(48:00, CD/Download, My Sonic Temple, 2017)
Fast zeitgleich mit der Meldung, dass seine Band Perfect Beings einen weltweiten Deal mit dem Label InsideOut Music unterzeichnet hat, veröffentlicht der in Los Angeles lebende Gitarrist Johannes Luley sein zweites Solo-Album mit dem Titel “Qitara”. Wie der Titel schon vermuten lässt, steht (stehen) Luleys Instrument bzw. seine Instrumente im Fokus. Anders als das ebenfalls gerade remastered wiederveröffentlichte Solo-Debüt “Tales From Sheepfather’s Grove”, welches eher in der Tradition eines “Olias Of Sunhillow” steht, ist “Qitara” weitestgehend instrumental und überrascht mit einer anspruchsvollen Mixtur aus Prog-Rock, Jazz- und Fusion-Einflüssen, die den Hörer durchaus auch mal fordert. Um das berühmte “sich rein hören” führt kein Weg herum. Auch dem Rezensenten ging es so, aber es lohnt sich.
Nach und nach tun sich etliche Perlen auf. Richtig zur Sache geht es beispielsweise in ‘Red And Orange’, einem Stück, das im Original von Jan Hammer veröffentlicht wurde. Luleys Version, die er als ‘Jazz From Hell’ bezeichnet, besticht mit wilden Tasten vs. Saiten Duellen. Luleys Gegenpart Scott Kinsey an Orgel und Synth spielt geradezu wie ein Keith Emerson auf Speed. In ‘Sister Six’ gibt es ein Wiederhören mit Ryan Downe, dem Sänger von Luleys Ex-Band Moth Vellum. Das einzige Gesangsstück auf dem Album hat einen leicht psychedelischen Touch und erinnert vielleicht nicht ganz unbeabsichtigt an die Phil Collins‘ Version des Beatles Klassikers ‘Tomorrow Never Knows’. Der Opener ‘The Doer’ ist möglicherweise das Stück des Albums, das Luleys Band Perfect Beings am nähesten kommt. Das kantige Prog-Instrumental erinnert ein wenig an ‘Mar Del Fuego’ vom zweiten Album der Band. Die entspanntere Seite des Albums zeigt sich in ‘Moonlight Mesa’ und dem George Duke Cover ‘Faces in Reflection’. Erstgenanntes Stück hat seinen Ursprung noch als Demo für ein nie realisiertes zweites Moth Vellum Album.
Im Gesamtkontext hat “Qitara” im Vergleich zu einer Reihe von Solo-Alben hauptamtlicher Gitarristen deutlich mehr zu bieten als die pure Selbstdarstellung am Instrument. Johannes Luley untermauert vielmehr seinen integralen Status als Mitkomponist und Produzent innerhalb seiner Band Perfect Beings. Gleichzeitig verweist er mit dem deutlich hörbaren Hang zu Jazz und Fusion auf seine eigenen Einflüsse. Dass das Werk über einen recht langen Zeitraum mit einer ganzen Reihe unterschiedlicher Musiker – darunter neben Ex-Kollege Downe auch der Ex-Drummer der Beings Dicki Fliszar – entstanden ist, hört man “Qitara” nicht an. Es klingt wie aus einem Guss und erhöht die Erwartungshaltung auf das im nächsten Jahr erscheinende dritte Album der Perfect Beings.
Bewertung 12/15 Punkten (WE 12, DH 12, KR 11, KS 12)
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