(74:54; CD, digital; MiG Music; 30.05.2025)
Im Rahmen ihrer Veröffentlichungsstrategie bezüglich 70er Krautrockformationen hat sich das Label MiG Music (Made in Germany) nun der Formation Dzyan angenommen. Diese waren in der ersten Hälfte der 70er aktiv. Gegründet 1972 veröffentlichte man zunächst als Quintett noch im gleichen Jahr das gleichnamige Album. Doch schnell änderte sich einiges beim Personal und die nächsten beiden Alben wurden im Trioformat eingespielt. Und genau um diese beiden Alben geht es hier, die als "2on1" Version nun auf einer CD vorliegen, was dank der für damalige Verhältnisse durchaus üblichen relativ kurzen Laufzeit auch problemlos möglich ist. Aber in diesem Fall auch bedeutet, dass der potenzielle Interessent leider ohne jegliche Bonustracks auskommen muss.
Das Trio besteht aus Urmitglied Reinhard Karwatky am Bass sowie Schlagzeuger Peter Giger und Gitarrist/Sänger Eddy Marron, die 1973 mit "Time Machine" das erste Album in dieser Besetzung veröffentlichten. Schon die ersten beiden Songs 'Kabisrain' (7:59) und 'Magika' belegen, dass es sich hierbei wahrlich nicht um leichte Kost handelt. Im Gegenteil, hier wird gejammt, was das Zeug hält und dabei darf es auch gerne komplex zu Werke gehen. Beeindruckend die Leistung der Rhythmusabteilung, die sich ordentlich ins Zeug legt. Hier wird gnadenlos losgelegt und der Improvisationskunst freien Lauf gelassen. Das kurze 'Light Shining out of Darkness' erweist sich als überraschender Ruhepol, da ist auch mal feine akustische Gitarre zu hören und es geht nicht gar so wild zu. Das ändert sich dann aber vinyltechnisch gesprochen auf der B-Seite, denn auf dem ganzseitigen Titelstück wird auf knapp 18 Minuten noch mal alles gegeben, speziell Gitarrist Marron reiht ein Solo an der elektrischen Gitarre ans andere. Für Freunde hoher Improvisationskunst vermutlich ein Fest, wer es lieber harmonisch und strukturiert mag, wird so seine Probleme haben.
Ein Jahr später erschien dann "Electric Silence", wobei der Rezensent angesichts des Vorangegangenen eher an "electric" als an "silence" denkt. Auch hier ist der grundsätzliche Ansatz ähnlich, doch mit Synthesizer und Mellotron kommen neue Elemente hinzu, die sich als frische und wohltuende Ergänzung zum Bandsound erweisen. So liefern Mellotronchor und Sitar auf dem vergleichsweise sehr ruhigen 'Khal' ganz neue Klangfarben – sehr schöner Titel, der zeigt, dass es eben nicht ein permanenter wilder Ritt sein muss. Der neunminütige Opener 'Back to Where we Come from' präsentiert schöne Ideen bei der Perkussionsarbeit, auf dem wilden neun-minütigen 'For Earthly Thinking' hat Schlagzeuger Giger ebenfalls ausgesprochen viel zu tun. Insgesamt fällt das 74er Album etwas abwechslungsreicher aus, leicht zugänglich sind aber beide Werke sicherlich nicht. Wer hingegen Interesse an ausufernden Jams im Krautrock, Jazzrock und Psychedelic Rock Bereich hat, wird möglicherweise viel Spaß dran finden. Schön jedenfalls, dass beide (fast ausschließlich rein instrumentale) Alben jetzt in dieser Fassung vorliegen.
Das Cover zum zweiten Album erinnert stark an alte Nektar Cover – nicht ohne Grund, denn der kreative Kopf dahinter ist in beiden Fällen der gleiche, nämlich Helmut Wenske.
Als Fußnote sei ergänzt, dass das Album von Willi Dammeier remastered wurde, dieser arbeitet – ACHTUNG – am "Institut für Wohlklangforschung". Sich aus deren Sicht ausgerechnet für Dzyan zu interessieren, das hat schon was.
Bewertung: 9/15 Punkten
Besetzung:
Reinhard Karwatky - electric bass / double bass / super string / mellotrone / synthesizer
Peter Giger - drums / percussion
Eddy Marron - 6 and 12-string guitars / acoustic guitars / saz / vocals / tamboura / mellotrone / voice
Surftipps zu Dzyan:
Wikipedia
Abbildungen: MiG Music