(41:55; Vinyl, CD, Digital; InsideOut Music/Sony Music, 06.09.2024)
Pure Reason Revolutions Debütalbum “The Dark Third” darf durchaus zu den Klassikern des Modern Prog gezählt werden. Mit ihren beiden Folgealben wurden die Briten dann immer experimenteller, gleichzeitig aber auch immer weniger Prog, denn Electronica und Synthie Pop durchzogen “Armor Vincit Omnia” (2009) sowie “Hammer And Anvil” (2010). Zweiteres beinhaltete sogar echte Dancefloor-Kracher, mit denen sich die Band dem Sound von The Prodigy und Faithless annäherte.
Es folgte eine Pause von zehn Jahren. Als Pure Reason Revolution 2020 dann mit “Eupnea” ihre lang ersehnte Reunion feierten, da konnte man das Gefühl haben, dass es die Studioalben Numero zwei und drei niemals gegeben hätte. Denn mit “Eupnea” schlossen Jon Courtney und Chloë Alper lückenlos an den Sound ihres Debütalbums an.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Seitdem wird das Experimentieren im Hause Pure Reason Revolution eher kleingeschrieben. Die Band scheint ihre Nische gefunden zu haben, sodass sich “Coming Up To Consciousness” und seine beiden Vorgänger stilistisch kaum unterscheiden. Schaut man sich die drei Gemälde von Jill Tegan Doherty an, die diese Alben als Cover-Artworks schmücken, so liegt gar die Vermutung nahe, dass es sich hier um eine Trilogie handeln könnte.
Und doch gibt es Veränderungen im Hause Pure Reason Revolution: Fehlte Frontfrau Chloë Alper aufgrund Live-Verpflichtungen mit ihrer Band James schon auf der letzten Europa-Tournee, hat die Sängerin die Band mittlerweile ganz verlassen. Und so ist die Niederländerin Annicke Shireen, die Alper schon auf der 2022er-Tour ersetzt hatte, auf Album Nummer sechs zu hören und genau wie Neuzugang Ravi Kesavaram am Schlagzeug, als vollwertiges Bandmitglied gelistet. Doch der Wechsel hinterm Mikrofon wirkt sich weniger dramatisch aus als man befürchten konnte. Der mehrstimmige Harmoniegesang bleibt auch auf Album Numero sechs Pure Reason Revolutions Markenzeichen schlechthin, und auch die Stimmen der beiden Sängerinnen ähneln sich so sehr, dass die Abwesenheit Alpers nicht weiter ins Gewicht schlägt.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Allerdings ging Pure Reason Revolution mit Chloë Alper auch ihre Bassistin abhanden. Doch anstatt sich nach einem weiteren neuen Bandmitglied umzuschauen, setzen Jon Courtney und das bereits für ‘Above Cirrus’ zurückgekehrte Gründungsmitglied Greg Jong beim Tieftöner auf namhafte Gastmusiker. So ist bei sieben von acht Stücken der legendäre Pink-Floyd-Tour-Bassist Guy Pratt zu hören. Mit dem Ergebnis, dass “Coming Up To Consciousness” mit einem unheimlichen Groove unterlegt ist, der den so typischen verträumten Sound der Band noch eindringlicher wirken lässt. Bestes Beispiel für dieses Phänomen ist das Stück ‘The Gallows’. ‘Worship’ hingegen wurde von Jon Sykes eingespielt, der den Meisten als Mitglied von The Pineppale Thief bekannt sein dürfte. Er ist nicht der einzige Ananasdieb, der bei “Coming Up To Consciousness” seine Finger im Spiel hatte, denn die Band legte den Mix dieses Albums in die Hände von Bruce Soord. Dieser ist dann auch, gemeinsam mit Mastering Engineer Steve Kitch, der heimliche Star dieses Albums. Denn zumindest bei den ersten paar Hördurchgängen ist es die Produktion, die “Coming Up To Consciousness” glänzen lässt. Ähnlich wie bei Soords aktueller Solo-Platte wird so das Album zum Gesamtergebnis und überstrahlt die einzelnen Songs. Es ist schon erstaunlich, wie die verschiedenen Stimmungen der einzelnen Stücke fast ineinanderfließen, (was auch ein wenig an den im Ambient verorteten Pre- und Interludes liegt, die den einzelnen Songs vor- bzw. zwischengeschaltet sind und bei denen u.a. Soulsplitters Lewin Krumpschmid an den Tasteninstrumenten glänzen darf). Verträumte Passagen entwickeln sich so fast unmerklich in epische Riff-Attacken, wie etwa im ‘Useless Animal’.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Klingt die Platte in einem Moment noch nach späten Talk Talk, befindet man sich im nächsten Augenblick schon im Klangkosmos der späten Porcupine Tree. Einzelne Songs kristallisieren sich erst nach mehreren Umdrehungen aus diesem Gesamtkunstwerk heraus, verbleiben dafür dann aber umso länger im Gedächtnis des Hörers. So haben Pure Reason Revolution mit “Coming Up To Consciousness” ein Album vorgelegt, an dem man sich noch lange wird erfreuen können.
Bewertung: 13/15 Punkten
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Besetzung:
Jon Courtney – vocals, guitar, keys, piano, programming
Ravi Kesavaram – Drums
Greg Jong – vocals, guitar, keys, harmonica
Annicke Shireen – vocals
Gastmusiker:
Lewin Krumpschmid – Rhodes & Piano
Guy Pratt – Bass
Bruce Soord – Additional guitars
Jon Sykes – Bass
Diskografie (Studioalben):
“The Dark Third” (2007)
“Armor Vincit Omnia” (2009)
“Hammer And Anvil” (2010)
“Eupnea” (2020)
“Above Cirrus” (2022)
“Coming Up To Consciousness” (2024)
Surftipps zu Pure Reason Revolution:
Facebook
X/Twitter
Instagram
YouTube
Apple Music
Spotify
Wikipedia
Rezensionen:
“Above Cirrus” (2022)
“Eupnea” (2020)
“Hammer And Anvil” (2010)
“Armor Vincit Omnia” (2009)
“Live at Nearfest” (2007)
“The Dark Third” (2007)
Live- und Festivalberichte:
11.04.22, Köln, Die Kantine
22.06.19, Valkenburg, Openluchttheater, Midsummer Prog Festival 2019
Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Oktober Promotion zur Verfügung gestellt.
Ein Kommentar
Pingback: Neuerscheinungen des Monats September 2024 - Betreutes Proggen