Der gelungene Einstand im Vorjahr war schuld, dass wir uns auch die zweite, auf zwei Tage und ein Burn-in mit der Trollmusic Labelnight am Vortag erstarkte Ausgabe des Propheten-Festes keinesfalls entgehen lassen wollten.
Der Festivalfreitag
Vor Beginn der musikalischen Festivitäten war natürlich abermals ein Geländemarsch zu bewältigen, aber das will man hier eigentlich auch nicht missen. Dann das Wiedersehen mit der immer noch beeindruckenden Höhle und ein paar Bekannten, Begreifen, dass diesmal die Bühne anders platziert wurde und schließlich Einschwingen auf zwei Tage Höhlenmusik mit Hekate. Der Sound der Koblenzer wird von sanftem weiblichen wie männlichem Gesang und überwiegend akustischem Instrumentarium bestimmt, darunter Posaunen, ein Gong, sowie die einen “mittelalterlichen” Touch gebende Drehleier. Gegeben wurde u.a. die Vertonung von Joseph Freiherr von Eichendorffs Mondnacht. Auf dieser Bühne und in diesem Szenario gefielen sie dem Rezensenten zumindest erheblich besser als vor Urzeiten von Konserve.
Das zweite Set des Fests war prompt eine Europa-Premiere – erstmals war die “Post Black Metal”-Formation Germ um Spiritus Rector und Mastermind Tim Yatras hier. Für ‘Butterfly’ kam gesangliche Unterstützung von Audrey Sylvain (u.a. Alcest) – und entfernt in diese stilistische Richtung rollten die Germknödel auch musikalisch. Teils verwehend sanfte, teils ballerige, immer aber melodische Kompositionen, die gleichfalls exzellent in die Höhle passen, ja teils von dieser hervorgebracht oder zumindest verstärkt zu werden schienen. Das Austere-Cover ‘Just For A Moment’ beendet den beeindruckenden Auftritt.
Zum Start von Les Discrets ist die Höhle prügelvoll. In der rein subjektiven Erinnerung war zu dieser Stunde im Vorjahr noch ein wenig mehr Raum für Positionswechsel etc. geblieben. Aber das kann auch mit dem neuen Bühnen-Setting zu tun haben, das durch begrenzte Perspektiven und der teils völligen Abwesenheit von verwertbarem Licht vor allem Fotograf Tobi zu schaffen macht.
Der atmosphärisch dichte Shoegaze-PostRock der Franzosen um Fursy Teyssier (ebenfalls “Art Director” des Festivals) war wider Erwarten unser Highlight des Freitags. Das Spezielle ist diesmal die Premiere von Material ihres noch unveröffentlichten Album “Prédateurs” – traumhaft!
Das letzte diskrete Lied ‘Song For Mountains’ leitete zumindest thematisch zu den Iron Mountain denen man u.a. dank des Einsatzes von hölzerner Quer- und Blockfläte sowie Uilleann Pipes sowie ihrer aparten Mischung aus keltischem Folk und psychedelischem Rock eine besondere Naturverbundenheit jederzeit abnahm. Der ebenfalls eine Festland-Premiere darstellende Auftritt der Iren sorgte für einen nahezu fröhlichen, jedenfalls positiveren Ausreißer im ansonsten deutlich düsteren Programm.
Apropos Düsternis – da macht kaum jemand Secrets Of The Moon etwas vor. Das ursprünglich geplante Unplugged Set fiel dem kurzfristigen Ausstieg von Bassfrau Naamah Ash zum Opfer. Mit dem Obscura-Chef Steffen Kummerer und einer vollständigen Aufführung des Albums “Sun” wurde aber mehr als würdiger Ersatz geschaffen. Schwärzer als mit ‘No More Colours’ oder ‘Dirty Black’ konnte es nun kaum noch werden.
Aber waldschratiger, deutschsprachiger Folk bzw. Pagan Metal von Helrunar machte den Sack gekonnt zu. Vom bösen Titelstück des aktuellen Albums “Niederkunfft” über das gruselige ‘Magdeburg brennt’ bis zu dessen abschließendem Bonustrack ‘Landsknecht’.
Den Fotoroman dazu bleiben wir aufgrund der zunehmend krötenarschiger werdenden Illumination diesmal schuldig.
Der Festivalsamstag
… wie auch Bericht und Bilder zur ersten Band des Folgetages: Und gerade als wir dachten, es könne finsterer nicht mehr werden, da kam Bohren & Der Club of Gore! in fast vollkommener Dunkelheit, aber mit ultra-subtiefem Kontrabass-Sound, tastend-suchenden Piano-Strukturen und Barjazz-Drums ‘n Sax, was ein faszinierendes, auf Dauer aber auch ein wenig bedrückendes Gesamtkunstwerk ergibt.
Auch die Musik von Mick Moss’ Antimatter ist nicht unbedingt als Partyboat-Soundtrack verschrien. Wohlgemerkt – das Folgende ist Jammern auf beträchlichem Nivau. Doch dem Rezensenten hat ein intimer Duo-Auftritt mit der großartigen Vic Anselmo erheblich mehr gegeben, als die (bis auf das vom Band zugespielte Keyboard) relativ ausproduzierte Rockband-Version von Songs wie ‘Everything You Know Is Wrong’, ‘The Last Laugh’ oder ‘Over Your Shoulder’ in der Höhle. Viele dieser Songs lebten im Original von starken Frauenstimmen, im neuen Arrangement scheinen sie an Druck gewonnen, aber an Atmosphäre verloren zu haben. ‘Conspire’ eröffnete ein kurzes Akustikset, das hier besser funktionierte. ‘Weight Of The World’ wird aber schon wieder sehr heavy interpretiert und ‘Saviour’ fast gerapt.
Fiese Fehleinschätzung der allmählich von drei größtenteils unter Tage verbrachten Tagen Wirkung zeigenden Chronisten: Auf die Isländer GlerAkur glaubten wir verzichten zu können – hörten aber später aus mehreren Kehlen, es sei ein absolutes Highlight gewesen.
Der nächste Programmpunkt ist dann ein längerer Soundcheck von Alcest, gefolgt von auch nach Heben des Bühnenvorhangs noch langwierigem Stimmen der Instrumente. Doch als es endlich los geht, enttäuscht der Darkgaze von Neige und Co. abermals nicht. Was kann auch schon schiefgehen mit Songs wie ‘Écailles de lune’, dessen zweiter Teil eine Uraufführung feierte? Auf sämtliche Songs von “Écailles de Lune” folgten unverzichtbare Zugaben wie ‘Autre Temps’ – wunderschön. Randszene: Eine hübsche junge Frau neben uns schließt mit den ersten Takten des Konzertes die Augen und lächelt glücklich – eine Stunde lang. Das ist uns insofern eine Erwähnung wert, als Lächeln ansonsten während dieses Festivals kaum zu beobachten war. Apropos Fehlanzeige: Weiterhin vermisst wurden vielfach (aktualisierte) Spielzeit-Informationen.
Am nächsten Act Sol Invictus hatte vor allem die Ankündigung elektrisiert, dass sie von Don Anderson von den schrecklicherweise von uns gegangenen Agalloch unterstützt werden sollten. Tatsächlich findet sich ein komplettes Streichquartett auf der Bühne und unterlegt den kämpferisch klingenden NeoFolk von Tony Wakeford & Co. Das 2001 auch von Agalloch gecoverte ‘Kneel To The Cross‘ setzte den passenden Schlussakkord – für uns auch gleich für das ganze Höhlenspektakel.
PS: Auch 2017 wird es natürlich ein Fest geben – 27.-28.07.17, beim Barte des Propheten!
Surftipps zum Prophecy Fest:
Freitag
Prophecy
Balver Höhle
Germ
Iron Mountain
Secrets Of The Moon
Helrunar
Samstag
Völur
Bohren & Der Club of Gore
Antimatter
Alcest
Sol Invictus
Live-Fotos: Tobias Berk