(41:50/44:15 , 2LP, Brain/Universal, 1976/2017)
Als drittes Album im Rahmen der ersten Charge der “Black & White”-Vinylserie erschien kürzlich die 1976 erstmals veröffenlichte deutsche Version von “Jumbo”, dem dritten Album von Grobschnitt. Die englische Version war bereits 1975 herausgekommen. Ihre Texte wurden später ins Deutsche übersetzt, was für eine deutsche Band einigermaßen kurios anmutet.
Da auf der weißen Bonus-LP einige der Titel des Albums in englischen Liveversionen enthalten sind, lassen sich Darbietungen mit deutschen und englischen Lyrics recht gut miteiander vergleichen, und dabei schneiden die deutschen Versionen hörbar besser ab. Obwohl man bei Grobschnitt nie so sicher sein kann, inwieweit man den deutschen Akzent absichtlich verbornemannt, wirken muttersprachliche Song-Versionen den transportierten Inhalten einfach deutlich angemessener.
Musikalisch ist “Jumbo” eine deutliche Weiterentwicklung, sowohl kompositorisch als auch handwerklich. Das skurril-utopische “Vater Schmidt’s Wandertag” kann sich diesbezüglich durchaus mit “Get’ em Out By Friday” von Genesis messen. Auch “Der Clown” mit seinen charmant Yes-igen Gitarren-Arpeggios macht großen Spaß. Besonders beeindruckt der textliche Tiefgang von “Sonntag’s Sonnabend”, den man in deutscher Sprache bis dahin allenfalls von den Deutschrock-Pionieren Ihre Kinder kannte. Schmunzeln ruft Grobschnitts gescheiterter sympho-poppiger Grand-Prix-Beitrag “Sonnenflug” hervor, der wohl schon seinerzeit den Massengeschmack überfordert hat.
Auch bei “Jumbo” darf man wieder über Klang und Herstellungsqualität der LPs jubilieren. Die Qualität der Liveaufnahmen ist erneut gut. Allenfalls über Kopfhörer hört man das eine oder andere Drop-out der alten Originalbänder heraus. Der beiliegende MP3-Download enthält mit “Der Ölberg, wie er singt und lacht” im Übrigen eine weitere Liveaufnahme, die man aus Platzgründen nicht mit auf LP gepresst hat.
Das Wiederentdecken dieses Prog-Klassikers aus Deutschland lohnt sich in dieser Form also. Zwar steht “Jumbo” ein wenig im Schatten des omnipräsenten “Solar Music Live”, unterm Strich hat es zumindest aus Sicht des Rezensenten jedoch erheblich mehr zu bieten.
Bewertung: 13/15 Punkten
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Interview: Lupo und Eroc zu “Solar Movie”
Wikipedia
Wikipedia (Eroc)