Weserbergland – Sacrae Symphoniae Nr. 1

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Weserbergland – Sacrae Symphoniae Nr. 1 (Apollon Records, 18.02.22)

Credit: Henning Lindahl

(39:49; Vinyl, CD, Digital Apollon Records, 2022)
Weserbergland. Was für ein Name! Wie passend für ein Projekt, das den Krautrock und Stockhausensche Elektronik zu seinen Grundpfeilern zählt. Obwohl es sich um eine norwegische Formation handelt. Aber hätte man stattdessen einen norwegischen Namen wählen sollen? Telemark? Das hätte wohl die falschen Assoziationen geweckt.

“Sacrae Symphoniae Nr. 1” ist mittlerweile das dritte Album Ketil Vestrum Einarsens, das der unter dem Titel Weserbergland veröffentlicht. Und noch nie hatte der Name passender geklungen, denn neben Elektronik und Krautrock verarbeitet der Norweger auch Einflüsse aus der Renaissance-Musik. Zwar nicht aus der Weser-Renaissance, dafür jeodoch aus der venezianischen.

Und obwohl schon die Vorgänger-Alben “Sehr Kosmisch, Ganz Progisch” (2017) und “Am Ende der Welt” (2020) nur schwer greifbar waren, setzt Einarsen mit seinem neuesten Werk noch einen oben drauf. Denn “Sacrae Symphoniae Nr. 1” ist noch schwieriger zu verdauen als sein schon sehr, sehr sperriger Vorgänger. Nicht nur deshalb, weil es sich, wie für eine Symphonie typisch, um nur ein einziges, fast 40-minütiges Stück handelt, das nur als zusammenhängender Brocken geschluckt werden kann, sondern vielmehr noch wegen seines musikalischen Inhalts.

Dies kristallisiert sich bereits in den ersten Momenten der Platte heraus. Die in etwa so klingen, als würde sich ein Orchester vor einem Auftritt warmspielen. Das Ganze jedoch soundtechnisch so verfremdet, dass die klassischen Instrumente nach modernen Drones klingen. Und so sind die ersten Minuten des Albums nichts anderes als Classic Noise, aus dem sich immer wieder einzelne Instrumente herrausschälen. Entstanden aus dem Crossover von Renaissance-Musik und Electronica im Stile von Karlheinz Stockhausen. Es ist ein Anfang, der sich interessant gestaltet, aber schnell auch langatmig gerät, denn es dauert geschlagene sechseinhalb Minuten, bis die Aufnahme etwas Fahrt aufnimmt und durch den Einsatz eines Schlagzeugs erstmals in Richtung Krautrock abdriftet.

Teilweise komponiert, teilweise improvisiert, verändern Weserbergland immer wieder die musikalische Stoßrichtung. Was zeitweise spannend zu verfolgen ist, verläuft sich in anderen Momenten immer wieder in musikalischen Längen, die man gerne überspringen würde. Doch dies ist aufgrund des Formates nicht möglich. Warum es dann auch immer wieder Durchhalten heißt.

Doch wer diese Momente zwischen Avantgarde und Belanglosigkeit zu überstehen weiß, der wird vom norwegischen Ensemble immer wieder positiv überrascht werden. Wie sollte es auch anders sein, bei einem Album, das Noise Rock, Renaissance, Kraut und Elektronik miteinander vereint.
Bewertung: 8/15 Punkten (FF 8, KR 11)


Tracklist:
1. ‘Sacrae Symphoniae’ (39.49)

Weserbergland – Sacrae Symphoniae Nr. 1 (Apollon Records, 18.02.22)
Besetzung:
Ketil Vestrum Einarsen (synth, computer and live FX)
Gaute Storsve (guitars)
Jan Terje Augestad (piano)
Jørgen Mathisen (saxophon)
Ingebrigt Håker Flaten (bass)
Vetle Larsen (drums)
Maria Grigoryeva (violin)
Manuel Domènech (oboe)
Filippo Tramontana (french horn)

Diskografie (Studioalben):
“Sehr Kosmisch, Ganz Progisch” (2017)
“Am Ende der Welt” (2020)
“Sacrae Symphoniae Nr. 1” (2022)

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Rezension: “Sehr Kosmisch, Ganz Progisch” (2017)
Rezension: “Am Ende der Welt” (2020)

Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Apollon Records zur Verfügung gestellt.

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Über den Autor

1978 in Traben-Trarbach geboren und seit 2014 in Köln ansässig bin ich noch immer ein echter Globetrotter. Ziehe ich gerade einmal nicht trampend und couchsurfend mit meiner Frau Inga durch die Welt, so arbeite ich als Sozialpädagoge in der Inklusionsbegleitung sowie in der Einzelfall- und Familienhilfe. Nebenberuflich bin ich als Stadtführer für Free Walk Cologne tätig. Außerdem nähen Inga und ich hin und wieder noch immer unsere Travelling Monkeys, handgefertigte Stoffaffen. Musikalisch in den 90ern sozialisiert, wuchs ich mit Grunge (Pearl Jam, Nirvana), Prog (Marillion, Dream Theater), Punk (Bad Religion, NoFX), Gothic Metal (Paradise Lost, My Dying Bride) und Crossover (Rage Against the Machine, Faith No More) auf. Für mich sind die letzten zehn Jahre musikalisch so ziemlich die spannensten, die ich bisher erlebt habe, da in dieser Zeit viele jener verschiedenen Stile musikalisch zusammengführt worden sind.

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Weserbergland – Sacrae Symphoniae Nr. 1

von flohfish Artikel-Lesezeit: ca. 2 min
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