(48:18, Digital, Vinyl, CD, Long Branch Records/SPV, 2020)
Auch wenn man nach dem Lesen einiger Rezensionen zu “Kollaps” etwas anderes denken könnte, The Hirsch Effekt steckt noch immer darin, wo The Hirsch Effekt drauf steht. Richtig, das bereits im Mai 2020 erschienene fünfte Opus der Hannoveraner ist um einiges zugänglicher geworden als es seine Vorgänger noch waren, doch einer Anbiederung an den Mainstream oder gar einem Ausverkauf kommt diese Entwicklung mitnichten gleich. Denn The Hirsch Effekt waren schon immer ArtCore: große gesellschaftskritische Kunst, die zugänglich, irritierend und abstoßend zugleich ist. Deswegen entspricht die Komprimierung früher manchmal ausufernder Instrumentalteile nichts anderem als einer Konzentration auf die Essenz dessen, was The Hirsch Effekt ausmacht, nämlich der musikalischen Unterstreichung der eigenen sozialkritischen Texte.
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Thematisch geht es bei dem Konzeptalbum um den alltäglichen Wahnsinn des 21. Jahrhunderts, sprich, um das ganz große Thema Klimawandel und alles, was damit zusammenhängt. Greta Thunberg und die Fridays For Future-Bewegung werden in den Texten genauso behandelt wie des Mannes bestes Stück: das Auto. Umgesetzt werden diese Themen in aberwitzigen Texten, manchmal auf humoristische (‘Bilen’), manchmal auf nachdenkliche (‘Domstol’) und ein anderes mal auf provokante Art und Weise (‘Almende’).
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Musikalisch nachgezeichnet wird dieser systematische Kollaps unserer Zivilisation so abwechslungsreich wie es für The Hirsch Effekt seit eh und jeh typisch, nämlich durch einen wilden Crossover untesrchiedlichster Stile. Denn auch auf “Kollaps” treffen Indie-Pop, Math Rock, Grindcore, Progressive Metal und Jazz auf Klargesang, Chorgesang, Gefauche, Screams und Rap.
Im Ergenbnis erinnert dies zwar manchmal ein wenig an zeitgenössische Leprous (‘Kris’), Rammstein (‘Bilen’), die Deftones (‘Torka’) oder auch System of A Down (‘Deklaration’), doch unterm Strich bleibt “Kollaps” zu jedem Moment 100 Prozent The Hirsch Effekt.
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Nur, dass auf dem jüngsten Werk der Hirsche die verschiedenen Stile eben harmonischer miteinander verwoben sind als jemals zuvor. Denn Trotz aller musikalischen Extreme hat “Kollaps” ein Konzept, einen Spannungsbogen und vor allem steht jederzeit der Song im Mittelpunkt.
Es ist eine Entwicklung, die der Musik der Niedersachsen ein wenig den Wahnsinn genommen hat. Statt Gummizelle heißt es jetzt nur noch geschlossene Psychiatrie.
Bewertung: 13/15 Punkten
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Tracklist:
1. Kris (4:24)
2. Noja (4:22)
3. Deklaration (3:46)
4. Allmende (4:04)
5. Domstol (5:34)
6. Moment (1:24)
7. Torka (6:21)
8. Bilen (4:23)
9. Kollaps (7:23)
10. Agera (6:37)
Besetzung:
Nils Wittrock, Ilja John Lappin & Moritz Schmidt (Bass, Schlagzeug, Gitarren, Gesang, Programming, Arrangements, Cello, Piano und Perkussion)
Gastmusiker:
Tim Tautorat (Geige und zusätzliches Programming, zusätzliche Stimme)
The Dark Tenor (Zusätzliche Stimme)
Anoki (Zusätzliche Stimme)
Stumpen (Zusätzliche Stimme)
Surftipps zu The Hirsch Effekt:
Homepage
Konzertbericht: 10.10.20, Kaiserslautern, Kammgarn
Rezension “Eskapist” (2017)
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Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von The Hirsch Effekt zur Verfügung gestellt.