Seit drei Jahrzehnten versorgt das von Mario Schönwälder gegründete Label Manikin Records die Menschen mit atmosphärischer, handgemachter elektronischer Musik. Deren neuester Output ist das vorliegende Langspielalbum “The Vlagtwedde Tapes” des niederländisch-deutschen Trios Broekhuis, Keller & Schönwälder. Labelgründer Mario Schönwälder hat in Kooperation mit seinen Freunden Detlef Keller und Bas Broekhuis bereits eine kaum noch überschaubare Diskografie in der Hinterhand.
Wie man sich am Titel des neuesten Albums bereits zusammenreimen kann, wurden die Aufnahmen (größtenteils) in Vlagtwedde in der niederländischen Provinz Groningen durchgeführt. Das eingeklammerte Wort im vorigen Satz hat es schon verraten, dass es eine Ausnahme gibt. Das letzte Stück des Albums – das 14-minütige ‘Am großen Baum’ – ist das Produkt einer Session der drei Electronica-Experten im Domizil vom Detlef Keller. Die anderen vier Stücke entstanden in einer Scheune in der Gemeinde Westerwolde.
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Das Trio ist bekannt für seine elektronischen Klangwelten, die sich an Vorbildern wie Tangerine Dream oder Klaus Schulze orientieren, und oft zwischen urbanem Neonlicht und sanften Sedativa wechseln. Auf “The Vlagtwedde Tapes” wiederum schlagen Broekhuis, Keller & Schönwälder neue Wege ein. Berliner Schule auf Abwegen könnte die Orientierung am mystischen und naturnahen Klang sein, der sehr stark von der ruhigen Umgebung seines Aufnahmeortes inspiriert wurde.
Schon das erste Stück ‘Witte Wieven’ widmen die drei Musiker den gleichnamigen Geister weiser Frauen und Herbalistinnen, die einst das Leben der Menschen im Norden und Osten der Niederlande prägten. Auch das nahezu namenlose ‘Vlagtwedde Tape 2’ sowie das selbstbezeichnende ‘Raindrops on the Roof’ sind sowohl namentlich als auch musikalisch von der überwältigenden Landschaft und ihren natürlichen Phänomenen beeinflusst. Ob es sich bei ‘Westerwolde Triple’ um ein Getränk mit ähnlichem Namen aus dem Hause Brouwerij Westerwolde handelt, konnte für diese Rezension nicht erschmeckt werden.
Der finale Titel ‘Am großen Baum’ setzt sich klanglich stark vom Rest des Albums ab. Auch wenn die Motive ähnlich sind, kommt das letzte Stück nicht an die neblig-kühlen Klangwelten heran. Es ist, als stellten die ersten vier Stücke direkte Bilder aus Vlagtwedde dar, während ‘Am großen Baum’ eine nacherzählte Version ist, die niemals die Qualität des ursprünglichen Erlebnisses erreichen kann.
“The Vlagtwedde Tapes” sind ein erholsamer Urlaub im Westen für die Ohren. Broekhuis, Keller & Schönwälder verlassen die urbane Komfortzone und klingen dabei äußerst erfrischend.
Bewertung: 10/15 Punkten
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