(70:14, 66:16, 2 CD, Epic/Legacy/Sony Music, 1990/2016)
“Passion And Warfare” (“P&W”) gilt als eines der bedeutendsten Rockgitarren-Instrumentalalben, dem enthaltenen ‘For The Love Of God’ wird u.a. nach einer Leserbefragung des Guitar World-Magazins eines der besten Gitarrensoli aller Zeiten nachgerühmt. Das 25-jährige Jubiläum der Veröffentlichung wird nicht nur mit einem einfachen Reissue und auch nicht nur mit ein paar Bonustracks begangen. Nein, für diesen Anlass hat Steve Vai laut eigener Aussage “das fehlende Bindeglied” zwischen seinen stilistisch relativ unverbunden erscheinenden Alben “Flex-Able” (sein Solo-Debüt, 1984, also im direkten Anschluss an seine Zeit bei Frank Zappa) und “P&W” (1990) seinen Cassetten-Archiven entrissen, – aus heutiger Sicht – überarbeitet und fertiggestellt.
Das gottvolle “P&W” als weitestgehend bekannt voraussetzend (es wurde allerdings für diese Edition mit vollen vier Bonustracks aufgewertet! Darunter das herrliche ‘Lovely Elixir’), konzentrieren wir uns nach einer nochmaligen warmen Empfehlung hier auf das unveröffentlichte Material von “Modern Primitive”, das also in den Jahren 1985 bis 1990 entstand und teilweise für “P&W” vorgesehen war. Naturgemäß gibt es hier einigen Widerhall der ungemein prägenden Zappa-Jahre zu entdecken. Speziellen Widerhall, wie Vai selbst in den eine lohnende Lektüre darstellenden Liner Notes erläutert, von “One Size Fits All”. Das eröffnende, tänzerische ‘Bop!’ mit seinem fröhlich-überdrehten textfreien Gesang liefert gleich ein Beispiel dafür. Der Kontrast zum flotten, fast radiotauglichen PowerFunkPop von ‘Mighty Messengers’ mit (gutem) Gesang von Steve und aberwitzigem Bass-Spiel von – damals schon – Stu Hamm könnte kaum größer sein. Beim majestätischen ‘The Lost Chord’ gibt es ein begeisterndes Wiederhören mit Devin Townsend – einem anderen dieser überbegabten Musikverrückten. Die schönen ‘Upanishads’ präsentieren Steves charakteristische, wenn auch auf einer Ibanez-Gitarre hervorgebrachten Sitar-Sounds und Greg Wurth am “6th finger for impossible chords”.
Das mit fünfkehligem Hintergrundgesang voll ausproduzierte ‘Fast Note People’ wird – natürlich, bei dem Titel – auch von einem jener flirrenden, unbegreiflich schnellen und dabei noch sauberen Soli des jungen Meisters geziert. Wobei der Autor Vais eher getragen “singendes” Solieren wie bei besagtem ‘For The Love Of God’, ‘Liberty’ oder auch ‘Lotus Feet’ noch ergreifender findet. Davon gibt es hier allerdings ebenfalls eine Kostprobe – auf ‘And We Are One’.
Bei ‘Never Forever’ begegnen wir Mike Mangini (Drums, heute: Dream Theater), der Vai vergleichbare Ausnahmeerscheinung Mike Keneally (hier: Keyboards) sowie den ihn auch heute noch auf die Bühne begleitenden Dave Weiner an diesmal wirklich einer (Choral) Sitar.
Das hörenswerte “Missing Link” endet mit der dreiteiligen Suite ‘Pink Blows Over’, die mit märchenhaftem weiblichem Gesang (Jazz James) bezaubert und Zappa-Mitarbeiter Tommy Mars an den Keyboards hören lässt.
Der Sound ist untadelig, auch bei den auf Tape-Archiven beruhenden Aufnahmen. Erfreulicherweise entsprechen auch Fertigung und Ausstattung der Doppel-CD mit auf Vorder- und Rückseite “gestürzt” reproduzierten Album-Covern sowie einem 20-seitigen “Modern P.”-Booklet und “P&W”-Faltposter dem Niveau der Musik.
Bewertung: 11/15 (“Modern P.”) und 14/15 Punkten (“P&W”)
PS: Steve ist in diesen Tagen und Wochen auf Europa-Tour – und zwar teilweise solo – mit erstmaliger vollständiger Aufführung von “P&W”! – und teilweise * als “G3” – also gemeinsam mit seinem früheren Lehrmeister Joe Satrianai und diesmal mit den unglaublichen The Aristocrats, also Guthrie Govan, Bryan Beller und Marco Minnemann:
23.06. Brüssel, Cirque Royal
25.06. Esch (LUX), Rockhal *
10.07. Weert (NL), Bospop
11.07. München, Circus Krone *
12.07. Offenbach, Stadthalle *
13.07. Bonn, Kunst!Rasen *
Surftipps zu Steve Vai:
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Steve Vai – Stillness In Motion
13.12.2001, Köln, Konzertbericht von Stephan Kunze [R.I.P.]
Konzertbericht „G3“: Joe Satriani, Steve Vai, The Aristocrats, 13.07.16, Bonn, Brückenforum
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