(61:08, 55:12; CD, digital; TogethermenT Records/Just for Kicks; 21.03.2025)
Kaum zu glauben, aber das, was hier geboten wird, ist ein waschechtes Soloalbum. Es steckt keine Band dahinter (obwohl dies ursprünglich der Fall war, damals noch mit Yes-Sänger Jon Davison und Foo Fighters Drummer Taylor Hawkins). Mittlerweile ist dies zum 1-Mann-Projekt des Riz Story geworden, der nicht nur mit ungewöhnlicher Frisur auffällt, sondern erst recht mit seinen vielfältigen Fähigkeiten als Musiker. Und nicht nur das, er ist auch für Produktion, Mix und Mastering zuständig und für die Texte dieses Konzeptalbums. Er ist nicht nur als Rockmusiker unterwegs, sondern auch als Filmmusikkomponist, Labelgründer, Poet, Fotograf. Er bezeichnet sich selbst nicht mehr per se als professioneller Musiker. Seine einzige Ambition ist, dass er Musik kreiert, die er selbst auf einer einsamen Insel gerne hören würde, weit weg von der Kakophonie der Zivilisation, wie er selbst sagt.
Story macht auf diesem Album genau das, was bei seinem Namen angebracht ist: er erzählt eine Geschichte. Die Zivilisation ist am Abgrund, als er auf eine künstliche Intelligenz trifft, die sich Eve nennt. Er möchte von ihr als „Anyone“ angesprochen werden, doch sie nennt ihn Archon. Sie bestätigte seine Aussage, dass der Mensch eine Art Parasit oder Virus ist, der alles zerstört, was er anpackt. Derlei Gespräche sind in die Musik integriert, die hier als eine vielschichtige Mischung aus Progressive Rock, Metal, Symphonic Rock, Fusion und Alternative daherkommt. Musikalisch ist er sich damit treu geblieben, denn das musikalische Konzept auf dem auch hier besprochenen Album „Miracles in the Nothingness“, ebenfalls ein Doppelalbum, ist ähnlich. Er überzeugt nicht nur als Sänger, sondern an allen Instrumenten, sei es Gitarre, Bass, Tasteninstrumente oder sogar Schlagzeug, wobei der Hauptakzent auf der elektrischen Gitarre liegt.
CD 1 beginnt gleich mit einem Longtrack, dem 16-minütigen ‚If Your World Should Fall‘, der gleich die ersten Konversationen zwischen Archon und Eve beinhaltet. Die AI begrüßt mit einem „Guten Morgen“, weist auf die enormen Temperaturen hin und dass Archon genau 17,3 Minuten Zeit für sein Frühstück hat (für AI mag das normal sein, aber wer gibt schon solch eine Zeitangabe in Dezimalstellen an?). Archon bittet die AI, etwas Musik zu spielen. Auf die Rückfrage, welche Art von Musik es denn sein soll, gibt er die (schwer verständliche) Antwort „Some Maximum Acid“. Und los geht es mit dem Album. Passt, denn die Presse hat früher die Musik von Anyone genau als das beschrieben, nämlich maximum acid. Der erste Song ‚If Your World Should Fall‘ ist sehr wuchtig, mal heavy, mal symphonisch, und zeigt gleich die ganze Bandbreite, die dieser höchsttalentierte Musiker anzubieten hat. Es bleibt bei weitem nicht die einzige längere Komposition, mit ‚In the Wake of Time‘ (ebenfalls knapp 16 Minuten lang) und dem fast 19-minütigen ‚The Sky Broke Open‘ enthält die erste Hälfte noch zwei weitere Langläufer. Das ist wahrlich keine leichte Kost, die hier geboten wird. Teils sehr wuseliges Schlagzeug, auf der E-Gitarre zaubert er rasante Soli, die mal den Metalfan und mal den Freund des Fusion Genres ansprechen müssten. Dem zugrundeliegenden Grundthema entsprechend klingt es bisweilen etwas düster und auch mal ziemlich hektisch.
Die zweite CD beginnt ungewöhnlich ruhig, wobei feines Klavierspiel zunächst die Akzente setzt. Doch schnell setzt wieder Tempo ein und die eingestreuten Flitzefinger-Gitarrensoli beeindrucken wie auch schon im ersten Teil. Der zweite Song, ‚Faded Lullaby‘, hat mehr als nur für einen minimalen Part was von Pink Floyd („The Dark Side of the Moon“) und auch später wird mal das Tempo etwas zurückgenommen. Nach den fünf meist recht langen Songs hat die zweite CD sieben Titel, davon fallen einige recht kurz aus, drei Songs haben Spielzeiten um die zwölf Minuten. Die Tasteninstrumente kommen gerade in den ruhigeren Parts deutlich mehr zur Geltung. Hat sogar gelegentlich ein bisschen was von IQ im starken Titelsong. Zum Abschluss folgen noch zwei sehr ruhige, kurze Nummern. Eve bereitet Archon darauf vor, dass die Erde sehr bald nicht mehr bewohnbar sein wird und die menschliche Rasse nun ausstirbt, tröstet ihn aber damit, dass das Nichts sehr schön ist. Das Album endet mit Synthesizerflächen, wunderschöner Gitarre und Gesang so, als ob er langsam ins All entschwindet. Großartig!
Was aus Rezensentensicht auch schon für den Vorgänger galt, trifft auch hier zu: manchmal kommt das Gefühl auf, dass es etwas „too much“ ist – allerdings auch gepaart mit der Bewunderung dafür, was der Musiker hier alles leistet, denn das ist enorm.
Bewertung: 11/15 Punkten
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Besetzung:
Riz Story – all instruments and vocals / mixing / mastering / production / music / lyrics
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Rezensionen:
„Miracles in the Nothingness“ (2023)
„In Humanity“ (2021)
Abbildungen: Anyone