King Woman – Celestial Blues

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King Woman – Celestial Blues (Relapse Records, 30.07.21)(40:53, Vinyl/CD/Download, Relapse Records, 2021)
Die kalifornische Sängerin Kristina Esfandiari ist ein wahrer musikalischer Tausendsassa, denn sie ist unter verschiedenen Pseudonymen in den unterschiedlichsten Genres zu Hause, darunter Shoegaze (Miserable), Hip-Hop (Dalmatian) und Trap/Breakcore (NGHTCRWLR). Hinzu kommen noch zwei Bandprojekte: zum einen die R&B-Formation Sugar High, zum anderen die nur schwer einzuordnenden King Woman mit ihrem eklektischen Ansatz schwermütiger Musik.

King Woman einer einzelnen Stilrichtung zurechenen zu wollen, würde dem künstlerischen Ansatz der Gruppe nicht gerecht werden, denn King Woman vereinen Genres wie Shoegaze, Doom Metal, Post Rock und Grunge zu ihrer ganz eigenen Mischung der Finsternis. Musik, die nur so vor Melancholie und Traurigkeit trieft, während sie gleichzeitig fast schwerelos in himmlische Sphären vordringt. “Celestial Blues” eben, im wortwörtlichen Sinne.

Atmosphärisch dicht, scheint sich die Musik auf “Celestial Blues” wie eine langsam ansteigende Flutwelle fortzubewegen. Akustische Themen verwandeln sich unaufhaltsam in treibende Doom-Monster und brechen sich erst in intensiven Crescendos. Und obwohl Esfandiaris Kollegen musikalisch allgegenwärtig sind, ist es vielleicht doch das bisher persönlichste Album der Künstlerin. Denn obwohl kein Solo-Projekt, steht auch bei King Woman die Persona Kris Esfandiari ganz klar im Mittelpunkt. Es ist nämlich ihre Stimme, welche den teils tonnenschweren Doom-Riffs Peter Arensdorfs und dem aggressiven Drumming von Schlagzeuger Joey Raygoza einen Kontrapunkt entgegensetzt. Die oft nur gehauchten oder geflüsterten Vocals verleihen der Musik eine Art traumhafte Zerbrechlichkeit. Sie passen zu den Texten Esfandiaris, welche thematisch alles andere als leichte Kost sind. Sie handeln von gefallenen Engeln, dem Teufel und John Miltons “Paradise Lost” (dt.: “Das verlorene Paradies”) und erzählen eine theatralische Geschichte von Rebellion, Tragödie und Triumph. Sie sind Metaphern für Esfandiaris persönliche Erfahrungen als Kind ultraorthodoxer Christen, die u.a. Exorzismus betrieben und vor der Hölle warnten. Es sind Texte, die besonders dann unter die Haut gehen, wenn sich der gehauchte Gesang in schwarzmetallisches Gekeife verwandelt.

“Celestial Blues” ist also so etwas wie eine musikalische Reflexion der eignen Erfahrungen und dem Weg aus der religiösen Hölle. Ein intimes wie bewegendes Album, das zerbrechlich und zermalmend zugleich wirkt.
Bewertung: 11/15 Punkte

King Woman – Celestial Blues (Relapse Records, 30.07.21)
Tracklist:
1. ‘Celestial Blues’ (4:37)
2. ‘Morning Star’ (3:54)
3. ‘Boghz’ (5:24)
4. ‘Golgotha’ (6:04)
5. ‘Coil’ (3:01)
6. ‘Entwined’ (6:05)
7. ‘Psychic Wound’ (3:20)
8. ‘Ruse’ (4:18)
9. ‘Paradise Lost’ (4:10)

Besetzung:
Kristina Esfandiari
Joey Raygoza
Peter Arensdorf

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Wikipedia (Kristina Esfandiari)

Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Petting Zoo Propaganda zur Verfügung gestellt.

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Über den Autor

1978 in Traben-Trarbach geboren und seit 2014 in Köln ansässig bin ich noch immer ein echter Globetrotter. Ziehe ich gerade einmal nicht trampend und couchsurfend mit meiner Frau Inga durch die Welt, so arbeite ich als Sozialpädagoge in der Inklusionsbegleitung sowie in der Einzelfall- und Familienhilfe. Nebenberuflich bin ich als Stadtführer für Free Walk Cologne tätig. Außerdem nähen Inga und ich hin und wieder noch immer unsere Travelling Monkeys, handgefertigte Stoffaffen. Musikalisch in den 90ern sozialisiert, wuchs ich mit Grunge (Pearl Jam, Nirvana), Prog (Marillion, Dream Theater), Punk (Bad Religion, NoFX), Gothic Metal (Paradise Lost, My Dying Bride) und Crossover (Rage Against the Machine, Faith No More) auf. Für mich sind die letzten zehn Jahre musikalisch so ziemlich die spannensten, die ich bisher erlebt habe, da in dieser Zeit viele jener verschiedenen Stile musikalisch zusammengführt worden sind.

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King Woman – Celestial Blues

von flohfish Artikel-Lesezeit: ca. 2 min
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