»Artwork wird bestenfalls für Jubiläumsauftritte auf diversen Festivals wieder hervorgeholt werden, Belladonna ist auf Tour und somit auch live zu hören.«
35 Jahre Artwork/Bella Donna fordern sicherlich ihren Tribut. Eben dieser erschien dieser Tage mit „V“, dem neuen Album von Bella Donna, einem Doppeldecker mit einem Live-Best-Of sowie neuen Tracks. Dass sich im Live-Teil auch Tracks von dem Bella Donna-Vorgänger Artwork befinden, ist natürlich schlüssig, gehören doch beide Projekte doch auch irgendwie zusammen. Wie genau, das erläutert und an dieser Stelle Mastermind Jochen Schobert…
Wie es aussieht, werden nun sämtliche Prioritäten in Richtung Bella Donna gelegt. Bedeutet das somit, dass Artwork nun endgültig der Vergangenheit angehört??
2005 hat die Abschiedstour von Artwork stattgefunden, alle Konzerte danach waren eigentlich Specials auf Festivals. Somit ist seit dieser Zeit Bella Donna meine Hauptgruppe.
Artworks ’96er Album trug den Titel „Bella Donna“. War hier schon geplant, das Projekt zweigleisig zu fahren?
Zuallererst war das Album von 1996 eine Live-Aufnahme beziehungsweise ein live aufgenommenes Album bei einer Generalprobe für eine Tour durch Kirchen und Theater. Für diese Tour war geplant, den Schwerpunkt auf Jan Kunolds Stimme zu legen. Während dieser Tour fragten die Leute aber zunehmend nach Oswald Henke, der ja auf den Artwork-Alben und den vorangegangenen Konzerten stetiger Gast war. Also haben wir uns entschlossen bei Konzerten, die den Schwerpunkt auf Jans und Katjas Stimme legten, den Namen Bella Donna zu wählen. Gleichzeitig war es auch eine Erleichterung für Veranstalter das Programm von Artwork abzugrenzen, da wie gesagt bei den Artwork/Bella Donna-Konzerten immer wieder nach Oswald Henke gefragt wurde.
Das erste „offizielle“ Bella Donna Album hieß „II“. Bedeutet das also im Umkehrschluss, dass „Bella Donna“ von Artwork eben auch schon das Debüt von Bella Donna war?
Musikalisch ist das natürlich richtig, der Stil und das Programm von Bella Donna wird eigentlich in diesem Album begründet. Nachdem sich mein Hauptaugenmerk auf Bella Donna verfestigt hat, ich in den letzten Jahren weniger in anderen Projekten eingebunden war, konnte ich mein musikalisches Schaffen und meine Ideen hier verwirklichen.
…als Musiker, der Musik als Sprache betrachtet, freue ich mich natürlich über alle, die diese Sprache verstehen.
Wie war das damals, zu den Anfängen? Du als Musiker verortest dich ja eher im Art- und Progressive Rock. Trotzdem seid ihr in der Dark Wave-Nische zu finden gewesen. War das so geplant?
Du kennst meine Biografie, und jede Menge der Bands, in denen ich in den Achtzigern und Neunzigern gespielt habe. Auch der Name Artwork zeigt ja schon, woher wir kamen. Anfang der Neunziger habe ich mit Oswald Henke ‚Stadt der Träume‘ aufgenommen, und vorher noch ‚Staub‘. Gerade Letzteres Stück fand den Weg auf einen Sampler des Labels Strange Ways. Zu der Zeit war ich mit einer Band namens The Perc Meets The Hidden Gentleman unterwegs. Ich erhielt auf Tour einen Anruf vom Boss von Strange Ways, Lothar Gärtner, dass man Artwork gerne auf dem Wave Gothic Treffen (WGT) in Leipzig hören würde. Also musste ich schleunigst eine Live-Band zusammenstellen. Parallel dazu nahmen wir unser erstes Studioalbum auf, auf dem auch ‚Bring The Rain‘ mit Edward Ka-Spel enthalten ist. Die bereits genannten Songs und auch das ebenso auf dem Album enthaltene ‚Bella Donna Requiem‘ führten zu einem Erfolg in der Szene. Direkt geplant war das so nie, aber als Musiker, der Musik als Sprache betrachtet, freue ich mich natürlich über alle, die diese Sprache verstehen.
Wie kam es eigentlich damals zu der Zusammenarbeit mit Legendary Pink Dot Edward Ka-Spel auf ‚Bring The Rain‘?
Die Legendary Pink Dots waren des Öfteren live bei mir in der Etage zu hören. Als ich das erste Artwork-Album aufnahm, übernachteten sie bei mir. Ich hatte ein Stück mit zwölfsaitiger Akustikgitarre geschrieben, zu dem Edward sofort eine Idee hatte. Der Refrain ‚Bring The Rain‘ war bereits von mir fertig, wurde aber von Edward neu phrasiert. Die Strophen schrieb er spontan vor Ort dazu. Danach spielte Nils Hornblower noch ein Flötensolo darüber, und der Bassist der Pink Dots rundete alles durch sein Spiel ab.
Auch ein Oswald Henke von Goethes Erben war bei dir, d.h. Artwork, ständiger Gast. War es hier nicht ein Risiko, dass Artwork zu sehr in eine Richtung abdriftet, die so nicht geplant war?
Eine Richtung für Artwork war eigentlich nie geplant. Artwork war ja zuerst nur eine Spielwiese, eine Schublade für meine Ideen. Es kam zwar zur ersten regionalen Live-Konzerten, unter anderem am Uni Open Air in Bayreuth, jedoch damals eben ohne Oswald Henke. Das war ein eher psychedelic rockiges Programm. Danach und vielleicht auch gerade durch die Anwesenheit von Oswald Henke wurde die deutschlandweite Aufmerksamkeit größer. Was uns Mitte der Neunziger auch ins benachbarte Ausland führte.
Du hast in besagten Neunzigern den kultigen Club „Etage“ in Bayreuth betrieben. Gibt es hier Anekdoten, die es wert wären, erzählt zu werden?
Es waren eher die Achtziger – 1996 war ja schon Schluss. Da gibt es jede Menge Anekdoten von meinem ersten Zusammentreffen mit The Perc Meets The Hidden Gentleman, legendären Legendary Pink Dots Konzerten, Jam-Sessions mit Embryo und dem Live-Keyboarder von Tangerine Dream, David Moss mit Material, einer Band, die zum großen Teil aus Musikern um David Bowie bestand. Ich habe mit der Etage im Alter von 22 Jahren angefangen und konnte so jede Menge toller Musiker treffen, Kennenlernen und ganz oft auch mit Ihnen musizieren.
Sahst du Artwork und Bella Donna als „richtige“ Bands oder doch eher als Projekte mit wechselnden Musikern – wobei in den letzten Zeit ja doch ein wenig Beständigkeit eingekehrt ist..?
Wenn man beide Bands betrachtet, ist über die Jahre natürlich immer wieder ein Wandel zu sehen. Aber, was macht eine Band aus? Wenn man andere Bands betrachtet, so kann man auch da oft feststellen, dass es immer wieder ein neues Drama gibt und manchmal sogar die Sänger wechseln. Nimm Jethro Tull, die hatten fast auf jedem Album einen anderen Drummer. Bei Mike Oldfield hast du auch eine Vielzahl von wechselnden Sängern, bei Manfred Mann wechseln auch immer wieder zentrale Musiker. Bei uns war zum Beispiel Markus Köstner ganz lange der zentrale Schlagzeuger. Er würde auch heute noch bei uns trommeln (was er zuletzt 2019 in Leipzig getan hat), wenn er nicht so viele Engagements mit anderen Gruppen hätte. So war es für uns leichter mit einem Schlagzeuger hier aus der Region. Christa Goelnitz zum Beispiel ist ja seit Ende der Neunziger ein fester Bestandteil unserer Musik. Johannes Kothe ist seit 2005 dabei, Catriona Gallo seit 2012. Auch Eva Werner ist jetzt schon mehr als sechs Jahre bei Bella Donna. Natürlich kann es auch in der Zukunft wieder Wechsel geben, aber der Kern der Musik bleibt.
Nun „V“. Dein Fazit nach 35 Jahren Artwork/Bella Donna?
Fazit eins: ich werde alt. Fazit zwei: Wir haben sehr treue Fans, viele sind seit den frühen neunziger Jahren bei der Stange.
„V“ ist zweigeteilt. Einmal die neuen Tracks, dann der Mitschnitt eines Konzertes, quasi eine „Best Of“. Was war hier die Intention für das Doppel?
Nun, wir haben an einem Studioalbum gearbeitet, parallel aber Live-Konzerte gespielt. Bei einem Live Konzert ist der Mitschnitt so gut geworden, dass wir ihn nicht einfach verwerfen wollten. Zuerst war der Plan, ein Live-Album und eine Studio-CD getrennt zu veröffentlichen. Als das Live-Album dann schnell die Länge einer normalen CD überschritten hat, wurde die Idee geboren, das Live Album ins Zentrum zu rücken und die Studio-Stücke quasi als Bonus Tracks dazu zu geben.
Wie kam es eigentlich zu der Zusammenarbeit mit Luci van Org (Lucilectric)?
Vor Jahren hat mich Luci angerufen und gebeten, sie bei ihrem Projekt beim VEID, einem Verein für verwaiste Eltern (die also ein Kind verloren haben) zu unterstützen. Sie organisierte jedes Jahr während des WGT ein Konzertwochenende oder, besser gesagt, ein Veranstaltungswochenende, dessen Erlös dem Verein zugute kam. Ich hab sie gebeten, bei meiner Geburtstagssession Teil des Abends zu sein. Dort entstand dann auch die Aufnahme von ‚Liebling der Götter‘ mit ihr. Darauf haben wir noch des Öfteren zusammen gearbeitet, Konzerte gegeben und Stücke aufgenommen. Wie man ja auf dem neuen Album hören kann und auch auf dem Vorgänger schon hören konnte.
Wie geht es zukünftig weiter mit Bella Donna und/oder Artwork?
Artwork wird bestenfalls für Jubiläumsauftritte auf diversen Festivals wieder hervorgeholt werden, Belladonna ist auf Tour und somit auch live zu hören. Außerdem arbeiten wir bereits an neuen Stücken.
PS – Livetermine 2025:
14.06. Birk, Kirche St. Veronica
19.06. Gefrees, Casa Cara Summer Of Sound
21.06. Bacharach, St.Peter Kirche
05.07. Eschenbach, Evangelische Kirche
06.09. Naumburg, Kulturpavillon
13.09. Bayreuth, Etage Music
18.10. Halunkenburg, Hof
25.10. Rübeland Stadt Oberharz am Brocken, Samhain Kreuzmühle
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Alle Abbildungen mit freundlicher Genehmigung: Bella Donna