(67:12; Digital; Eigenveröffentlichung; 21.02.2025)
Ich bin spät dran, der Winter ist vorbei (der nächste kommt bestimmt) und es wird Zeit, euch dieses orchestrale Doom/Ambient/Post-Projekt aus Texas vorzustellen. Es gibt Platten, die mit einer so speziellen Aura magnetisieren, deren man sich schwer entziehen kann, ist man in der richtigen Gemütsverfassung dafür. Man muss sie nicht oft hören, es muss nur im richtigen Moment passieren. Dies trifft definitiv für das Projekt von Christian Culak zu und Freunde des atmosphärisch pathetischen Nischen-Sound werden hoffentlich ihre Freude an dieser Empfehlung haben. Ich liebe ja die Russen von Kauan über alles, die mit ihrem berührend epischen Atmospheric-Post-Doom-Rock seit vielen Jahren bereits auch so eine abgeschlossene Welt für sich darstellen. Culak kann laut Bandcamp einige Releases in kurzer Zeit vorweisen, “Wayfarer“ hat gnostisch, konzeptionelle Züge, erzählt was über die Reise nach Innen, wo sich Schmerz und Transformation treffen.
Der konzeptionelle Überbau passt, dazu kommt, dass sich die vier Songs mit Längen um die fünfzehn Minuten ordentlich die Zeit nehmen, den Hörer an die Hand zu nehmen und weit in die eigene Welt zu ziehen. Soundtrackartige Gebilde, die einerseits schwer orchestral ausufernd, auf dem Fundament von langsamem Doom/Post-Metal monotone Sogwirkung herstellen. Man zirkuliert meist im zähen Tempo, kombiniert hypnotisch sakrale Synths, Elemente des Post Black, Doom und atmosphärischen Post-Sounds und die jederzeit pathetische Musik nimmt sich wirklich jede Zeit und Platz, um sich Stück für Stück in Dir aufzufächern. In die Breite malende, wunderschön melancholische Postrock-Gitarren, die wie in ‚Set Mail From The Watchful I‘ kurze Auszüge von Raserei zulassen, aber schnell wieder den betont ausufernden Slo Mo Rhythmus aufziehen, erzeugen Tiefenwirkung. Wo früher klare Vocals und gelegentlich derbe Growls regierten, funktioniert “Wayfarer“ als ausschließlich konzeptionell instrumentaler Trip. Christian macht offenkundig alles allein und der Home Recording Vibe ist irgendwie fast zwangsläufig ein fehlendes organisches Element, was zum Glück nicht zu tragisch ins Gewicht fällt – aber natürlich den Unterschied zu meinetwegen Kauan am Ende doch deutlich macht.
Viele sehr atmosphärische Gitarren-Arrangements, flirrende Ambient Sounds, alles voller Schwermut und Grandezza – ein dichter Sound, wahlweise Schönklang, in dem sich gut abschalten und verlieren lässt. Majestätisch driftet man gern minutenlang schleppend im verklärten Modus, bäumt sich hier und da zu einer Wall of Sound auf, lässt meist aber ein spezielles Melodie-Thema Schicht um Schicht in die Verdichtung kommen, ohne großartig zu variieren. Dies aber gibt dem Ganzen seinen speziellen Sog, so dass ‚Across The Ocean Gnosis‘ orchestrale Neo Klassik-Elemente, perlend wehmütige Pink Floyd Gitarren Stück für Stück auftürmt, die Emotionen anrührt und ich mich an so manch Übersong des “Pirut“-Albums von Kauan erinnert fühle. Im letzten Stück ‚Three Mountains Ashore‘ kommt es dann so richtig schön dick. Das einfache, aber prägnant sakrale Melodie-Thema wälzt sich durch knapp 16 Minuten Pathos und Epik. Erwarte keine Progressivität im klassischen Sinn, dafür sollte Dich im richtigen Moment der majestätisch verletzliche Mix aus instrumentalem Doom, cinematic Postrock, Soundtrack, Klassik und Ambient umso mehr in eine Fantasiewelt ziehen.
Bewertung: 11/15 Punkten
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Abbildungen: Culak