(87:40; Vinyl, digital, Cassette; Trillerfisch Records/Cargo Records; 25.04.2025)
Das ist schon etwas Besonderes, was hier zur Besprechung vorliegt, und zwar in vielerlei Hinsicht. Zunächst einmal der Tonträger: es handelt sich um eine sehr schön aufgemachte Dppel-LP mit umfangreichem und sehr informativen Booklet. Eine CD-Fassung gibt es hiervon nicht, wohl aber eine Version als Cassette, da passt die Laufzeit von knapp 90 Minuten natürlich hervorragend. Das Album stammt von Schmitz & Niebuhr, doch ein derartiges Duo tritt hier gar nicht an, denn der Kern dieser Formation ist ein Trio, bestehend aus Bernd Wilberg, Marco Trovatello und Dierk Düchting. Hinzu kommt eine beachtliche Zahl an Gastmusikern (siehe unten).
Das Konzeptalbum dreht sich um den Kölner Stadtteil Porz und dessen Eingemeindung, Und da kommt auch die Jahreszahl im Albumtitel ins Spiel, denn es ist jetzt genau 50 Jahre her, dass es zur umstrittenen Eingemeindung der Stadt Porz kam. In sehr liebevoller Art und Weise wird hier Porz dargestellt, eine Art musikalischer Roadtrip durch Porz. Das Doppelalbum enthält insgesamt 16 Songs, jeder einzelne Song stellt eine Haltestelle in Porz dar, und so lauten die Titel und damit die Reise:
Intro: Porz am Rhein – Westhoven – Ensen – Porz-Centrum – Zündorf –
Langel – Libur – Lind – Wahn –
Wahnheide – Flughafen – Grengel – Elsdorf – Urbach –
Eil – Gremberghoven – Heumar – Outro: Porz (jetzt Köln).
Auf einem Song werden alle Haltestellen angesprochen und im Chorgesang wiederholt – bis auf die letzte. Zufall? Wohl kaum, wenn man sich die ausführlichen Beschreibungen im Beiwerk anschaut. Dort wird eine ordentliche Portion Frustration deutlich. Der 1. Januar 1975 wurde zum großen Einschnitt für Porz, das 1951 aufgrund des rapiden Wachstums Stadtrechte verliehen bekam, aber das 25-jährige Jubiläum nicht mehr erleben durfte, da halfen auch Volksbegehren und juristisches Vorgehen nicht.
Die musikalische Umsetzung setzte ein gewisses Grundkriterium voraus, nämlich soweit möglich nur Instrumente zu benutzen, die es auch schon 1975 gab. Da gab es bekanntlich ja schon längst das Mellotron, das hier speziell in der zweiten Hälfte hin und wieder mal zum Einsatz kommt. Allerdings stehen die Tasteninstrumente gar nicht so sehr im Vordergrund. Auch geht es nicht unbedingt hochkomplex zu Werke, doch immer wieder mal kommen Prog Elemente vor. Die Musik ist recht farbenfroh, der größte Teil ist instrumental gehalten, die meisten Gesangsarrangements bestehen aus lautmalerischem Gesang oder Sprechpassagen. Im Rhythmusbereich arbeiten sie sehr einfallsreich, und auch die diversen Einsätze an Bläsern (durch den leider kürzlich verstorbenen Klaus Wegener) und an den Streichern sorgen für eine besondere Note. Und am Ende folgt auf ein sehr schönes Akustikgitarrensolo der Spielmannszug. Fein. Das Album zu hören hat Spaß gemacht!
Der Coverrückseite ist übrUnd hier noch die Aufklärung, warum das Trio Wilberg, Trovatello und Düchting unter dem scheinbar verwirrenden Namen Schmitz & Niebuhr antritt.
Schmitz & Niebuhr (Klaus C.Niebuhr und Wilfried Schmitz) ist als Duo kurz vor der Jahrtausendwende gestartet und hat im Laufe der Zeit immer wieder mit musikalischen Gästen gearbeitet und seit 2001 immer wieder mit dem Schlagzeuger Dierk Düchting. Der Name „Schmitz & Niebuhr“ wird auch mit neuen Bandmitgliedern beibehalten, der Name steht nicht für ein Duo, sondern ist ein Name für den musikalischen Ansatz.
igens zu entnehmen, dass dieses Album durch das Kulturamt der Stadt Köln gefördert wurde. Aufgrund der ausgesprochen liebevollen Aufmachung und Umsetzung kommt bei der Bewertung noch ein Extra-Sympathiepunkt hinzu.
Bewertung: 11/15 Punkten
Besetzung:
Bernd Wilberg – Konzertgitarre / Feldaufnahmen / elektrische Gitarre / Synthesizer / Chor / Vocoder / Sprecher / Drumcomputer / Stylophon / Melodica / Sequenzer
Marco Trovatello – E-Bass / Bass-Pedal / Synthesizer / Vocder / Chor / Drumcomputer Feldaufnahmen
Dierk Düchting – Schlagzeug / Cajon / Chor / kleine Trommel / Glockenspiel
Thomas Widdig – elektrische Gitarren / Cabasa / Schüttelrohr / Lapsteel / Chor / Saz / Talk Box / Gesang / Westerngitarre
Birte Dachding – Klavier / Rhodes Piano / Wurlitzer Piano / Clavinet
Astrid Vouleberre – Honky Tonk Piano / Celesta / Glocken / Orgel / Spinett / Mellotron / Kastagnetten
Klaus Wegener – Querflöten / Altsaxophon / Tenorsaxophon / Klarinette
Elise Schirrmacher – Violine
Lisa Heinold – Viola
Holger Eggemann – Cello
Aron Krause-Arit – Trompete
Martin Erdmann – Posaune
Britta Kölsch – Altblockflöte
Anna Egbringhoff – Sopranblockflöte
Richard King – Feldaufnahmen
Johann Wilberg – Akkordeon
Ulf Möller – Schlagzeug
Maja Lüer – Gesang
Annette Ciura – O-Ton Stimme
Guido Möbius – Chor
Claus Lüer – Rückkopplungen / Gesang / Chor
Anna Egbringhoff – Chor / Stimme /
Ingrid Kromen – Chor / Stimme / Gesang
Spielmannszug Freiwillige Feuerwehr Köln-Porz-Langel von 1949
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Abbildungen: Schmitz & Niebuhr