Wer die Kölner Post Rock-Band Noorvik bereits kennt, erinnert sich sicherlich mit Freuden an die tiefen, atmosphärischen, und vor allem kalten Klangwelten der bisherigen Album-Releases “Noorvik” und “Omission“. Auf ebenjenen Langspielern entführten Noorvik ihre Zuhörer*innen in eisige Gefilde und ließen Eiskristalle an den Lausprechern wachsen.
Eine Einleitung wie die obenstehende lässt wohl schon vermuten, dass mit der vorliegenden Veröffentlichung – dem dritten Album namens “Hamartia” – ein entscheidender Entwicklungsschritt vollzogen wird. Und wahrhaftig ist dies der Beginn eines völlig neuen Kapitels in der musikalischen Geschichte von Noorvik. In neu zusammengefundener Formation präsentiert sich der dritte Langspieler in einem Cover Artwork aus infernalen Bildern.
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Anders als in den frostigen Untiefen, die auf den ersten zwei Alben erkundet wurden, verschlägt es Noorvik nun in die Höllenfeuer der griechischen Unterwelt. Der Albumtitel bezieht sich auf die Philosophie des Aristoteles, dessen Konzept von ἁμαρτία die Diskrepanz des Charakters einer Person und deren Handlungen beschreiben. Die musikalische Reise in die antike Literaturkritik wird unterteilt in acht Kapitel. Darin wird ein Protagonist verfolgt, der sich mittels negativer Eigenschaften seine eigene Zukunft verbaut. Arroganz und Gier, Narzissmus und Egoismus lassen den Charakter der Person verblassen und immer tiefer in die Abgründe hineintauchen. Mit ihrer wortlosen Erzählung schlagen Noorvik den Bogen, der von der griechischen Mythologie zur heutigen Gesellschaft reicht. Vor Jahrtausenden wie auch heute, im Einzelnen sowie auch in der Masse, lässt sich das Schlechte im Menschen finden.
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Es bleibt nicht nur bei Inhalt und Artwork, was die großen Änderungen angeht. Auch in der musikalischen Umsetzung haben Noorvik gewaltige Fortschritte durchlaufen, die nun auf “Hamartia” zu hören sind. Wo das selbst betitelte Debüt und das direkt darauffolgende “Omission” schon stark waren, haben sich Noorvik weiterhin gesteigert. Dabei geht es vor allem um die Fähigkeit, mit instrumentalen Motiven Sphäre und Raum für Erzählungen zu schaffen, deren Inhalte ohne Worte funktionieren. Darüber hinaus ist der Band ein immenser Sprung aus genretypischen Schattenwelten gelungen. Kälte und Klanglandschaften die an eisige Bewegungen im Ozean erinnern, sind im Post Rock eines der gängigsten Themen. Den instrumentellen Stil aber zu nutzen, um auch menschliche Abgründe sowie die Hitze der Unterwelt zu vertonen, ist ein sehr erfrischender Ansatz, der “Hamartia” direkt Wiedererkennungswert verleiht. Noorvik präsentieren sich auf “Hamartia” abwechslungsreicher, härter, und eigenständiger als je zuvor. Und so ist das dritte Album auch zweifelsohne das stärkste, was die Band aus Köln bisher veröffentlich hat.
Bewertung: 13/15 Punkte
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Rezension zu “Noorvik”
Rezension zu “Omission”