Autor: Klaus Reckert

"everything happy, and progressive, and occupied" K. Grahame, The Wind In The Willows

Katatoniosis Katatonia fiel nicht nur die ehrenvolle Aufgabe zu, den Sack eines so vielfältigen wie starken ersten Prognosis-Tages zuzuknoten. Das Konzert war auch insofern speziell, als die Fans die Setlist hatten zusammenstellen dürfen – und sich folglich auf ein Greatest-Hits-Programm freuen konnten (vgl. auch das ähnlich gelagerte Album „Dead Air“ von 2020. Die dritte Besonderheit: Weil Klone durch Corona-Erkrankungen leider kurzfristig verhindert waren, durften die Schweden ein erweitertes Set spielen – immerhin von 22:15 bis zur Geisterstunde. Und das hatte es wie erwartbar in sich. ‚Lethean‘ eröffnete vergleichsweise mit der Neuzeit. Und extrem melodisch. Was aber niemand im Effenaar am…

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Novenanosis Eigentlich ist und bleibt das mit dem Rezensieren von Musik, von Live-Auftritten gleich gar, eine zutiefst fragwürdige Angelegenheit. Denn so viel vom am Ende Hängenbleibenden ist davon abhängig, wie der Schreiber grundsätzlich zu dem zu behandelnden Thema eingestellt ist. Aber auch davon, wie sie/er gerade generell gefusselt ist, was kurz davor erlebt (gegessen, getrunken) wurde. Und damit haben wir das mindestens ebenso wichtige Thema Vorurteile noch nicht einmal gestreift. Zu Letztgenanntem noch etwas mehr bei der Würdigung des Solo-Auftritts von Ross Jennings am Prognosis-Dienstag. Soviel nur jetzt schon: der Autor quetschte sich mit einigen Vorbehalten bei bereits laufendem Novena-Auftritt…

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Die tödliche Enslavedosis Der Übergang vom großen zum kleinen Gehäuse inklusive Luftschnappen vor der Tür geriet dadurch etwas entspannter, dass die Norweger als erste nicht genau so auf die Minute pünktlich mit Zerlegen loslegten, wie es angekündigt worden war. Aber auch zehn Minuten verspätet ging ein Aufschrei durch die Menge, als das charakteristische Sägemotiv von ‚The Crossing‘ (von „Below The Lights“, 2003) anzeigte, dass es nun ernst werden würde. Fuckin‘ Heavy Metal! Und eine exzellente Wahl für den Einstieg, denn die sich von langsam zu Tsunami-Stärke aufbauenden Soundflächen des Longtracks schafften bis zum Ausbruch ab Minute fünf einfach jede Menge…

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TF&TDosis Eine dieser Bands, die immer interessant schienen, die man immer mal live sehen wollte. Wozu es aber bislang ebenso wenig gekommen war, wie zu einer Würdigung eines ihrer Alben auf diesen Seiten. Wunderbar, dass das Prognosis Festival die Chance einräumte, zumindest einen dieser weißen Flecken zu tilgen. Als der Auftritt um 19:15 Uhr begann, hatte sich leider nur eine noch recht überschaubare Anzahl weiterer Neugieriger im kleinen Raum eingefunden – die Konkurrenz der heute ebenfalls instrumental agierenden The Ocean war einfach zu übermächtig. Was Bassist/Produzent Kevin Feazey und seine drei Mittäter aber wenig anzufechten schien. ‚Truck‘ wurde schon so…

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The Oceanosis „Unser Sänger Loïc hat sich im März insgesamt vier Brüche in beiden Beinen zugezogen. Und sich daraufhin in einen Achtzigjährigen verwandelt. (Eine letzte Show, nach dem Unfall in L.A., hatte dieses Metal-Tier allerdings noch im Rollstuhl absolviert, d. Red.) Insofern kann er derzeit natürlich leider nicht auftreten. Aber wir fanden, es sei entschieden zu spät, jetzt noch unseren Auftritt bei Prognosis zu canceln“. Das die große Halle vom Effenaar bereits prallvoll füllende Publikum antwortete mit einem glücklichen Gebrüll aus tausend Kehlen. Die trotz frühem Slot am Tag für manche (einschließlich dem Autor) als heimliche Headliner fungierenden Erz-Sympathen bedankten…

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(70:50, 66:37, 64:26, 65:14, 67:31, 70:42; digital, 6 CD-Box, BMG/Universal, 2022) Das Schlagzeug-As Bill Bruford ist ein Musician’s Musician. Bei unserem alten Freund Otto-Normal-Radiohörer löst seine Nennung maximal ein irritiertes Kopfschütteln aus: „Bill wer?“ Die Crème de la Crème der Muckerschaft jedoch schnalzt bei dem gleichen Namen verzückt und kennerhaft mit der Zunge. Erinnert sich an seinen so virtuosen und doch kraftvollen polyrhythmischen und polymetrischen Drum-Stil. Und rief ihn stets zu Hilfe, wenn es bei Progressive Rock- oder Jazz-Projekten eines wahren Meisters bedurfte. In der Liste der 100 besten Schlagzeuger aller Zeiten des Rolling Stone von 2016 erscheint Bruford auf…

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Kritik des reinen Pechs und die Entdeckung der Extrovertiertheit Eigentlich war das ja gar kein normales Konzert, sondern die etwas ausgeuferte Geburtstagsparty für unseren allseits geschätzten flohfish. Und – mit kleinen, jeweils gut nachvollziehbaren Abstrichen – war es auch eine wirklich gelungene Feier. Wenn auch keine überlaufene. Laut Aussagen des lokalen Veranstalters hatte sich der Vorverkauf auf für das Gebotene eh schon bescheidene bis bestürzende 200 belaufen. Erschienen waren davon aber nur 150 (von denen meinereiner gefühlt ein Drittel namentlich oder vom Sehen kannte). Und kaum Abendkasse. Großartig: Trotzdem blieb man in der Kantine, dem großen Saal des Hauses, und…

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Argusnosis Das Festivalerlebnis beginnt nach extrem flottem, aber auch unkompliziertem Einlass-Procedere im „Kleine Zaal“ – und mit der Erkenntnis, dass es nicht nur keinerlei Einlassbeschränkungen mehr gibt. Sondern auch keine Handvoll Maskenträger unter den gefühlt etwas über tausend Festivalbesuchern. Deren Zahl ist enorm schwer zu schätzen, denn im Gebäude, mit seinen zahlreichen Räumen, und davor verlaufen bzw. verteilen sich die Massen aufs Angenehmste. Das seit 2019 zum zweiten Mal stattfindende Festival eröffnen darf Argus, eine Band aus der Umgebung von Eindhoven, wie Sänger/Keyboarder Frans Nooijen eingangs erläutert. Den (wer hätte es bei dem Namen nur je gedacht?) vor 17 Jahren…

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Das Festival ist der Headliner, das Publikum ist der Headliner, die Stadt ist der Headliner Lasst es uns mal so knapp zusammenfassen: Wir wollten gar nicht wieder weg! Denn das untenstehend umrissene Gesamtpaket der zweiten Ausgabe des niederländischen Festivals seit 2019 erwies sich als ziemlich unwiderstehlich. Vorher aber noch kurz zum Verfahren diesmal: Wir haben es ja mit 15 Bands und entsprechend vielen Fotos zu tun. Um unseren teils schon in den alleroberüberbesten Jahren befindlichen Lesern und Kollegen einen Maus- oder Tennisarm vom Dauerscrollen zu ersparen, zerlegen wir die Berichterstattung einfach in entsprechend viele, leicht weg-snackbare Einzelteile. Und wünschen guten…

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Creation’s Finest Nach dem die leider ja nicht ganz unüblichen Orga-Fuck-ups überstanden waren (Auch wenn überall „Doors 19:00, Stage 20:00“ kommuniziert wurde, ist man nicht vor 20:20 Uhr tatsächlich im Laden selbst. Das Konzert beginnt dann gerne schon mal, während draußen noch zahlreiche Kartenkäufer anstehen), wurde es dann doch mal wieder sehr hübsch im MTC. Dieser Konzertabend markierte auch so etwas wie den Übergang in der Umsetzung der aktuellen Corona-Schutzverordnung in NRW, Stichwort „Lockerungen“. Auf eine diesbezügliche Anfrage an den lokalen Veranstalter hin kamen bezeichnenderweise gleich zwei Antworten. Die erste verwies eindeutig auf das volle 2G+-Programm. Die zweite kassierte diese…

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Gleiche Tour, gleiche Bands, andere Stadt – und auch deutlich andere Publikumsreaktionen Jo Quail Bezüglich dem Luxemburg-Leg der Evangelisations-Tour der vielgeliebten Amenra und „Vorgruppe“ Nr. 1 hatte Floh wie folgt berichtet: „Größere Applausbekundungen bleiben aus“. Auf Händen durchs Gebäude getragen wurde Mrs Quail auch in der Essigfabrik – leider – nicht. Eine Halle, die übrigens erstmals mit kristallklarem Sound erlebt wurde, was für eine ungewohnte Wohltat! Doch in der Domstadt wurde sehr konzentriert zugehört und auch zunächst warm und später begeistert applaudiert, ja gejohlt. Wenn und sobald die Zuschauer gepeilt hatten, dass jetzt eine der amöbenhaften Kompositionen nun auch wirklich…

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(58:38, CD, Eigenveröffentlichung, 2022) Ist immer so ein kitzliges Ding mit Lieblingsbands. Wenn man sie seit (Ach Du Schande!) 14-15 Jahren persönlich kennt, wird es nicht leichter, mit zumindest kläglichen Versuchen einer objektiven Würdigung. Zum Beispiel diese Band, über die man 2011 mal geschrieben hat „… eine dieser Formationen, die in einer gerechten Welt eigentlich mit Fates Warning, Psychotic Waltz und Pain Of Salvation auf Welttournee sein sollten, jedenfalls wenn es nach Material- und Spielstärke ginge“. Das ist so noch nicht eingetreten. Das liegt aber an der mangelnden Weltgerechtigkeit. Nicht an unseren trotz aller Nackenschläge beharrlich ihren Weg gehenden Augsburgern.…

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Im Vorfeld dieses Konzerts hatte ich gehörig Bammel vor einem Fremdschämalarm gehabt. Und es hätte wirklich wehgetan, sich für Geoff Tate – immerhin einem meiner Helden – schämen zu müssen. Angst hatte ich aus sogar gleich drei Gründen: 1. halte ich Geoffs Solomaterial für schon rekordverdächtig uninteressant und die meisten seiner öffentlichen Äußerungen – insbesondere über seine Ex-Kollegen, aber auch gerne über Heavy Metal allgemein, sogar für latent Zwangsjacken-verdächtig. 2. Es gibt ja diesen „Korea-Effekt“ im (Progressive) Rock: Eine Band zerbröselt sich genauso wie das statistisch den meisten Ehen widerfährt. Zerlegt sich also in mindestens zwei neue Teile, deren Bandmitglieder…

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Tropische Frühlingsgefühle Dass die Vorgruppe subjektiv erheblich mehr Anziehungskraft entfaltet als der Top Act, kam schon bisweilen vor (Alias Eye vor Saga zum Beispiele. Evergrey vor Kamelot! Oder phantastisch aufgelegte Gringo Starr vor wie halbtot agierenden …And You Will Know Us by the Trail of Dead). Und auch, dass dem durchaus vorgewarnten Berichterstatter beim Anblick des (mit heutigem Wissen formuliert: mehr oder weniger) weiblichen Protagonisten die Luft weg bleibt, soll es schon gegeben haben. Doch bei Trope – von denen immerhin das Lieblingsalbum des vergangenen Jahres des Autors stammt – und ihrem allerersten Auftritt in Deutschland überhaupt erwies sich das…

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(58:46, Digital, CD, Off, 2022) Stilll/Off Records Pierre wärrr? Na, därrr: Pierre Vervloesem is one of the most prolific musicians/producers on the Belgian scene. He has played the guitar on over 300 albums and produced 33 CDs under his own name. He collaborated with Bill Laswell, Spencer Chrislu (Frank Zappa), Charles Hayward (This Heat), Wim Vandekeybus, Jan Fabre, Marc Ribot, David Byrne, Josse de Pauw, Jimi Tenor, Morgan Agren, among others. For 29 years he was Peter Vermeersch’s travelling companion in the bands X-Legged Sally and Flat Earth Society with whom he toured the world. Quelle: Womex.com Insofern ist der…

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(43:10, Digital, CD, Baboon Fish (= Eigenveröffentlichung), 2021) Dass diese Veröffentlichung von letztem Sommer bei uns bislang unerwähnt geblieben ist, hat mal wieder nicht das Geringste mit der gebotenen Qualität zu tun. Ganz im Gegenteil, „First Tales“ war dem Autor einfach zu schade, um das Album mit ein paar hektisch und schlimmstenfalls lustlos ‚runtergeschrubbten Standardsätzen abzutun. Denn jeder einzelne dieser sechs Tracks hätte eigentlich seine eigene Eloge verdient. Schließlich hat das hierorts bislang unbekannte Projekt um Jérémie Goubault einerseits einen unverwechselbaren eigenen Sound. Der sich aber andererseits sehr erfolgreich bei einigen der größten und besten im Ring anlehnt. ‚Come To…

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Im Nachgang zu ihrem prächtigen Drittling The Ambiguity of Wisdom stellten sich die Verantwortlichen SCHLömer & AGthe völlig unerschrocken unserem Kreuzverhör. Betreutes Proggen: Schl@gs „Werk“ und „Loch“ erschienen jeweils binnen Jahresfrist. „Ambiguity Of Wisdom“ brauchte sieben Jahre. Warum? DS: Tja, wenn man das immer so genau wüsste. Es steckt kein Plan dahinter. Nach dem zweiten Album haben wir uns mit voller Kraft in die große Ornah-Mental-Werkschau gestürzt, das Doppel-Album „Remix & Outtake“ erschien dann 2016. Danach gab es definitiv eine Neuausrichtung, aber die betraf vor allem Ornah Mental. Neue Besetzung, neue Arbeitsmethoden usw. Aber schon 2017 entstand zum Beispiel der…

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Unser Excel-Black Belt und ProgStat(ist)iker Christoph hat wie schon in den Vorjahren freundlicherweise auch für das zweite Seuchen-Jahr die folgende traurige Auflistung für Euch erstellt – wie immer völlig ohne Anspruch auf Vollständigkeit der Liste selbst, der angegebenen Referenzen bzw. Genres oder Instrumente. 2021 leider verstorbene Musiker, meist Rock-, teils auch Progrock-Künstler und -Größen

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(1:42:55, Vinyl (3LP)/2CD/DVD/Digital, Pelagic Records/Metal Blade Records, 2021) Machen wir es doch einfach mal kurz. Denn schließlich gilt immer noch: The Ocean is the ultimate solution (Danke Frank!). Doch ein wenig ausführlicher? Na guuuut. Es trifft freilich auf viele exzellente Bands zu, doch besonders The Ocean erfüllen sich letztlich erst auf der Bühne, im Live-Geschehen, im kollektiven Durchdrehen mit ihren Fans. Erster exzellenter Grund für ein Live-Album. Der zweite steckt im Material: Die groß gedachte Konzept-Wuchtbrumme „Phanerozoic“ („Hefte raus Kinder – Geschichtstest! Unser Thema ist das vierte und jüngste – und übrigens bis heute anhaltende – Erdzeitalter Phanerozoikum“) erschien aus…

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(61:11, Digital, CD, AmydaLand/Just For Kicks, 2021) SCHLömer & AGthe haben es wieder getan. Dirk Schlömer kennt man als Gitarristen der letzten Ton Steine Scherben-Inkarnation, danach von Neues Glas aus alten Scherben, vor allem aber als Macher hinter den Projekten Das Zeichen, Ornah-Mental und natürlich Schl@g. Carsten kennt man von den beiden letztgenannten Gewerken sowie natürlich als enorm produktive Edelfeder bei uns und anderen. Was kann man denn über den Drittling einer Band sagen, die sich auf Bandcamp selbst u.a. mit folgenden Tags bzw. Attributen belegt: Afrobeat, Doom, Rock, Alternative, Krautrock, Space Rock? Vielleicht lässt man sie am besten weiter…

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