nichts…
(62:26, Vinyl, Digital, A Thousand Arms Music/Dunk! Records, 11.11.2022) Breitwandsound mit größtmöglichster Tiefenwirkung. "I Am Whole", das neueste Werk des Schweizer Quartetts, verbindet einmal mehr den Post Rock in seinen melancholischsten Momenten mit Rachmaninowscher Grandezza, was aus den elf hier enthaltenen Songs ein Erlebnis mit cineastischen Ausmaßen macht. Vordergründige Klavierpassagen mit hochmelodiöser Dramatik bilden den Überbau dieser Musik, in welcher Welten tatsächlich zu kollidieren scheinen. Dezente Stillleben ('I Am Whole', 'Hello World') auf der einen, energische Postrocker mit God Is An Astronaut-Faible auf der anderen Seite ('Rotbuch', 'The Skinned') halten bezüglich des so konzipierten Wechselbads der Gefühle die Suspense flächendeckend…
(41:17, CD, Vinyl, Digital, Dunk! Records/A Thousand Arms Music, 04.11.22) Die Portugiesen ließen sich für ihr neues Oeuvre Zeit. Viel Zeit. Ganze viereinhalb Jahre sind seit dem essentiellen, epochalen Postrock-Monolithen "Umbra" vergangen. Aber, was ist schon Zeit in Sphären, wo ganz andere Maßstäbe gelten? So ist "Adeus" mit seinen vierzig Minuten auch wieder relativ überschaubar geraten, was aber nicht zu bedeuten hat, da, wie gesagt, hier Raum und Zeit keine Rolle spielen. 'A Nortuna' gibt sich eher bescheiden. Als ob der Opener Platz und Räume lassen wollte für das, was mit 'Devolução da Essência do ser', der ‚Rückkehr zur Essenz…
(41:48, CD, Vinyl, Digital, Gondwana Records, 2022) Sollte es einer Institution wie Bohren & der Club Of Gore einmal einfallen, lichte Momente zu inszenieren, die gar ab und zu in Dur-Bereiche abdriften, dann wäre das eventuell der Sound, den Svanborg Kardyb nun schon drei Alben lang inszenieren. Mittels Schlagzeug und Wurlitzer werden hier Momente in Szene gesetzt, die als höchst cineastisch beschrieben werden könnten. Wahlweise Gasttrompeten verstärken die Eindrücke in Richtung Jazz, aber eben nicht jenen Dark Jazz der eingangs erwähnten Beispielgeber. Weil, alles auf „Over Tage“ ist lieblich, harmonisch und hell – wie ein erfrischender Frühlingsregen, wobei diese andauernde…
(43:32, CD, Vinyl, Digital, Unique Records/The Orchard, 2022) Ruhestand? Nicht mit Kenneth Minor. Mitnichten besinnt sich der Wiesbadener Dreier auf das Altenteil – es ist noch lange nicht an der Zeit für Rollator, Kukident und Schnabeltasse. Aber schon hier, im Albumtitel, schwingt der ganz dezent-spezielle Humor der Band mit. Eigentlich machte man sich, frei nach Turnvater Jahn, frisch, frei, fröhlich, fromm (gut, das dann wohl eher nicht) ans Werk und stampfte mit fast schon jugendlichem Leichtsinn ganze zwölf Garagen-Pop-Perlen aus dem Boden, die sich ob ihrer Leichtigkeit wie Seifenblasen im Raum schweben. Retirement by Kenneth Minor Im Single-tauglichem Format wildern…
(35:45, CD, Digital, PUNKT Editions/Jazzland, 02.09.2022) Musik wie aus einer anderen Welt – Soundtracks für surreale Sphären. Der norwegische Klangforscher Jan Bang ging hier eine beeindruckende Kollaboration mit dem britisch-japanischen Produzenten und Komponisten Dai Fujikura ein, die auf "The Bow Maker", in so noch kaum je gehörte Refugien jazzigen Ambients oder Ambienten Jazz vorstößt. Klare Strukturen sind nicht vorhanden oder besser, nicht erkennbar, eher werden hier abenteuerliche Sounds aneinandergereiht, womit für den Hörer auch überhaupt keine Bezugspunkte vorhanden sind, an denen er sich orientieren könnte. The Bow Maker by Dai Fujikura & Jan Bang Der norwegische Avantgarde-Künstler Arve Henriksen steuert,…
(38:07, CD, Vinyl, Digital, Tonzonen Records/Soulfood, 2022) Auf das Jahrhundert bezogen bleibt die Frage offen, welches Century ist denn nun genau das wilde? Auf die Band selbst – ja, The Wild Century passt schon. Irgendwie. Nein, unbedingt. Mit röhrender Hammond, direkt aus der Garage des Rock stammenden Riffattacken und einem croonenden Frontmann bewegt sich das niederländische Ensemble mit Siebenmeilenstiefeln durch die Siebziger, streift lässig die Endsechziger und wuchtet sich selbst dezent gar in die Gefilde des Punk a la The Stooges. Somit müsste die ganze Sache eigentlich und unbedingt in The Wild Dekade umbenannt werden. Mit doch recht überschaubaren sechs…
(42:17; CD, Digital; On Stage Records/Timezone, 28.10.2022) Die Basler sind sich nicht verlegen, auch auf ihrem dritten Album all ihre musikalische Finesse hinter meterhohem Feedback und ausufernden Lärmorgien zu verstecken. Im Kontext zu Spielfreude und hochambitionierten Soundexkursionen steht dann auch die Ausuferungen der Songs beziehungsweise Tracks an sich, die sich dann schon auf zwölf Minuten hochschaukeln ('Sail Around The Sun'), wobei sich hier genügend Freiräume auftun, semi-jazzige Eskapaden mit Boogie a la Wishbone Ash zu verknoten. 'Something In The Water' sowie 'Lie Alone' könnten, reduziert auf die harmonischen Vocal-Hooklines, als fast schon hittiger, beatlesker Postpop durchgehen, wenn da eben nicht…
(52:56; Vinyl (2LP), CD, Digital; Pelagic Records/Soulfood, 28.10.2022) "Wir sind Teil eines lebendigen, heiligen Universums…". Psychonaut begegnen auf ihrem neuen Album der Utopie einer heilen Welt mit grenzenloser Wut - Wut auf alles das, was dieser (heilen Welt) im Wege steht. So passierte es tatsächlich, dass "Violate Consensus Reality" auch gehörig extremer geriet, als das viel umjubelte Debütalbum "Unfold The God Man". Die Wahrheit ist unbequem! Und unbequem, das heißt aufrüttelnd will auch die belgische Post-Metal-Fraktion sein. Die ethnischen Instrumente wie Didge und Percussion sind nur noch in homöopathischen Dosen wahrnehmbar ('Age Of Separetion'), dafür entfesselt man schon von Anbeginn…
(38:20, CD, Vinyl, Digital, Golden Antenna/Broken Silence, 28.10.2022) Da bröckelt es wieder gewaltig aus der Substanz. Rýr setzen den Meißel eben da an, wo die Schwachstellen zu vermuten sind und kommen im richtigen Moment dann auch mit dem Vorschlaghammer. Obwohl die Berliner auch auf ihrem zweiten Album ihr Aggressionspotential hin und wieder zurückfahren und dem Hörer quasi Freiräume der (trügerischen) Ruhe zur Verfügung stellen. Eben hier wird wieder rein instrumentaler Postrock’n Metal (mit Betonung auf Metal) inszeniert, der vor allem auf dichtgewebte Atmosphäre setzt. transient by rýr Schon der Opener 'Trajectory' - immerhin auch schon knapp neun Minuten mächtig, und…
(48:28; Vinyl, Digital; My Redemption Records/Cargo, 28.10.2022) Der Name des musikalischen Konglomerats scheint zurecht gewählt, sollten manche Dinge doch eben dort bleiben – hinter verschlossenen Türen. Denn "Caged In Helics" ist ein überaus intensiver Parcours-Ritt durch die bizarren Welten des Postrock'n Metals, ein Dante'sches Inferno in Musik, die Apokalypse in Sound. Hierzu ließ sich das europäisch geerdete, weil aus den Niederlanden, Deutschland sowie Schweden stammende Trio, dann auch von einem kammermusikalischem Ensemble unterstützen, das gar nicht einmal so beengt, wie angedacht, musiziert, sondern mit seinen aus Pein und Schmerz zu bestehen scheinenden stringenden Ausbrüchen ganze Räume öffnet, die später von…
(28:45, CD, Vinyl, Digital, Apollon Records/Soulfood, 19.08.2022) Da gibt es wieder gehörig um die Ohren und im Vergleich zum im letzten Jahr veröffentlichten Debüt "Sociopathfinder" wird hier noch eine gehörige Schippe Energie und Dreck draufgepackt. „The Will Of God“ ziert, ganz trendy, ein Atompilz und kommt tatsächlich punkig bis räudig. Ja, so wollen wir es. So lieben wir es. Die Norweger, die sich aus Mitgliedern u.a. solcher gestandenen Instanzen wie Mork, Lust-O-Rama (Arne Thelin), Gluecifer (Stig Amundsen), Kvelertak (Håvard Takle Ohr), Motorpsycho (Bent Sæther teilweise am Bass und ex-Motorpsycho Håkon Gebhardt am Schlagzeug und der passend Garage-igen Produktion) formierten, kommen hier…
(28:04, Vinyl, Digital, Black Terror Distro & Store/Fresh Outbreak Records, 10.10.2022) Postapokalyptischer Krach aus der Toskana. Schon 2014 gründete sich das sich aus Kapellen wie Incoming Cerebral Overdrive, Architecture of the Universe, Autumn Leaves Falls In und Macerie formierte Sextett, nur um jetzt, ganze acht Jahre später, mit seinem Debütalbum zu brillieren. Gut, zu einem Album reichen die vier hier enthaltenen Tracks nicht ganz, jedoch ist die Gewichtung dermaßen heavy, dass Cane di Gøya schon so einiges auf die Waage hauen. Gleich mit drei Gitarren wuchtet man einen Sound aus den eigenen Katakomben dunklen Seelenpeins, der gerade mal so am…
(51:42, CD, Vinyl, Digital, Pelagic Records/Soulfood, 21.10.2022) Ob man wohl vor zehn Jahren schon ahnen konnte, welche Brisanz der eigene Bandname einmal erlangen würde? Sicherlich nicht, denn wer hätte damals schon ahnen können, wie sich die Dinge einmal entwickeln beziehungsweise aus dem Ruder laufen würden. Nun haben sich Lost in Kiev mit ihrem vierten Album auch selbst deutlich weiterentwickelt. Die cineastischen, an die gegenwärtige Weltlage angepassten Momente sind noch transparenter, die Mächtigkeiten noch unüberwindbarer geraten (wobei hier sogar dezente Growls eingebaut wurden, wie etwa im Track 'Prison Of Mind', made by The Oceans Loïc Rossetti). 'We Are' setzt aber erst…
(43:56, CD, Vinyl, Digital, Karisma Records/Plastic Head, 2022) Da schwingt schon ein wenig gehobener Anspruch mit, wenn man sich in einem Etablissement wie einem Konservatorium für Jazz zusammenfindet. Die sonst bei sympathischen Institutionen wie Spidergawd (Hallvard Gaardløs), Soft Ffog (Vegard Lien Bjerkan, Axel Skalstad) und dem Megalodon Collective (Karl Bjorå) aufspielenden Zeitgenossen wirken mit ihrem Sideprojekt Wizrd wie losgelöst von allem, verquicken Stoner mit frickeligen Jazzeskapaden, Funk und Prog, was aus dem Debüt der Band, an dem man seit 2020 werkelte, eine atemberaubende Achterbahnfahrt macht. "Seasons" wirkt, als würden Motorpsycho gemeinsame Sache mit Wishbone Ash und Chick Corea machen. Klingt…
(49:54; CD, Vinyl, Digital; This Charming Man Records, 14.10.2022) All dieser Schmerz! Aber, beachte, "Not All Of You Pain Is Self Chosen"! Vier Jahre nach dem letzten Album "Soma" kommt das Kölner Duo mit einem schmerzerfüllten Dunkelbrocken in waverockendem Shoegeaze, bei welchem, die Delays auf Anschlag, der Nachhall ganze Räume füllt. Denis Wanic und Lucia Seiß scheinen mit ihren trist-schönen Soundlandschaften die Tristesse der letzten Jahre verarbeiten zu wollen und überführen den dunkelbunten Waverock der Eighties (The Cure, Bauhaus, The Chameleons, Swans, My Bloody Valentine) in die heutige, krisengeschüttelte Ära, auf dass dieser den passenden Soundtrack zu der zur Realität…
(39:57, Digital, Art As Catharsis, 14.10.22) Nach zwei EPs aus der Zeitspanne einer ganzen Dekade ist es nun Zeit für das Longplay-Debüt-Album. Die Stagnation der Pandemie machte es möglich, dass man sich zurückziehen und in aller Abgeschiedenheit Dinge realisieren konnte, zu welchen man sonst keine Zeit hatte. Derweil das Trio noch an einem der schönsten Orte der Welt beheimatet ist (das Art Déco-Städtchen Napier auf der neuseeländischen Südinsel) kreiert man hier nebenbei den fluffigsten aber dennoch nicht ohne die gewissen Spannungen aufwartenden Postrock, seit es diese Spielart kontemporärer Musik gibt. Dabei stehen hier noch nicht einmal die sonst üblichen Gitarren…
(50:19, Vinyl, Digital, Dunk! Records/A Thousand Arms Music, 2022) Mit effektiver Gitarrendoppelspitze und polternden Drums gehen Girih nun den "Eigengrau"-Nachfolger in Form eines Fulltime-Albums an. Der Albumtitel erscheint hier völlig sinnvoll, steht doch 'Ikigai' (japanisch) für "wofür es sich zu leben lohnt". Schönes Motto für die neue Musik des Trios aus New Hampshire. Dabei spielen sie die etwas härtere Variante des Post Rock, die mehr als nur homöopathische Tendenzen in Richtung metallischer Wucht offenbart. Die Tracks tragen denn auch ganz pragmatisch Kurztitel wie 'The Mirror', 'The Frame', 'The Door', 'The Key‘, 'The Hand', 'The Ring' sowie 'The Sand'. Wobei eine…