Scope – Scope und II

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(“Scope”: 53:21, CD, Sireena Records, 1974/2020)
(“II”: 43:31, CD, Sireena Records, 1975/2020)
Jazz Rock aus Holland!

Es gibt sie, diese obskuren, kleinen Veröffentlichungen aus den 70er Jahren die es nie auf eine CD geschafft haben. Und so begibt es sich, dass sich die Vinyl-Sammler aus aller Welt wie die Spürhunde auf jedes im Netz auftauchende Exemplar dieser seltenen und schon über 40 Jahre alten Schallplatten stürzen, interessiert an Preis, Herkunft und Zustand schnüffeln, drumherum schleichen, beherzt zuschlagen oder dann doch noch abwarten, ob doch nicht demnächst etwas Günstigeres oder in besserem Zustand Befindliches auftaucht. Die Platten sind rar und die Preise hoch.
Beide Platten der niederländischen Band Scope gehören genau in diese Reihe und haben somit schon eine Art Kultstatus in der Sammlerszene.

Scope - Scope und IINun, nach 45 Jahren, hat das Label Sireena Records beide Scheiben auf CD herausgebracht. Nach eigener Darstellung bemühten sie schon seit zehn Jahren darum, an die Rechte zu kommen. Nun ist es soweit und der Freund alter, fast verschollener Musik aus der guten alten Zeit der Seventies kann in den Genuss dieser Platten kommen – und das zu erschwinglichem Preis. Gut so, und es warten noch eine ganze Menge anderer Schallplatten darauf, das Licht der Welt erneut zu erblicken, ob nun auf Vinyl oder auf einem Silberling. Zum Glück gibt es diese enthusiastischen Label-Menschen, die sich dieser letztlich doch brotlosen Aufgabe stellen.

Es handelt sich um die beiden einzigen Veröffentlichungen von Scope, die in fast gleicher Besetzung in zwei aufeinanderfolgenden Jahren erschienen, nämlich „Scope“ – 1974 und „II“ – 1975.

 

Beide Scheiben sind von der Grundstruktur recht ähnlich gestrickt und befinden sich quasi im Schlepptau der Genre-Masterminds wie Mahavishnu Orchestra oder Return To Forever, aber auch der frühen Focus. Wie viele der Jazz Rock-Gruppierungen der “kleineren Länder” aus den Siebzigern haben sie dabei ihren recht eigenen Stil entwickelt. Hier ist es eine starke Verquickung des klassischen Jazz Rocks mit deutlich progressiven Elementen. Mit gutem Willen vermag der Hörer auch einen leichten Canterbury-Einschlag heraus zu hören. Zuweilen geht es ganz ordentlich symphonisch zu Werke, um unvermittelt wieder in eine treibende Jazz-Schiene zu wechseln. Funkige Rhythmen kommen – und gehen sofort wieder, die Band vermeidet konsequent das Einschwingen in den „Groove“. Er blitzt hervor – und ist gleich wieder verschwunden hinter rasanten breaks und verzwirbelten Unisono-Passagen.

Die Musiker spielen lässig und sehr virtuos das recht schwierige Material herunter. Immer spannend komponiert und komplex arrangiert. Jeder Durchlauf fördert neue und spannende Aspekte zu Tage.
Beide Platten sind eindeutig empfehlenswert und gehören in jedes gut sortierte Jazz-Rock- und auch Prog-Rock-Regal.
Bewertung: 12/15 Punkten (WE I-12 / II-13, KH I & II-12), KR I-12, II-12)

Line-up “Scope”:
Erik Raayman – Bass, Grand Piano, Percussion
Henk Zomer – Drums, Percussion
Rik Elings – Electric Piano, Organ, Grand Piano, Flute, Synthesizer
Rens Nieuwland – Guitar

Line-up “II”:
Rens Nieuwland – Electric Guitar, Twelve-String Guitar
Henk Zomer – Drums
Rik Elings – Bass Guitar, Grand Piano, Flute, Strings
Rob Franken – Electric Piano, Synthesizer

Surftipps zu Scope:
Sireena

Abbildungen: Scope / Sireena Records

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Über den Autor

Baujahr '65 und somit (gerade noch so, also Glück gehabt) mit der 70s-Musik sozialisiert. Mitveranstalter brotloser Konzerte in Jena mit Schwerpunkt Jazzcore, Avant und allgemeiner Stehmusik. Leidenschaftlicher Musiksammler mit verdächtiger Neigung zu allen möglichen Abartigkeiten und Obskuritäten. Der seltsame Musikgeschmack ist gerne hier nachzuvollziehen: https://laut.fm/freakout

6 Kommentare

  1. Tja, trotz der ursprünglichen Veröffentlichung auf dem Majorlabel ATLANTIC war den beiden nur in Holland und Deutschland veröffentlichten SCOPE-Scheiben ein ähnliches Schicksal bestimmt wie den US-Amerikanern von GOOD GOD. Man könnte von schlechter Promotion sprechen, oder von zu geringer Liveaktivität, aber da sollte man mal mit den auch live wieder aktiv werden wollenden Jungs selbst sprechen. Vieleicht können wir uns ja tatsächlich mal live davon überzeugen, ob das gelungenen Material nicht vielleicht durch die Altersmilde der Protagonisten zur Fahrstuhlmucke wird.

    • Tja, das wäre ja was, mit der Live-Überzeugung….
      Was mir pers. Hoffnung gibt: Auf jedwedes Zeichen einer Fahrstuhl-orientierten Altersmilde warte ich bei den teils doch gut angejahrten Gästen der Freakshow auch jedes Jahr 😉

      • Klaus Heuschkel am

        Naja, Skepsis ist angebracht.
        Allerdings bewegen sich die “Jungs” heute zwischen 65 und 75.
        Da könnte eine eventuelle Altersmilde auch bereits durchgestanden sein.

        • Horst-Werner Riedel am

          He, ich bin junge 65 und hoffe, dass ich noch keine Altersmilde in Anspruch nehmen muss. Wenn ja, genieße ich die aber auch……sei es einen Sitzplatz beim Konzert oder bei der “fehlersuche” in meinen Reviews. Also diese Altergruppe scheint mir auf vielen Bühnen immer noch gewaltig abzurocken und zeigen offensichtlich, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Also gibt den jung gebliebenen eine Chance!!!. In diesem Sinne hoffen wir auf einen baldigen Live Auftritt von Scope.

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Scope – Scope und II

von Klaus Heuschkel Artikel-Lesezeit: ca. 2 min
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