Rendezvous mit Haken und Ösen in einer Sardinenbüchse
Hakens “AffiniTour v1.0” lief fast überall so hervorragend, wie es die Aufnahme des Namensspenders dazu bei den Hörern auch hatte erwarten lassen. Überdies waren mit Special Providence und den obenstehenden auch außerordentlich attraktive Support-Bands an Bord. Kein Wunder also, dass auch das Kölner Konzert schon geraume Zeit ausverkauft war. Tatsächlich wirkte das Gebäude 9 zeitweise so gestopft voll, als seien die der Kapazität von Gloria oder Kantine entsprechenden Besucherzahlen anwesend.
Arkentype konnte das nur recht sein. Ihr Set orientierte sich am vorzüglichen 2015er Album “Disorientated” und begann folgerichtig mit dem symphonischen Intro ‘Dear Erica’ – als Einspielung, gefolgt vom immer noch recht bombastisch aufgebauten ‘Ashes And Dirt’.
Nicht nur beim großartigen ‘Ignorant Child’ ist das von Sänger Kevin Augestad Gebotene teils nah an der Vortragsweise von gutem MeloDeath, andere Passagen sind klar und unverzerrt.
Trotz der bedrängten Verhältnisse zog es Gitarrist Simen Handeland und vor allem Kjetil Hallaråker mit Macht ins Publikum – oder er bespielte seinen Bass einfach auf dem Bühneboden liegend. Nicht zuletzt aufgrund von Simen Sandnes‘ Leistungen am Schlagzeug hatten die Norweger die vermutlich komplexesten Kompositionen des Abends am Start (vielleicht mit Ausnahme von Hakens ‘Architect’) – man nehme beispielsweise das abschließende ‘Time Collapse’.
Dies war der letzte Tag einer dem Vernehmen nach so ereignisreichen wie erfolgreichen Tour. Doch statt den zu diesem Termin üblichen derben Scherzen auf Kosten der Vorgruppe(n) erschienen zur Schlussverbeugung “nur” Haken und Rendezvous Point auf der Bühne und ließen Arkentype hochleben – zu deren großen Begeisterung und wohl auch der aller übrigen Anwesenden.
Das einzige Problem, das die vorzüglichen Rendezvous Point an diesem Abend hatten, hatte – zumindest laut dem Rezensenten – mit ihren Landsleuten zu tun. Für sich betrachtet ist RP eine fraglos gute Band und ihr in den Vordergrund gestelltes 2015er Album “Solar Storm” eine starke Veröffentlichung. Direkt nach den sowohl härter als auch progressiver agierenden Arkentype aber erlebt, konnten Eindrücke von – je nach Kondition – Verschnaufpause oder sanftem Absacker auftauchen.
Definitiv zum Schnaufen brachte der Anblick von Bassistin Gunn-Hilde Erstad die männlichen Fans, doch auch Drummer Baard Kolstad (u.a. Leprous – ach deswegen war das Münchner Chapter von BetreutesProggen.de angereist!) bietet wie stets eine atemberaubende Show. Geirmund Hansens Stimme passt ideal zu getragenem, bombastischem Material wie etwa ‘The Hunger’.
Und wieder erleben wir nach einem gekonnt gespielten Set Kindergeburtstagsähnliche Szenen beim Abschied mit beispielsweise Drumming-Einlagen von sowohl Baard wie auch Ray Hearne.
Zeit für die Hauptband des Abends! Natürlich beginnt die Setlist wie das aktuelle Haken-Album: mit dem computermorsenden Intromental ‘Affinity.exe’. Als Abweichung vom “Affinity”-Ablauf ist vor allem das knallige ‘Falling Back To Earth’ von “The Mountain” (2013) zu nennen, das aber mit seinen Retro-Spielereien und Rhythmuswechseln glänzend in diesen Kontext passt. Noch davor hatte die Zeitreisen-Maschine ´1985´ live nochmals besser gezündet als schon von Konserve – ob es an Ross Jenningss zeitgenössischer Schmuckbrille lag?
Das Sextett zeigt sich generell in so noch nicht erlebter Form und Spiellaune. Gerade Gitarrist Richard Henschall und Keyboarder Diego Tejeida solieren heute, als gäb’s kein Morgen. Mit Ross bleibt es aber wie gehabt – viele Fans lieben noch jede seiner Bühnengesten, der Rezensent hingegen schließt grad bei Haken-Gigs lieber schon mal die Augen, damit die gute Musik nicht totgeposed wird.
Dann schon eher totgemoshed – sagen sich die Mitsardinen bei ‘The Endless Knot’ und bei der rausgeklatschten Zugabe ‘Crystallised’. In Summe: phantastisches Package, starke Auftritte in büchsenhaft begrenzter, ansonsten aber gut harmonierender Umgebung.
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Setlist vom 10.06., Berlin
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Live-Fotos: Tobias Berk