(56:26, CD, 2 LP, Kassette, Download, Bird’s Robe Records, 2018)
“Ohne Halteleine” lautet die Übersetzung des Titels des nunmehr dritten Studioalbums der australischen Formation Tangled Thoughts of Leaving. Rückhaltslos nimmt dieses Album den Hörer in die abgründigen Tiefen des Dark-Postrock, begleitet von perlenden Pianoläufen und tiefdröhnenden Klangwänden, die den einzigartigen Sound der Band auszeichnen.
Drone-artige Klänge im Opener ‘Sublunar’ führen in eine düstere Klangwelt ein, bis ein zunächst verhaltenes Schlagzeugspiel die zunehmend bedrohlicher wirkende Atmosphäre für den “Panikmacher” ‘The Alarmist’ aufbaut. Hier interagieren Gitarre und Piano in nervösen Melodieläufen während das Schlagzeug das Spiel unbarmherzig und stoisch vorantreibt. Ohne die aufgeregte Anspannung des Alarmisten aufzulösen, geht die Musik nahtlos in das Ambient-Doom Stück ‘Cave Ritual’ über, das auf knapp acht Minuten Länge in zelebrierter Langsamkeit jede einzelne Note, jeden einzelnen Klang hervorhebt.
Der darauf folgende 13-Minüter ‘Signal Erosion’ vermag zwar die doomige Stimmung nicht aufzuhellen, hebt dafür aber mit treibendem Beat und schwirrenden Pianoläufen das Tempo wieder deutlich an. Auch der Titel dieses Stücks ist wieder Programm: Riffs und Melodienläufe werden eingeführt, um über den Verlauf von Minuten Schicht für Schicht zu erodieren. Aus den ausgewaschenen Klangfragmenten erwachsen schließlich die introvertierten Klavierklänge des ‘Inner Dissonance’. Auf einer anderen, fragileren Ebene führt die Band hier das Konzept fort, gerade eingeführte Tonfolgen in scheinbaren Wiederholungen subtil zu verändern und in stets neue Formen zu überführen, bis von ihrem Ursprung nichts mehr übrig bleibt.
Unmerklich geht die Musik über in das zunächst noch beschauliche ‘Binary Collapse’, welches sich jedoch schnell in ein kraftvolles, treibendes Chaos wandelt. Seinen Abschluss findet das Album mit dem verstörenden, 12½-minütigen Titelstück ‘No Tether’. Alle unheilvollen Momente der vorangegangenen Minuten werden hier noch einmal konzentriert, kein Funken Hoffnung keimt in den finsteren Geräuschlandschaften. Nach dem letzten verzweifelten Ausbruch von Gitarrenriffs, aggressivem Schlagzeugspiel und treibendem Piano findet das Album nach einer knappen Stunde Laufzeit schließlich im Nachhall der Drums seinen Ausklang.
Tangled Thoughts of Leaving liefern mit “No Tether” ihr bislang überzeugendstes Werk ab. Offenbar konnte die Band die personelle Veränderung nach dem Vorgängeralbum “Yield to Despair” kreativ nutzen und sich auf ihren markanten, ursprünglichen Sound fokussieren. Herausgekommen ist ein durchgehend konsistentes Album, das wiederholtes Hören durch das Entdecken stets neuer Details belohnt.
Bewertung: 13/15 Punkten (CA 12, AC 13, KR 12)
Besetzung:
Ron Pollard: Piano, Synth
Ben Greene: Drums, Noise
Paul Briggs: Guitar
Luke Pollard: Bass, Samples
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