(38:32, CD, Hubro, 2016)
Man kann sich sehr lange darüber streiten, wie viel Rhythmus Musik haben muss, welche Harmoniefolgen gefällig sind, und darüber, was passiert, wenn man einfach die Melodie weglässt. Man kann es aber auch lassen und einfach herumexperimentieren, was das Zeug hält.
Kim Myhr gehört zur zweiten Fraktion und hat sich mit seinen Klanggebilden einen festen Rang in der norwegischen Künstlerszene geschaffen. Er tourt mittlerweile auf allen Kontinenten und komponiert für diverse Theaterprojekte und Kammer-Ensembles, u.a. für das Trondheim Jazz Orchestra. Nun bringt er sein zweites Album heraus und darf sich der Ovationen von Freunden experimenteller Musik sicher sein. Dieses Album hat es in sich. So wild und unorganisiert es anfangs auch erscheinen mag, zieht es einen doch ziemlich schnell in seine Bann. Mittels Samples, Loops, akustischen und elektrischen Gitarren, und bisweilen Harfenklängen zaubert Myhr meist schräg klingende, aber doch wohlig anschmiegsame Klanglandschaften, die sich auf verstohlene Weise ständig weiterentwickeln und den Hörer sanft in verschiedene emotionale Zustände versetzen.
Dass die Musik Strukturen aufweist, merkt an eigentlich immer nur dann, wenn man gerade einen der sanften Spannungsbögen des Albums hinter sich gebracht hat, so fein sind sie gewebt. “Bloom” erinnert sehr stark an die Anfänge von Tangerine Dream und Klaus Schulze, wie auch an die experimentellen Ansätze von Pink Floyd in den Sechzigern. Aber statt der psychedelischen, kalten Space- und Weltraum-Anmutung findet man sich in einer wohligen, angenehmen Atmosphäre wieder, die man gut als Hintergrundkulisse eines netten Abends mit Freunden einsetzen kann. Wenn man sich traut.
Bewertung: 11/15 Punkten (RF 11, KR 10)
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