(Vinyl, 2CD, Boxset (3LP), Digital; Relapse Records, 08.08.2000/10.01.2025)
Cave In waren einmal eine Hardcore- bzw. Post-Hardcore-Band, bis sie auf ihrem zweiten Album ihrer Liebe für Post Rock, Space Rock, Psychedelic und progressive Strukturen Ausdruck verliehen und in ihren Bandsound einfließen ließen. So entstand mit “Jupiter” vielleicht eines der überraschendsten Alben des Jahres 2000 und eine der ersten Platten des Modern bzw. Alternative Prog – zwei Monate vor “Kid A” (Radiohead), ein Jahr vor “Lateralus” (Tool), zwei Jahre vor “In Absentia” (Porcupine Tree) und “El Cielo” (Dredg), drei Jahre vor “De-Loused In The Comatorium” (The Mars Volta) und “In Keeping Secrets of Silent Earth: 3” (Coheed And Cambria) und ganze fünf Jahre vor “Worlds Apart” (…And You Will Know Us By The Trail Of Dead) und “Everyone Into Position” (Oceansize).
Sometime in the late 90s, I had a seed of an idea: to make a record called “Jupiter” – the largest planet in our solar system, but also a failed star. The combination of those things was ripe with inspiration. Plus the combination of individuals in our band had crystallized to form a new pathway forward, and down that path we went – loud and proud!
Mit “Jupiter” jedenfalls waren Cave In für den großen Durchbruch allerdings ein paar Jahre zu früh dran. Das drei Jahre später folgende “Antenna” hingegen klang dann zu glattgebügelt, überproduziert und zu sehr gewollt. Nichtsdestotrotz oder vielleicht gerade deswegen genießen Cave In einen Kultstatus, der bis heute anhält. Mit ihrem 2022er Studioalbum “Heavy Pendulum” und ihren beiden umjubelten Auftritten beim Roadburn Festival 2023 haben die US-Amerikaner noch einmal eindrucksvoll unterstrichen, dass dieser Stellenwert tatsächlich gerechtfertigt ist.
Das von den Kritikern meistgeachtete und von den Fans meistgeliebte Album in der Geschichte von Cave In bleibt aber bis heute die Post-Hardcore-Space-Odyssey namens “Jupiter”. Ein Album, mit dem sich die Band aus Massachusetts erstmals aus ihrer Komfortzone heraus traute und es wagte, ähnlich, wie schon Bad Religion 17 Jahre zuvor mit “Into The Unknown”, die Grenzen zwischen Hardcore einerseits und Space Rock, Psychedelic sowie Prog andererseits vollständig aufzulösen. Die Hardcore-typischen Screams hatte man für diese Platte fast vollständig ad acta gelegt. An ihre Stelle war ein neuer, gefühlsgeladener Gesangsstil getreten, der Ähnlichkeiten zu jenem von Thom Yorke weckte.
Anlässlich des 25. Geburtstages von “Jupiter”, haben Cave In das Album vom Khanate-Gitarristen James Plotkin remastern lassen. Das Ergebnis ist in drei verschiedenen Versionen über Relapse Records erhältlich: als MC und verschiedenfarbigen LPs in der Standardvariante, als Doppel-CD, die neben den Remasters auch Live-Aufnahmen beinhaltet, die im Jahre 2000 für das legendäre Bostoner Rockradio WBCN gemacht wurden, sowie als Triple-Vinyl-Box, die außerdem frühe Demo-Versionen der “Jupiter”-Stücke beinhaltet.
Besonders interessant sind dabei die Live-Aufnahmen, da hier die Post-Hardcore-Wurzeln der Band deutlich durchleuchten. Anders als ihre Kollegen von Trail Of Dead vergessen Cave In auf der Bühne allerdings nicht die progressive Natur ihrer Lieder, sondern klingen einfach ein gutes Stück ungehobelter und wilder.
Anders verhält es sich da schon mit den instrumental gehaltenen ’99er Demo-Aufnahmen, die den Entwicklungsprozess verdeutlichen, den Cave In zwischen “Until Your Heart Stops” und “Jupiter”(2000) durchgemacht haben, sodass man hier das Gefühl bekommt, man würde einer Post-Hardcore-Formation beim Entdecken ihrer Effektgeräte zuhören.
Insgesamt muss man eingestehen, dass “Jupiter” auch ein Vierteljahrhundert nach seiner Erstveröffentlichung noch immer ein Album ist, das es zu entdecken lohnt. Stücke wie ‘Innuendo And Out The Other’, ‘In The Stream Of Commerce’ und ‘Big Riff’ haben auch 2025 kein Jota ihres Reizes verloren haben und dürften wohl noch jeden Musikfan begeistern, der sich sowohl im Progressive Rock als auch im Post Hardcore zu Hause fühlt. Leider wird auch dieses Reissue wohl kaum zum eigentlich hochverdienten Durchbruch von Cave In in Prog-Kreisen führen. Aber vielleicht wird ja zumindest der ein oder andere Leser über diese Perle stolpern, der Anfang des Jahrtausend davon nichts mitbekommen hatte oder der einfach zu spät geboren wurde.
Denn wer den weiter oben genannten Bands und Platten aus den frühen 00er Jahren etwas abgewinnen kann oder Truppen wie Faith No More, Converge, Deftones, L.S. Dunes, Thrice, Hot Water Music oder Sunny Day Real Estate bzw. The Fire Theft nicht abgeneigt ist und “Jupiter” nicht kennt, der sollte dafür sorgen, dass diese Wissenslücke sich schließt!
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Besetzung:
Stephen Brodsky
John-Robert Conners
Adam McGrath
Caleb Scofield
Diskografie (Studioalben):
“Antenna” (2003)
“Perfect Pitch Black” (2005)
“White Silence” (2011)
“Final Transmission” (2019)
“Heavy Pendulum” (2022)
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Wikipedia
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Rezensionen:
Amenra • Cave In • Marissa Nadler – “Songs Of Townes Van Zandt Vol. III” (2022)
“Heavy Pendulum” (2022)
“Antenna” (2003)
Liveberichte:
23.04.23, Tilburg (NL), Popodium 013, Roadburn Festival 2023
22.04.23, Tilburg (NL), Popodium 013, Roadburn Festival 2023
17.10.22, Wiesbaden, Kesselhaus
Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Petting Zoo Propaganda zur Verfügung gestellt.