
(31:28, Digital; Tiny Records, 18.04.2025)
Der Algorithmus ist schuld! Also der von meinem Streaming-Dienst. Seit Wochen schon taucht dieser Name immer wieder in irgendwelchen Playlisten auf, also dann höre ich doch mal rein. Greg Spero featuring… derer gibt es Tausende die irgendwas featuren. Ein physisches Album gibt es auch nicht, dieser Künstler existiert mehr oder weniger nur virtuell. Sogar seine eigene Website ist seit fünf Jahren nicht aktualisiert worden, auch auf sozialen Medien findet sich sehr wenig. Aber die Musik ist großartig. Auch wenn die Recherche etwas mühsam ist, hier sind mal die Eckdaten:
Greg Spero, geb. 1985 in Illinois, ist ein Pianist mit Profi-Musiker-Stammbaum. Eltern, Großeltern, Ur-Großvater, alles Profi-Musiker. Er selbst ist Pianist, hat jedoch in frühen Jahren schon angefangen, seinen Unternehmergeist zu entwickeln und HTML gelernt. Damit hat er dann sein erstes Geld verdient: Websites erstellen. Immer das Vorbild von Generationen von Musikern vor Augen, die hart für ihr Brot arbeiten mussten. Erst ein paar Schlüsselbegegnungen haben es ihm ermöglicht, sich auf die Musik zu fokussieren. So war z. B. Herbie Hancock sein Mentor, zunächst um ihm den Buddhismus näherzubringen und später auch musikalisch. Jetzt erst begann Spero, sich auf die Musik zu konzentrieren und Engagements anzunehmen. So tourte er von 2014 bis 2018 als Pianist mit der zu diesem Zeitpunkt gerade durchstartenden Künstlerin Halsey über immer größere Bühnen weltweit, bis er 2018 Abschied nahm, um sich wieder ganz seinen eigenen Kompositionen mit seiner neugegründeten Jazzband Sticky Fingers zu widmen. In dieser Kombo macht er bis heute Musik, hat jedoch immer wieder Nebenprojekte. Wohl auch, weil er 2020 in der Pandemie seinen Unternehmergeist erneut mobilisierte und Tiny Room gründete. Eine kombinierte Studio/Bühne/In-Location, in der regelmäßig Konzerte abgehalten wurden, die schnell weltweit ihren Weg in Radiostationen und Streamingportale fanden. Des Weiteren erschuf er zusätzlich eine Crowdfunding-Plattform, um Musikern einen Finanzierungskanal zu öffnen. Tiny Room wurde nach der Pandemie zu klein, sodass daraus The Recording Club in Los Angeles wurde, ein Konzept das jetzt weiter expandiert.
Nicole McCabe, ebenfalls ansässig in Los Angeles, ist professionelle Saxofonistin, Komponistin und Lehrerin an verschiedenen Hochschulen, u.a. auch am Herbie Hancock Institute of Jazz.
Ka’Cye Thompkins kommt wie auch Nicole und Greg aus Los Angeles und ist dort Drummer im Bereich Jazz und Gospel. Informationen finden sich zu allen drei Musikern eher schwierig, sogar ChatGPT liefert nicht mehr als das, was auch Google findet. Es scheint als würden sie einfach ihr Ding machen, live und semi-live im Netz.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Auf Basis dieser Informationen versteht sich das Album „Ego or Soul“ etwas besser. Bei keinem der drei Künstler finden sich Informationen zu dem Album oder der Zusammenarbeit, sodass ich vermute, die Musik entstand in einer Studio-Session, ohne groß geplant gewesen zu sein. Das Album klingt jedoch ganz und gar nicht wie eine Jam-Session, sondern eher komponiert und großartig interpretiert. Die drei Musiker gibt es auch in dieser Formation sonst nicht, was direkt schade ist, denn die Performance ist traumhaft.
Also was genau ist daran so toll? Es ist der intime Dialog der drei Musiker; es sind die kurzen, aber umso prägnanteren Motive, die den musikalischen Dialogen zugrunde liegen; es sind die sehr verschiedenen Charaktere der Stücke, die zusammen ein sehr schönes Ganzes ergeben. Aber vor Allem ist es mehr als „nur“ Jazz denn ich höre Elemente aus vielen Stilrichtungen, die ganz organisch in den Jazz eingewebt werden und so das Ganze aufpeppen. Dazu intelligent eingesetzte elektronische Effekte und immer wieder dieser verblüffend zarte Dialog vor allem zwischen Klavier und Saxophon. Auch nach zehnmaligem Hören macht das Album immer noch Spaß und empfiehlt sich zu allen Gelegenheiten: Perfekt produziert klingt das Werk auf der High-End-Anlage grandios, allerdings eignet es sich genauso gut zum Autofahren oder mit Kopfhörern im Wartesaal irgendwo. Einfach gut. Greg Spero werde ich auf jeden Fall weiter im Auge und Ohr behalten. Ein Dank an den Algorithmus!
Bewertung: 12/15 Punkten
Tracklist:
01 Ego or Soul? 2:27
02 Saudade 3:35
03 No Shadows 5:18
04 Till Death Do Us Jam 4:30
05 No Signal 4:57
06 Tomorrow Is Too Boring 5:50
07 Up In The Air 4:48
Line-up:
Greg Spero – keys
Nicole McCabe – Sax
Ka’Cye Thompkins – drums
Surftipps zu Greg Spero::
Homepage
Instagram
Facebook
Soundcloud
Apple Music
Amazon Music
YouTube
Spotify
Wikipedia