(More than) Six Days Of Calm. And then there was Gloomaar…
Die herrliche Tafelrunde von Sir Damian Wilson und der Geoff Tate-Abriss waren beide wirklich schon etwas mehr als sechs Tage her, als wir uns – diesmal für Floh übrigens avec toute la familie – auf die Pilgerfahrt zu einem unserer Lieblingsfestivals begaben. Andernorts schon mal als “das entspannteste Festival, das wir kennen” beschrieben – weil hier alles immer so am Schnürchen läuft: Die Festival-Orga selbst von den Stage Times bis hin zum Catering. Das Sounderlebnis. Und das ganze Drumherum (Unterbringung, Beer Tastings mit Selbstgebrautem – thx to Monkey Factory Brewery!). Und natürlich die Fans…
Übrigens wirklich immer wieder schön, wenn man mit Unbekannten ins Gespräch kommt, die sich dann als zufriedene Leser unseres Mags zu erkennen geben 😊.
Eigentlich fehlt es dem von uns seit Jahren mit freudigem Stolz präsentierten Format mit seinem unfassbaren Preis-Leistungs-Verhältnis (sieben immer starke oder zumindest sehr interessante Bands für 45€!) unserer unmaßgeblichen Meinung nach wirklich nur noch an einem Quäntchen “bonding”. Wie früher schon mal angemerkt: Gruppen für die Fans in Social Media, Sitzmöglichkeiten draußen vor der Halle und dem immer wieder unfassbar schönen Industrieareal, vielleicht ein – gerne auch winzig kleines – Pre-Event. Das würde vermutlich den eh unaufhaltsamen Kult noch etwas schneller wachsen lassen.
Vandermeer
Aber auch so schon war alles von Anfang an so richtig schön. Zum Beispiel der Opener. Die bei Barhill Records unter Vertrag stehenden Indie Rock-/Shoegaze-Vertreter hatten wir vor dem Festival-Announcement so gar nicht auf dem Schirm. Und lernten:
Since 2016 the band is composed of Harmke van der Meer (Vocals, Synthesizer; daher der Name), Florian P. Stiefel (Guitar, Kaossilator, Noise), Jo Hansson (Vocals, Bass, Noise, Synthesizer) and Bernd Erasmy (Drums, Noise).
Allein schon durch das, was Harmke zu Songs wie ‘Napoli Centrale’ und ‘Più Più’ auf der Bühne an “Wassergymnastik” vorturnte, war das ohnehin höchstens ein µ dünne Eis zwischen Band und Publikum so schnell wie nachhaltig gebrochen. Auffällig hier war neben ihrem sehr nach “Alternative” klingenden, teils an Krezip erinnernden und daher grundguten Gesang das Post-Rock-Flimmern der Gitarre über teils sehr straighten, harten Beats.
‘All Sleek All Glass”: Harmke hüpfte wie Rumpelstilzchen. Aber der Boden tat sich nicht auf. Jottlob. Mit ‘Time Was Up’ hatte dieses erz-sympathische Quartett einen auch namentlich enorm passenden Titel für die Verabschiedung gewählt.
Setlist:
01 Intro 01.21
02 Napoli Centrale 06.11
03 Più Più 04.12
04 All Sleek All Glass 04.38
05 Tolstoi 07.13
06 The Other Button 05.48
07 Oh So Bold We Stare 04.54
08 Time Was Up 04.21
Six Days Of Calm
Auf 6DOC hatten wir uns ausdrücklich gefreut, weil das aktuelle Album “My Little Safe Place” ordentlich Eindruck in der Redaktion hinterlassen hatte. Bei der “deutlich stärkeren Klassik-Note” (Violine und Trompete – das ist wie eine Instrumental-Version der Isländer Sigur Rós” gab es allerdings leider Fehlanzeige. Doch das sehr auf den Komponisten/Multiinstrumentalisten Marc Fischer (live: am Bass) aus Würzburg zugeschnittene Set (eine Live-Premiere?) begeisterte trotzdem mit dem erhabenen, Bilder im Kopf evozierenden Post Rock der gebotenen Longtracks. Mit als möglichem Highlight ‘Uncertainty’, mit seinem an Alcest erinnernden, hier wortlosen Gesang und Piano (vom Band). Einziger Punktabzug: Das Schlagzeug erschien insgesamt etwas zu laut und ruppig im ansonsten wie stets beim Gloomar enorm feinzeichnenden Sound.
Setlist:
01 Distance 11.29
02 The Final Notes 05.47
03 Transition 07.28
04 Breath 08.03
05 Uncertainty 08.46
Fvnerals
Next up hätten eigentlich E-L-R sein sollen. Wir waren mehr als glücklich mit dem mit Fvnerals gefundenen Ersatz, der sogar den ersten Höhepunkt des Festivals markierte. Das konnte auch gar nicht anders sein, zu intensiv war der “Maelstrom”, in den Chanteuse und Bassistin Tiffany Ström und ihre Leipziger Mitstreiter uns mit ihren Rezitationen über dauerhaft vergleichsweise langsamer, aber ungemein dramatischer Musik hineinziehen. Das blieb magisch und aufregend – von ‘Ashen Era’ bis zum Closer ‘Where’. Bei dem die Enchantress nur noch von Band-Mitbegründer Syd Scarlett an der Gitarre begleitet wurde. Was den Song noch mal intensiver machte.
Setlist:
01 Ashen Era 07.50
02 For Horror Eats the Light 07.25
03 Annihilation 05.16
04 Yearning 05.35
05 Crown 07.16
06 Where 05.29
Spurv
Spurv, das Sextett aus Olso, kamen mit ihrem vierten Album “Brefjære” und den Posaunen von Jericho im Gepäck über das Festival. Wie diese beseligende zusätzliche Klangfarbe den eh schon begeisternden sehr, sehr skandinavisch erhaben klingenden Post Rock der Norweger auflädt und bereichert, muss man erlebt und im Magen gespürt haben – das kann man kaum beschreiben. Bislang zweitbeste Band des Festivals. Mit Abstand am begeisterndsten war das letzte Stück ‘Urdråpene’.
Setlist:
01 En brennende vogn over jordet 09.47
02 Fra dypet under stenen 07.31
03 Til en ny vår 10.14
04 Et blekt lys lyder 05.30
05 Og ny skog bæres frem 04.45
06 Urdråpene 09.12
Heretoir
Die Formation aus Augsburg stach aufgrund der tollen Leistung von Sänger David “Eklatanz” C. aus dem Gesamtangebot heraus. Offeriert wurde exzellenter Post Rock mit Shoegaze- und live stets dezenter als bei den Studio-Versionen bleibenden, aber durchaus noch beißenden Black-Metal-Ingredienzien. Highlight bei ihrem insgesamt starken Auftritt war das hypermelodische Finale ‘The Circle (Omega)’.
01 Exhale 05.19
02 Twilight of the Machines 08.47
03 Heretoir 06.29
04 Graue Bauten 06.45
05 Golden Dust 07.58
06 Wastelands 06.42
07 The Circle (Omega) 09.25
Leech
Die Schweizer (wer hottz erfundn? Na, Ihr mal sicher den Gänsehaut-evozierenden Einsatz von Glockenspiel im Post Rock) machten den Sack souverän beinahe zu. Ansonsten soll mal hier unser langjähriger Musik-Kumpel Alexander Moell zu Wort kommen:
“Die Schweizer Post-Rock-Pioniere Leech, seit ihrem ersten Album “Instarmental” von 1996 kontinuierlich weiterentwickelt, begeisterten mit einer einzigartigen Fusion von Tanzbarkeit und anspruchsvollen Klangteppichen. Ihre audiovisuelle Reise, begleitet von perfekt abgestimmten Lichteffekten, führte das Publikum durch tanzbare Melodien, feine Soundlandschaften und exzentrische Klangmuster. Leech setzte neue Maßstäbe für die Tanzbarkeit von Post-Rock und wurde zum Höhepunkt des Tages. Leech schufen eine mitreißende Performance, die durch ihre langjährige Erfahrung und innovative Klangexperimente geprägt war.”
Well roared. Leech kann man erwiesenermaßen begeistert am vordersten Bühnenrand oder genau so toll im (sich ergeben habenden) intensiven Gespräch quasi nebenbei erleben – es bleibt live immer toll!
Setlist:
01 October 07.20
02 Sure! Looks Real 07.06
03 The Man With The Hammer 10.09
04 Melide 06.21
05 Echolon 09.25
06 Hell 8 09.12
07 Inspiral 13.37
Colour Haze
Geständnis: Der Autor hat diese in Deutschland sehr bekannte Stoner-Band schon verschiedene Male live erlebt. Und war bislang jeweils von den anderen anwesenden Bands (z. B. Im “Up In Smoke”-Format) mehr beeindruckt als von der Formation um Ober-Farbenmischer Stefan Koglek aus Reichertshausen. Die mangelnde Begeisterung über dessen doch eher perkussiven, aber dabei dominierenden Stil beim Gitarrenspiel und wenig tragenden Sprechgesang hielten auch beim Gloomaar durchaus an. Zu einem Fest wurde der Auftritt – laut zahlreichen Gesprächen nicht nur für meiner einen – aber durch den mit weitem Abstand besten Schlagzeuger und auch überzeugendsten Keyboarder des ganzen Abends – was für ein Duo!
Setlist:
01 Turquoise 06.07
02 Goldmine 04.26
03 Aquamaria 12.06
04 Labyrinthe 08.26
05 Skydancer 07.20
06 Skydance 10.50
07 Ideologigi 11.11
08 Überall 08.10
09 Transformation 21.39
Fazit:
Sie haben es wieder getan. Also die Neunkircher Kulturgesellschaft und Festival-Kurator Tim Masson. Der Autor bei der sukzessiven Bekanntgabe des Festival Line-ups so: “Hm.” “Ah ja?” “So so, wirklich in DER Reihenfolge?” “Nett.” “Huch, kenne ich ja gar nicht?”
Und nach Ende des Festivals dann wieder, wie jedes Jahr: “WAS für ein Billing, was für eine Dramaturgie!!!”
Außerdem mache ich persönlich mir seit dieser Festival-Ausgabe entschieden weniger Sorgen um die Zukunft der Szene. Wenn Kinder zu DIESER Musik und Lightshow SO tanzen und spielen, werden sie auch als Erwachsene immer noch auf “unsere” Festivals und Konzerte gehen. So es die denn noch gibt…
Sicher geben wird es die nächste Gloomaar-Ausgabe. Und zwar am 16.11.2024.
Bühnenfotografie:
Prog in Focus
Randszenen:
Klaus Reckert
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Rezensionen:
“Live, Vol. 1 – Europa Tournee 2015” (2016/2021)
“We Are” (2019/2020)
“In Her Garden” (2017)
“To The Highest Gods We Know” (2015)
“She Said” (2012)
“Burg Herzberg Festival 18.Juli 2008” (2009)
“All” (2008)
“Tempel” (2006)
Konzert- & Festivalberichte:
16.03.17, Köln, Live Music Hall
28.02.15, Köln, Live Music Hall, Up In Smoke Vol. V
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Rezensionen:
“If We Get There One Day, Would You Please Open The Gates?” (2013)
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“Myra” (2018)
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“My Little, Safe Place” (2023)
“The Ocean’s Lullaby” (2020)
Interview:
Marc Fischer, Six Day Of Calm, über “The Ocean’s Lullaby” (2020)
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Weitere Surftips:
Festival: Gloomaar Festival
Veranstalter: Neunkircher Kulturgesellschaft
Venue: Neue Gebläsehalle