(79:10+77:45; 2-CD; Fruits De Mer Records, 09.05.2025)
Dave McLean und Paul Lake gründeten The Chemistry Set bereits in 1987, stammen aus London und sind Veteranen des alternativen Manchester-Label “Imaginary“ und “Acid Tapes“, einem berühmten Tape-Label in den 80s. Einige berühmte Querverbindungen zu Factory Records Boss Tony Wilson und vor allem John Peel, der sich nicht zu fein war, einen handgeschriebenen Brief seinerzeit an die Band zu verfassen, sollten nicht unerwähnt bleiben. Das britische Label hat sich mal wieder liebevoll bemüht, einer Kult-Band mit einer übervollen Doppel-CD ihre Aufwartung zu machen. Verschiedenste Kompositionen aus dem FDM-Backkatalog, sei es von 7″-Singles, verschiedensten EPs und Alben, die man in den vielen Jahren veröffentlichte. All das mit remastered Sound, versteht sich natürlich bei dieser Art Releases wie von selbst. Fragt man die Musiker, haben sie sich explizit für einige Lieblingstitel entschieden, die ihnen einfach sehr am Herzen lagen. Wie so oft wird bei FDM-Releases nicht an Coverversionen gespart, die sich auch bei den Briten spielerisch in den eigenen Soundkosmos integrieren.
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Ob orchestraler britischer Gitarren-Pop wie in ‚The Splendour Of The Universe‘, Beatles-nahes wie in ‚Crawling Back To You‘, Jangle-Pop in ‚She’s Taking Me Down‘, so gut wie jeder Song federt melodietrunken durch die Boxen, sprüht vor sommerlicher Leichtigkeit, folkige psychedelische Elemente bekommst Du fast immer gratis im Paket mit dazu. Die Band kreiert auch reine Folksongs wie ‚Winter Sun‘, die mit orchestralen Teppichen an die Altmeister The Go Betweens erinnern, also den guten alten britischen alternative/Songwriter-Pop mit klaren und melodischen Songstrukturen somit sehr nahe stehen. ‚The Canyon Of The Crescent Moon‘ oder ‚A Cure For The Inflicted Afflicted‘ musizieren stürmisch und catchy, haben einiges an dunklen Acid/Space Rock-Vibes. Die kosmische Ballade ‚Psychotronic Man‘ klingt genauso psychedelisch dank der Sitar-ähnlichen Gitarren und sensiblen Ethno-Percussions, wird später noch richtig verrückt und rockig. Ein Stück wie das über elfminütige ‚Self Expression Trinity‘ hat so viele verschiedene Partituren, stehen hier fast filmisch orchestrale Melancholie und klassisches Songwriting Seite an Seite und erzeugen eine berührende Tiefe, schaffen psychedelische Klangräume und sind aber gleichzeitig in sanft folkigem Songwriter-Pop unterwegs.
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‚Silver Birch‘ ist ein wunderschönes Coverstück von Del Shannon, ‚Time To Breathe‘ perlt mit herbstlichen Akkorden und sanften Psych-Moves. Aus dem spannenden Hendrix-Cover ‚Love Or Confusion‘ schafft man ebenfalls eine eingängige, sehr nah am eigenen Bandsound angelehnte Pop-Version nebst tollen Flöten/Sitar-Elementen, während das hoch atmosphärische ‚Elapsed Memories‘ schön ausufernd rockt. Das Traffic Bandcover ‚Dear Mr. Fantasy‘ ist betörend, ‚The Rubicon‘ ist feinster 60s-Sound, den die Briten auf ihre Weise sowieso permanent im eigenen Universum integrieren. Die knapp 160 Minuten sind durchgehend unterhaltend, schimmern immerzu sanft psychedelisch, Syd Barrett ist immer mit im Boot. Viele Folk/Singer-Songwriter-Elemente, Sitar, Flöten, 60s, orientalische Melodien, typisch britischer, melodischer Gitarren Pop, mal orchestral, mal melancholisch, psychedelische Atmosphären ohne zu abgedreht zu agieren, sind die Sache von The Chemistry Set. Jeder Song hat sein Gesicht, es passt alles wunderbar zusammen und ich bin wieder mal happy, hier was entdecken zu dürfen, was trotz knapp 37 Jahren Geschichte bisher an mir vorbei ging. Sämtliche Alben sind längst regulär ausverkauft, somit ist diese liebevolle Werkschau ein mehr als gelungenes Fenster in die Welt des Duos. Ich bin richtig gut angefixt worden von der Song-Collection.
Bewertung: 11/15 Punkten
Surftipps zu The Chemistry Set:
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Discogs
Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Fruits De Mer Records zur Verfügung gestellt.