Zum vierzigsten Mal wurde nun schon das Jazzfestival Würzburg ausgerichtet, und zum ersten Mal fand es anno 2025 im kurz vorher renovierten MozARTareal statt. Auch neu war die etwas reduzierte Anzahl an Shows pro Tag. Das Echo aus Konzertraum und Vorhalle war hierzu insgesamt:
»Zwei Konzerte am Abend sind deutlich angenehmer für Kopf und Körper als drei.«
Etwa 200 Stühle füllten sich gegen 19.30 Uhr am Sonntag, den 26. Oktober 2025. Dann läutete die Schulglocke zum letzten Konzertabend des Festivalprogramms. Technische Schwierigkeiten konnten ins Windeseile überwunden werden und dann begannen Norbert Dömling's Flying Spices mit ihrer Darbietung.
Norbert Dömling's Flying Spices
Die Band um den gebürtigen Würzburger Norbert Dömling trat an diesem Abend in spontan geänderter Formation auf. Flötistin Stephanie Wagner und Pianist Manuel Seng mussten leider kurzfristig absagen. Dennoch fanden sich die Flying Spices in einer ganz neuen Quartett-Formation wieder und gaben zu viert ein souveränes und mitreißendes Konzert zum Besten. Norbert Dömling hatte zu fast jeden Stück eine kleine Anekdote zur Entstehungsgeschichte parat, und man mochte meinen, dass er bei mehr Zeit am liebsten noch viel länger über die Geschichten und Gedanken hinter seinen Stücken erzählt hätte. Mehr als 90 Minuten lang erlebte das Publikum in Würzburg Jazzstücke aus einem halben Jahrhundert Musikkarriere. Mittels wortlos eloquentem Jazz erzählte Dömling in seinen Liedern vom Fahrradfahren, vom Wandern, vom verpassten Urlaub, und allerlei weiteren Erfahrungen, die man als Musiker und Naturfreund erleben kann. Musikalisch wurden vor allem Soli geboten. Nico Hering manövrierte mit wirbelnden Fingern den Flügel durch brausende Gewässer, Tony Lakatos schuf mit seinem Saxophon eine regenbogenfarbige Brücke zwischen den Straßen von Orleans, Würzburg und Südasien, Norbert Dömling schmiegte sich im innigen und doch fetzigen Tanz an seinen Kontrabass, und das eklektische Schlagzeugspiel von Andreas Neubauer war auch abseits der Soli eine wahre Freude für den anspruchsvollen Geschmack. Seinen künstlerischen Höhepunkt erreichte das Konzert beim Stück 'Aranoc', welches mittels höchst experimenteller Klänge an die Irrungen und Wirrungen der Jahre nach 2020 erinnert. Als Zugabe spielten Norbert Dömling's Flying Spices dann noch den namensgebenden Titel Flying Spices'. Nach dieser Ode an die Flüchtigkeit und Vergänglichkeit kurzer Eindrücke und Gedanken ging es in die Umbaupause.
Kuhn Fu
Nach einer Dreiviertelstunde begann das Kontrastprogramm. Christian Kühn und seine Band Kuhn Fu feierten ein Dutzend Jahre Bandgeschichte und standen nun nach etlichen Konzerten im Rahmen von Charly Heidenreichs Galerie 03 zum ersten Mal auf der Bühne des Jazzfestivals in Würzburg. Schon mit den ersten Tönen ihres Konzerts machten Kuhn Fu deutlich, dass man nun beim lauten Teil des Abend angekommen sei, und das Publikum ging begeistert mit in die Freakshow des Sextetts. Außerdem bekam das Publikum zum Einstieg direkt zwei Titel vom kürzlich aufgenommenen neuen Album zu hören. Viel ist noch nicht bekannt, aber die ersten Eindrücke klingen äußerst vielversprechend, und die Vorfreude darf auf die erste Hälfte des Jahres 2026 ausgerichtet werden. Gesungen wurde auch hier nahezu gar nicht; dafür begeistere Bandleader Christian Kühn mit seinen berühmt-berüchtigten Ansagen und Einwürfen.
»Das Gitarrensolo klingt, als wäre man ein haariger Fisch, der versucht, einen Baum hochzuklettern.«
Dieser schöne Satz ist nicht nur eine interessante Referenz auf die Entstehung der Arten, sondern ist auch in Christian Kühns musikpädagogischer Tätigkeit entstanden. Soli waren zwar deutlich rarer gesät als beim Auftritt der ersten Band, was das Konzert von Kuhn Fu allerdings keineswegs simpler gestaltete. Ganz im Gegenteil: alle sechs Bandmitglieder lieferten eine allumfassende und vorzügliche Show ab. Von der Souveränität an den Instrumenten über die Choreographie wurde hier Unterhaltung auf höchstem Niveau geboten. George Hadow, dessen Platz am Schlagzeug oft als einziger im dunklen Blau lag bildete mit der Genauigkeit eines Schweizer Uhrwerks die Grundlage, auf welcher sich die restliche Band im frohen Tanz von Boden der Bühne bis knapp unter die wundervolle Welt der Absurdität und zurück schraubte. Mit E-Bass und Kontrabass sorgte Esat Ekincioğlu für massiven Groove, und die Brass Sektion bestehend aus Sofia Salvo (Bassklarinette), John Dikeman (Tenorsaxophon) und Frank Gratkowski (Altsaxophon, Flöte und Klarinett) intensivierte Schwung, Spaß und wirbelnde Klänge. Mit seiner Stratocaster Gitarre, die oft näher am Rock als am Jazz geerdet ist, bildete Christian Kühn die andere Seite des musikalischen Fundaments, welches zum Springen, Fliegen, Loslassen einlud.
Bei der Zugabe sprangen dann tatsächlich alle bis auf George Hadow und ließen die alte Mozartschule wackeln. So verging ein großartiger Abend mit einem vielseitigen und abwechslungsreichen Programm. Die Jazzinitiative Würzburg hat mit einem lauten und nachhaltigen Knall ihr 40. Jazzfestival beendet, und für allerlei Fröhlichkeit gesorgt.
Surftipps:
• Homepage der Jazzinitiative Würzburg
• Homepage von Norbert Dömling's Flying Spices
• Homepage von Kuhn Fu
									 
					
			
			
			
			
			
