Ein Familien- und Freunde-Treffen mit ganz viel Musik
Der seit über knapp 25 Jahren hier in Deutschland lebende Amerikaner ludt zu einem seiner seltenen Live-Events ein. Man weiß bei David: diese eher raren Konzerte sind dafür angefüllt mit viel Musik, privater Atmosphäre und ganz viel Leidenschaft. Dass es mich dabei in eine meiner frühesten Lieblings-Locations nach Treptow führen sollte (hier fanden für Jahre Mitte der Neunziger viele wundervolle Dark-Wave-Events statt), war ein kleiner liebevoller Nebeneffekt. Mittlerweile finden dort leider seit zig Jahren kaum noch relevante Konzerte im alternativen Sektor statt. Also die beste Freundin und ältere Schwester vom Sofa gerissen und ab an die Spree. Dieses kleine Happening wurde noch zusätzlich vom Geburtstag des Sängers aufgewertet – mit kleinem Festzelt für Kids und Gäste, die vielköpfige Familie und noch mehr Freunde, Weggefährten und nahestehende Fans, was dem Abend umso mehr eine sehr intime, private Aura verpasste.
Mit dem wundervollen "Everything A War" hat David im Frühjahr ein kleines Meisterwerk veröffentlicht und ja, ein wenig wurde es Zeit, diese schönen Songs neben vielen alten Klassikern mal mit voller Live-Band zu erleben, tritt der Ami hier und da ansonsten eher unplugged als Solo-Act auf. Die Einladung zum Kulturhaus – idyllisch bei Abendlicht an der Spree gelegen – folgten wir gerne im tristen November, um mit der kompletten Familie und vielen Freunden, Wegbegleitern und Fans in kleiner, uriger Atmosphäre den Moment zu feiern. Die eher kleine Location bot schätzungsweise gerade mal um die 100 Zuschauern Einlass – egal, umso gemütlicher war es. Ein guter Platz vorne, seitlich an der Bühne, ließ mich ganz in Ruhe das muntere Treiben an diesem Abend verfolgen und genießen.
Für David selbst gab es vorher eine kurze Umarmung und ein liebevolles Hallo, für mehr reichte es leider nicht an diesem Abend. Man merkte ihm an, dass er als Hauptfigur, Geburtstagskind und Koordinator sämtlicher aktueller und früherer Band-Members an diesem Abend den Kopf voll hatte und ein wenig aufgeregt war. Die Frage, ob wohl alles gut durch den Abend hindurch funktionieren sollte, kann natürlich, so viel vorweg, ganz klar mit ja beantwortet werden. Der Abend war ausverkauft (eine Vorband brauchte es nicht), der Ami, dafür bekannt, wenn er denn mal die Bühne stürmt, diese so schnell nicht wieder zu verlassen und gerne mal einen dreistündigen Set zu performen. Dies dürfte ich bereits in 2023 erleben und auch dieser Abend hier sollte lange gehen.
Mit der aktuellen Inkarnation um Felix und Robert ging es los. Neue Tracks wie 'Drones & Satellites' und das treibende 'Songs In the Key Of You' hatte man nach vielem Hören in diesem Jahr fest im Ohr. Die drei mussten sich erstmal eingrooven, alles war auf der kleinen Bühne reduziert, fürsorglich und freundschaftlich gehalten. Die dynamische Power, welche auf dem Studioalbum dank vieler kleiner Effekte immer einen fülligen, orchestraleren Mantel erfuhr – gerade bei 'Learn To Resist' oder dem epischen Übersong 'The Old World Is Gone' – blieben zwar in dieser Live-Variante mit auch nur einer Gitarre pur und unverfälscht – manchmal fehlte mir aber hier und da der energetische, eher volle Drive/Effekt, den die Songs im Original auf Platte versprühen.
Dies war marginal oder eine subjektive Wahrnehmung – viel schöner war es aus der Nähe zu beobachten, mit wieviel Hingabe und Aufmerksamkeit mit dem Publikum, aber auch untereinander mit den Musikern agiert wurde. Die Besetzung wurde permanent alle paar Songs gewechselt – alte und neue Gassenhauer im steten Wechsel – sodass mit wahnsinnig viel Sympathie und Rücksichtnahme unter den Musikern auf diesem schmalen Raum performt wurde. Mit Anne de Wolff (u.a. Calexico, Rosenstolz) an der Violine war man musikalisch immer irgendwie nah am folkigen Rock – handwerkliche Leidenschaft ergänzte sich hier um ein Vielfaches zum eh sehr intensiven Spiel von David.
Das Teenager-Töchterchen Maisha, welche auch auf der letzten Platte bereits musikalisch beteiligt war ('No Fear, No Love, No Lie'), bekam an diesem Abend bei einigen Songs zusätzlich einen Ehrenplatz neben ihrem Vater und wurde nach berechtigter anfänglicher Nervosität immer souveräner und lockerer. Eine einfach schöne Nebengeschichte, saßen die Kids des Musikers sowieso direkt vor der Bühne und auch Davidd bessere Hälfte erlebte direkt vor der Bühne den musizierenden Ehemann nebst Tochter. Permanent switchte der Musiker innerhalb der Diskografie, die Musiker tauschten die Plätze und persönliche Oldschool-Lieblinge wie 'Beautiful You' oder noch mehr 'The Shore' durften natürlich nicht fehlen. Danke dafür.
Knapp 25 Songs in wieder bald drei Stunden – ob ausschließlich akustisch, folkrockig oder mit voller alternativer Rock Power – viele kleine Anekdoten – die Musiker gaben sich keine Blöße und dieser besonders harmonische Abend wird sicherlich jedem Gast erneut in ausschließlich positiver Erinnerung bleiben, wussten familiäre Herzlichkeit und Menscheleien einen besonderen Platz zu finden. Und wenn David sogar Gäste im Publikum anspricht, auf deren Hochzeit er weit zurückblickend in Amerika ein Stelldichein gab, dann schließt sich so mancher Kreis. Ein runder Abend voller entspannter und emotional leidenschaftlicher Musik. Schön, dies alles mit Familie aus nächster Nähe erleben zu dürfen, dafür sag ich gerne "Danke David!".
Besetzung:
• David Judson Clemmons - Gitarre, Vocals
• Felix Ritz - Bass
• Robert Goldbach - Drums
• Anne de Wolff - Violine
• Maisha Judith Clemmens - Vocals
• James Schmidt - Drums
• Oliver Grauer - Bass
• Jan Hampicke -
Fotos:
Mathias Naumann
Jose Marques Ruas
Caroline Wimmer
Maude Fornaro
Surftipps:
• Homepage
• Bandcamp
• YouTube
• Rezensionen & Liveberichte
Weitere Surftips:
• Kulturhaus Insel Berlin
















