»Ich steh ja nicht so auf Coverbands …«
Na wunderbar, das geht ja gut los – mit einem knötternden Fotografen. Zickig, diese Lichtbildkünstler! Mitgekommen ist er dann aber jottlob doch. Und ist post festum auch ein wenig zurückgerudert: »Ich merk grad, dass die “Selling…” wohl meine absolute all-time Inselplatte wäre – und dass The Watch dieses Erbe sehr, sehr gut und ernsthaft darbieten … Scheiße, werd‘ ich jetzt doch noch Fan von Coverbands??? Aaaaaaaahhhh!«
Doch es gab noch mehr Überraschungen an diesem Abend. Zum Beispiel: Der Autor selbst war immer schon einfach neugierig auf das zugegeben nicht unproblematische Phänomen Tributes/Coverbands, ob nun bezüglich Pink Floyd (wo ja nun alles von armselig bis atemberaubend geht), Iron Maiden (da gibt‘s Tributes, die ich noch erheblich heißer finde, als das Original), Metallica, AC/DC… Und wollte insofern gerne endlich mal erfahren, wieso eigentlich diese bereits 1997 als The Night Watch gegründete italienische Formation (mit übrigens jeder Menge eigenem Material, siehe ganz unten) regelmäßig den Lieblingsclub vor der Haustür füllt. Gut füllt. Diesmal sogar komplett ausverkauft.
Unser Lokaltermin in der Harmonie lieferte wertvolle Hinweise zur Erklärung des Phänomens. Ein Konzertbesuch bei The Musical Box kostet inzwischen ein Vielfaches von dem, was man in den Siebzigern für Genesis hätte raushauen müssen – reproduziert dafür aber eine zugegeben verblüffend authentisch restaurierte, reinstallierte Optik. Aber wenn man bei einem Auftritt von The Watch – Zutritt für einen Bruchteil des von TMB aufgerufenen Obulus – einfach nur die Augen schließt => Time Tunnel!
Hinzu kommt, dass Simone Rossetti (lead vocals, flute), Valerio De Vittorio (keyboards, synthesizers, vocals), Mattia Rossetti (bass, guitars, vocals), Francesco Vaccarezza (drums, percussion, vocals) und Andrea Giustiniani (lead guitars) ein paar der freundlichsten Menschen sind, die man je auf, vor und neben einer Bühne erlebt hat.
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Eingeleitet und authorisiert u.a. von einem eingespielten Grußwort von Steve Hackett (der auch schon auf Alben von The Watch mitgewirkt hat) ging es nun mit einer Live-Reproduktion von “Foxtrot” los. Und ab dem Mellotron-Weckruf eingangs von ‘Watcher Of The Skies’ hat es der Autor immer wieder mit Kopfkino, bei geschlossenen Augen, bewenden lassen (Harald allerdings erfreulicherweise nicht).
Umwerfend: Noch am Vorabend hatten wir bei Voyager IV mit Johannes Kuchta auf der gleichen Bühne jemand erleben dürfen, dem die Wärme, Klugheit und Zerbrechlichkeit des stimmlichen Ausdrucks vom späten Peter Gabriel gegeben ist. Simone hingegen hat – auch heute noch – die Stimme des jungen PG.
Btw.: Der Autor hat das Vergnügen der Bekanntschaft mit einer Handvoll in ihrem Heimatland geborenen und aufgewachsenen Italienern. Ausnahmslos sind die alle sehr kommunikativ bis mitteilungsfreudig oder gar – in einem Fall – permanent laut. Und alle, ausnahmslos, selbst die mit Germanistik- und Anglistikstudium, mit einem fetten Akzent unterwegs, ob sie sich nun auf Englisch, Deutsch oder sonstwie ausdrücken. Nichts davon gibt es bei Simone, was sich zwischen uns und Gabriels mythische Lyrics schieben könnte.
‘Get ’em Out by Friday’ – kann es noch schärfer werden? Vielleicht später noch ein wenig.
Wenn man doch mal gerade ein Auge riskiert hat, war der unglaublich kompetent aufspielende und dabei dauerlächelnde Drummer Francesco Vaccarezza vielleicht der effektivste Blickfang von vielen.
Klausi: „Wie der junge Daniel Gildenlöw!
Hoppi: „Gar nicht!“
Klausi: „Oh wohl.“
Hoppi: „Kein bisschen!“
Klausi: *augenrollt*
To be continued…
So faszinierend dieser Dialog auch war – Erkenntnisse zwischendurch: Wie catchy das doch alles ist – trotz absurder Tempi- und Rhythmuswechsel. Melodie und Wohlklang pur.
Anekdote: Es war richtig heiß im ausverkauften Club. Hoppi war aufgefallen, dass Francesco nicht nur powerdrummte. Und dabei dauerlächelte. Sondern dabei natürlich auch schwitzte wie’s Tier. Und deswegen seine eine armselige Flasche Aqua Minerale auch längst ausgetrunken hatte.
Es sagt Einiges über diesen Menschen, dass Hoppi im Folgenden nicht ruhte, bis er dem Schlagwerker höchstselbst eine neue Pulle über den Bühneneingang direkt ans Drum Kit geliefert hatte.
Nach der Pause Umgleisen auf “Selling England By The Pound”.
Dazu vergleiche man einfach Haralds Aussage ganz oben. Es war ganz wunderbar! Mit ‘Cinema Show’ als magischem Höhepunkt.
Dass der Schmierfink sich – auf einen Lumpensammler-Bus hoffend – dabei bereits verzogen hat, wurde prompt mit seinem Lieblingssong von Genesis, ‘The Knife’ (von der “Trespass”), als Zugabe bestraft. Wie der Fotograf schadenfroh berichtete…
Aber das wird nicht der letzte Auftritt von The Watch in der Region gewesen sein (nur mal so als Beispiel: 30. November 2024, Köln, Kantine). Und nicht der letzte für uns…
Live-Fotos: Harald Oppitz
Setlist vom Le-Triton-Gig, Frankreich.
Surftipps zu The Watch:
Homepage
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ProgArchives
Wikipedia
Rezensionen:
”The Art Of Bleeding” (2021)
”Seven” (2017)
”Tracks From The Alps” (2014)
”Timeless” (2011)
”Planet Earth?” (2011)
”Primitive” (2007)
”Vacuum” (2004)
”The Ghost” (2001)