Die Deutung des Mondkalenders Gewiss waren die vergangenen beiden Jahre Zäsur für alle Chinesen. Die Erfahrungen und Erlebnisse eben dieser – nach der chinesischen Chronologie Xin-Chou und Ren-Yin (= Painful Clown & Ninja Tiger) betitelten Jahre - werden von Wang Wen in ihrem aktuellen Album zu Sound verarbeitet. Und dieser Sound mit all seinen Turbulenzen sowie musikalischen und stilistischen Querschlägen ist wieder Kino im Breitwandformat. Der bei Carsten Fragen an die Band aufrief. Was geht ab in Dalian? Wir haben gerade die letzten beiden Shows hier in unserer Heimatstadt Dalian beendet, das ist auch das Ende unserer China-Tour für das…
Autor: Carsten Agthe
(35:50, CD, Vinyl, Digital, Bird’s Robe Records, 01.06.2023) Der '21st Century Schizoid Man' scheint sich bei einigen Zeitgenossen zur Lebensformel entwickelt zu haben. Mit mächtig progmetallischen Gedöns und einem mitunter recht vordergründigen (und fordernden) Saxophon knallen uns Klidas auf ihrem ersten physischen Lebenszeichen wohlfeilen Progressive-Rock mit jazzigem Touch um die Löffel, dass es eine Freude ist. Bezeichnend, dass die italienische Band mit dem tschechischen Namen (Klidas bedeutet hier so viel wie Riese der Stille, was bezogen auf "No Harmony" bezogen eine klitzekleine Spur von Sarkasmus in sich trägt) auf einem australischen Label veröffentlicht. Und mit Manami Kunitomo einen Hauch Japan…
(29:26, CD, Vinyl, Digital, Bird’s Robe Records, 02.06.2023) Bird’s Robe forcierte die Kodiak Empire-Karriere nicht unerheblich, als das australische Label 2021 deren Debüt "Silent Bodies" von 2015 für den internationalen Markt erneut herausbrachte. Seitdem ist der Fünfer aus Brisbane auch außerhalb Australiens eine Hausnummer. Nun, nach langen acht (beziehungsweise kürzeren drei) Jahren stehen Kodiak Empire mit ihrem zweiten Album auf der Matte. The Great Acceleration by Kodiak Empire Das mit ungefähr einer halben Stunde Spielzeit zwar etwas knapp bemessen ist. Obwohl die gerade einmal fünf Tracks dabei aber Laufzeiten bis neun Minuten vorweisen. Nun spielt die Band eine reichlich entspannte…
(46:56, CD, Vinyl, Digital, Karisma Records/Plastic Head, 2023) Wenn es keine Pandemie gegeben hätte, dann hätten wir jetzt das neue Wobbler-Album vor uns. Nun aber hat sich der Keyboarder der Vintage-Progger daheim im stillen Kämmerlein (das heißt seinen LFF Studios) verschanzt und mit "Fire Fortellinger“ sein erstes Solo-Album initiiert. Man muss eben das Beste aus der jeweiligen Situation machen. Hier wartet der Musiker, wie für Keyboarder dann so üblich, mit einem (seinem) ganzen Arsenal an Tasteninstrumenten auf und meint es hier mit Mellotron, Hammond, Yamaha CP70, Rhodes, Wurlitzer und Cembalo in diesem Sinn überaus gut mit uns. Zusätzlich ist der…
(29:08, CD, Vinyl, Digital, Kapitän Platte/Cargo, 2023) "Living In Paradise"? Damit meint Michael Beckett, der hinter The Upland Band steht, sicherlich seine Heimat Ostwestfalen. Weil da die Welt noch in Ordnung zu sein scheint, was uns ein Blick über den Gartenzaun in 'A Partial Overview Of The Neighborhood' verrät. Zusammen mit seinen Buddies Dirk Kretz und Christian Obermaier zelebriert Beckett hier eine halbe Stunde lang alle Spielarten des Gitarren-Pop/-Rock und man ist erstaunt, dass diese eigentlich ja knapp bemessene Zeit dann doch durchaus ausreichend ist. Bewertung: x/15 Punkten Ein 'Swastika Ink' (auch so etwas scheint in OWF möglich) kommt mit…
(29:08, CD, Vinyl, Digital, Kapitän Platte/Cargo, 2023) "Living In Paradise"? Damit meint Michael Beckett, der hinter The Upland Band steht, sicherlich seine Heimat Ostwestfalen. Weil da die Welt noch in Ordnung zu sein scheint, was uns ein Blick über den Gartenzaun in 'A Partial Overview Of The Neighborhood' verrät. Zusammen mit seinen Buddies Dirk Kretz und Christian Obermaier zelebriert Beckett hier eine halbe Stunde lang alle Spielarten des Gitarren-Pop/-Rock und man ist erstaunt, dass diese eigentlich ja knapp bemessene Zeit dann doch durchaus ausreichend ist. Bewertung: x/15 Punkten Ein 'Swastika Ink' (auch so etwas scheint in OWF möglich) kommt mit…
(50:41, CD, Vinyl, Digital; Pelagic Records/Soulfood, 05.05.2023) Maximale Härten. Maximales Riffing. Maximales Downtuning. Maximales Maximum. Und wer hat das dieses Mal (wieder)erfunden? Natürlich die Schweizer. Mit ihrem zweiten Album knallen uns Herod einmal mehr postapokalyptischen Power Sludge um die Ohren, dass es eine helle (oder dunkle) Freude ist. Das Kollektiv um ex-The Ocean-Vocalist Mika Pilat setzt den Bohrer dort an, wo man am empfindlichsten ist. Was auch mit daran liegt, dass Pilat sangestechnisch alles gibt und die Riff-Fraktion eiskalte Avancen aus dystopischen Zwischenwelten zu uns sendet. Iconoclast by Herod Schon der (un-)heilige Eröffnungsdreier 'The Icon', das vom Künstler Banksy inspirierte…
(48:38, CD, Vinyl, Digital, Bird’s Robe Records, 2023) Nun schaffen es die Australier tatsächlich, auch mit ihrem zweiten Album eine Art Post Rock zu kreieren, die dermaßen chillig geriet, dass man "The Vanishing Existence" tatsächlich in Therapiezentren einsetzen könnte. Natürlich setzt eine Therapie unter diesen Voraussetzungen dann auch besonderer Behandlungsmaßnahmen voraus. Svntax Error lassen sich, wie auch schon auf ihrem Debüt "Message", eben nicht aus der Ruhe bringen. Die Instrumente setzen gewissermaßen nur Akzente – die Töne kommen lose, wie auf einer Perlenkette aneinandergereiht, man wartet schon sehnlichst auf den nächsten und beschäftigt sich derweil mit dem dazwischenliegenden Grundrauschen. The…
(55:31, CD, Digital, Eigenveröffentlichung/L‘Autre, 2023) Der Wahnsinn hat einen neuen Namen – Edredon Sensible. Mit zwei Schlagzeugen und zwei Saxophonen kommen die Franzosen mit einer Besetzung, die so alltäglich nicht ist. Klingt nach Jazz, ist Jazz. Beziehungsweise Free-Jazz. Überhaupt nicht sensibel noch anderweitig zart besaitet gehen Edredon Sensible in die Offensive und kommen mit Breitseiten aus Saxophon-Torturen (bei denen gerade das Sopran wahrhaftig schmerzt) und treibenden Drums. Diese Kombination nimmt immerhin schon einmal Formen an, die manisch die Geister des Voodoo heraufbeschwören ('Poulet Gondolé (Chasuble)') oder ohne Rücksicht auf eventuelle Verluste den Pogo initiieren ('Danke Schoen Paul'). Das artet in…
(43:57, CD, Vinyl, Digital, Karisma Records/Plastic Head, 2023) „…the members have been busy with life.“ Das klingt doch mal nach einem triftigen Grund, dass seit sieben Jahren, genauer, nach dem letzten Album "Contrapasso" nichts mehr von den norwegischen Jazz-Proggern Seven Impale zu hören war. Der Alltag schluckt auch die letzten Helden. Nur Sänger Stian Økland macht auf Oper. Und Keyboarder Håkon Vije seit 2017 als Enslaved Member. Ein Wunder also, dass überhaupt noch ein Lebenszeichen von dem Sextett aus Bergen kommt. Tut es aber. In Form eines neuen Albums, dass die vergangene relative Tatenlosigkeit fast schon vergessen lässt. SUMMIT by…
(19:31, CD, Vinyl, Digital, Pelagic Records/Soulfood, 26.05.2023) Natürlich muss man auf "Snake Behind The Sun (2021), dem letzten Album, noch einen draufsetzen. Zwar nicht in Masse, sondern durchaus in Klasse. Shy, Low aus Richmond/Virginia ist eine der Bands, die sich stetig von Album zu Album, bisher sechs an der Zahl, weiterentwickelten (ohne hierbei die Anfänge abwerten zu wollen) und ihren Zenit bei ihrem Pelagic-Einstand erreichten. "Babylonica" könnte als quasi-Zugabe zum letzten Album gewertet werden und erscheint parallel zur Europatour im Mai. Babylonica EP by Shy, Low Dieses Leichtgewicht hat es dennoch in sich – die drei Tracks bringen es auf…
(72:45, CD, Vinyl, Digital; Avantgarde Music, 07.04.2023) Wenn jeder Musiker und jede Musikerin, die jemals bei Crippled Black Phoenix Mitglied waren (das sind wahrlich Legionen) ein eigenes Projekt aus der Taufe heben würden, dann würde das globale Art’n Progrock-Potential sicher um das Doppelte steigen. OK, just kidding. So krass ist es dann doch nicht, aber immerhin so speziell, dass sich eine Überlegung hierzu lohnt. Nun war Sänger/Gitarrist Daniel Änghede von 2012 bis 2019 in der Band des unberechenbaren Justin Graves, also zu Zeiten von "White Light Generator", "Bronze" und "Great Escape". Die mal sicher überaus erfolgreich für CBP waren. Schon…
(45:25, CD, Vinyl, Digital; Tonzonen Records/Soulfood, 2023) "Sounds So Wrong"? Mitnichten! Es sei denn, man ist gegen eine geballte Druckwelle von Soprano- und Alto-Saxophon allergisch, die hin und wieder hochmotiviert ins Geschehen hauen ('Vast‘, ‚Desert Eagle‘). Aber nicht ohne Grund agieren Bend The Future und damit auch deren aktuelles Album "Sounds So Wrong" unter dem Etikett "Modern Jazz" oder auch "Contemporary Jazz". Aber, es wird eben auch hier nicht längst alles so heiß gegessen wie gekocht. Denn mit "Jazz" hat "Sounds So Wrong" eben nur homöopathisch etwas zu tun. Eher flanieren die Grenoble Six in zum Großteil entspannten Klangspiralen aus…
(48:08, CD, Vinyl, Digital, Tonzonen Records/Soulfood, 19.05.2023) Das Wachs fließt weiter. Erhitzt bis auf die Zähigkeit herabfließender Lava bringen Nile On WaX am Ende ihres Flusses schließlich doch auch eine gewisse Kühle mit sich. Kühle, die von der Musik kommt, die das Trio um Catherine Graindorge auch auf "After Heaven" inszeniert. Nun kennt man die Violinistin neben ihren diversen Film- und Theatermusiken von ihren Collaborations mit Künstlern wie Mark Lanegan, Iggy Pop, Nick Cave, Hugo Race oder John Parish, was in etwa anzeigt, welch Geistes' Kind die Musikerin eigentlich ist. Vor allem mit ihrem Stammprojekt Nile On waX (vorher NOX),…
(40:08, CD, Vinyl, Digital; Eigenproduktion, 07.04.2023) Manchmal hat man tatsächlich das Gefühl, dass sich beim Post Rock alles wiederholt. Ein Album bildete anno dazumal die Blaupause (welches, das kann man an dieser Stelle dann sicherlich diskutieren), auf die sich alles Nachfolgende bezieht. Eben die typischen Spannungsbögen aus laut und leise, dezent und heftig sowie Frühlingsregen und alles zerstörendem Hurricane. In eben diesen Abläufen bewegen sich dann auch Where Mermaids Drown, die nach der EP "And The Raging Winds Do Blow" nun mit ihrem Fulltime-Debüt aufwarten, das aus eben jenen dynamischen Auf und Abs gezimmert wurde, die Basis (fast) jeder Postrock-Produktion…
(53:46, CD, Vinyl, Digital; Svart Records, 2023) Bitte, bitte diese Band nicht mit der Klamottenmarke verwechseln. Denn hier geht es durchaus um Qualität. Auch wenn diese laut und zum Teil auch mächtig kompromisslos daherkommt. Über zehn Jahre nach dem letzten offiziellen Release "Beyul" kommt das Markenzeichen Chicagos in Sachen Improvdoomjazzmetalrock mit einer neuen Mächtigkeit, die mit "Sutra" schon eine gewisse (Un-)Heiligkeit mit sich bringt. Aber, es geht um Rituale und eben diese werden von Yakuza mit einer gewissen Ernsthaftigkeit zelebriert. Das Infoblatt nimmt dann auch wirklich kein Blatt vor den Mund und charakterisiert diesen "Wahnsinn" dann in etwa so: "Like…
(45:44; Vinyl, Digital; Pelagic Records/Soulfood, 19.05.2023) Peter Voigtmanns bedrohliche Synthesizersounds bilden nun einmal die Basis des aktuellen und zehnten Studioalbums von The Ocean – "Holocene". Und obwohl hier die Band eine hörbare Zäsur begeht – Hardcore-Attacken sind kaum, Post-Metal-Eskapaden nur in dezenten Maßen vorhanden - steht der aktuelle Sound aus Trip Hop und Post Rock der Band, die sich über die Jahre nicht nur über ihre wechselnden Mitglieder, sondern gerade aufgrund ihrer Metal-Experimente definierte, gut zu Gesicht. The-Ocean-Bandleader Robin Staps ließ sich von den elektronischen Sounds insofern für seine neuen Songs beeinflussen, dass er diesen dann auch eine spezielle Priorität…
(39:27, CD, Vinyl, Digital; Edged Circle Prod., 19.05.2023) Bei Thin Lizzy hieß der Live-Olymp "Live And Dangerous", bei Magick Touch "Live And Contagious". Und auch sonst bestehen jede Menge Gemeinsamkeiten. Auch wenn das Trio aus dem norwegischen Bergen eben "nur" ein Trio ist, gibt es, Studiotechnik sei Dank, schon einmal den Wohlklang von Twin Lead Guitars zu erleben, wobei auch die Dichte an veritablen Hooklines und des Hit Appeals enorm ist. Magick Touch zelebrieren, ja, feiern ihren klassischen Hard Rock ungemein, wobei man schon erstaunt ist, dass trotz der bleiernen Zeit des letzten drei Jahre, die auch an den Norwegern…
(45:57, Vinyl(?), Digital; Exile On Mainstream/Soulfood, 19.05.2023) Raider heißt (seit langem) Twix, sonst ändert sich nix. Bei Gavial aber doch. Weil, die hießen früher Tourette Boys und waren drei Alben lang als Trio aktiv. Nun, mit Sänger und Neuzugang Benjamin Butter, wurde der überhaupt nicht mehr zeitgemäße Name abgestreift und es geht mit Gavial in Richtung Zukunft. Und eben die ist bei Gavial überhaupt nicht strahlend und hell erleuchtet. Bezogen auf die Musik natürlich, die sich tief im Schlamm des Swamp-Blues suhlt und am liebsten dort, wo dieser am tiefsten und zähesten ist, langanhaltend verweilt. VOR by Gavial Von weit…
(52:23, CD, Vinyl, Digital; Pelagic Records/Soulfood, 19.05.2023) Nein, man gibt sich nicht mit Kleinigkeiten zufrieden. Hier müssen es die Erdzeitalter sein, die von The Ocean in dem Namen zugrunde liegenden Reichhaltigkeit und gefühlten Endlosigkeiten in musikalische Strukturen gebracht wurden und an dieser Stelle noch werden. Musikalische Strukturen, die über die Jahre ebenso reichhaltig und großzügig gerieten. Nachdem sich das Kollektiv um Gitarrist Robin Staps, das nun nach zahlreichen (planmäßig passierten) Umbesetzungen nun doch ein festes Line-up gefunden zu haben scheint, auf den letzten beiden Releases mit dem Erdaltertum ("Phanerozoic I: Palaeozoic") und dem Erdmittelalter sowie der Erdneuzeit beschäftigt hatte ("Phanerozoic…