(48:12, CD, Digital, Eigenproduktion, 31.05.2019)
Manchmal wird man durch einen reinen Zufall auf einen Künstler aufmerksam – oder man wird von einem Musiker darauf hingewiesen. In diesem Fall war es Letzteres, und an dieser Stelle schon mal vielen Dank an den lieben Künstler, der den Rezensenten aufgrund dessen Mellotron-Affinität auf das Zeituhr-Projekt angesetzt hat. Ein wirklich lohnenswerter Tipp, denn nicht nur, dass es von Zeituhr bereits einige Alben gibt, sie passen sogar hervorragend ins eigene Beuteschema. Wer steckt also nun hinter „Zeituhr“. Es ist das Solo-Projekt des Musikers Lars Tellmann aus Asperg, der sein Debütalbum „Zeit(r)traum“ bereits 2005 veröffentlichte. Es folgte zunächst eine längere Pause, das zweite Album erschien erst 2014, danach wurde die Schlagzahl deutlich erhöht. Nun also – der bisherigen Unwissenheit geschuldet mit deutlicher Verspätung – die Vorstellung der Musik von Lars Tellmann aka Zeituhr an Hand eines Albums aus dem Jahre 2019.
“Eskapism” startet gleich mit dem Titelstück, mit rund neun Minuten Spielzeit der zweitlängste Titel des Albums. Nach experimentellem Beginn leiten Sequenzer eine schöne Komposition ein, die speziell durch die Einbindung von Mellotronsounds eine ganz eigene Atmosphäre entwickelt. Nach einem kurzen ‘Requiem’ folgt eine weitere knapp gehaltene Nummer mit dem Titel ‘Alienated’, wo Mellotron- und Spinett-Sounds eine leicht melancholische Stimmung erzeugen.
‘Singularity’ beeindruckt mit entspannter Atmosphäre und feinem E-Piano, in seiner Machart etwas an das Werk “L’Apocalypse des Animaux” von Vangelis erinnernd. Ein sehr gelungener Titel, der zeigt, dass sich Lars Tellmann nicht ausschließlich auf eine Art von elektronischer Musik konzentriert, sondern durchaus vielseitig unterwegs ist. Er vermischt unter anderem Einflüsse der Berliner Schule mit Ambient-Passagen und macht daraus ein sehr homogenes, unterhaltsames Ganzes mit hohem Mellotrongehalt.
‘Temporary Ivory Tower’ ist mit elfeinhalb Minuten Laufzeit der Longtrack des Albums – auch hier geht es stellenweise ausgesprochen ruhig und entspannt zu. Entspannte Ambient-Phasen und lebhafte Berliner Schule Passagen sind auf “Eskapism” sehr geschickt austariert, so dass die Liebhaber beider Ausrichtungen gleichermaßen auf ihre Kosten kommen.
Unter dem Albumtitel ist noch eine Zahlenfolge abgedruckt, die da lautet: 1 21 19 26 5 9 20. Also offenbar: AUSZEIT. Die nimmt sich der Künstler nach Fertigstellung dieses Albums aber keineswegs, denn es sollten noch weitere Werke folgen, unter anderem auch der zweite Teil von “Eskapism”. Dazu demnächst mehr.
Bewertung: 11/15 Punkten
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Abbildungen: Lars Tellmann (Foto: Hajo Müller)