Psychedelic Rock • Krautrock
(55:01; CD, Digital; MiG Music; 29.08.2025)
Es geht fleißig weiter mit den Ausgrabungen alter Aufnahmen aus der deutschen Musikszene durch das umtriebige MiG Music Label. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Band aus Rüsselsheim, deren Gründung weit zurückgeht, nämlich bis ins Jahr 1968. Sie durchliefen dabei so einige Besetzungswechsel und waren in ihrer Umgebung besonders als Live Band bekannt, was ihre Popularität schließlich auch in weiteren Gebieten beschleunigte. Ihre Live Shows wurden immer aufwendiger, schließlich wurden Filmsequenzen eingespielt und – passend zur teils psychedelischen Musik – entsprechende Farbmuster und andere visuelle Effekte an die Wände projiziert.
Im Sommer 1970 waren sie dann so weit, ins Studio gehen zu können und nahmen unter anderem einen 25-minütigen Track namens 'Flash' auf, mit dem sie an einem Wettbewerb des Südwestfunks im bekannten Opo Shop Format teilnahmen und einen beachtlichen zweiten Platz erreichten. Das war dann auch der Schlüssel, der das Tor zu einem Vertrag beim seinerzeit angesagten Bacillus Label (Sublabel von Bellaphon) öffnete. Mit diesem im Rücken ging es dann im Frühjahr 1971 ins Studio – und zwar nach Köln ins Studio des legendären Dieter Dierks, der auch die Soundtechnik übernahm. Auch der Produzent ist kein Unbekannter, denn es handelte sich um Peter Hauke (u.a. Nektar oder Omega).
Das Ergebnis ist das gleichnamige Album, dem auf dieser Ausgabe (1997 wurde dieses Album schon einmal wiederveröffentlicht) noch vier Bonustracks hinzugefügt wurden, die im Gegensatz zum damaligen Re-Release aber keine bereits bekannten Songs in anderer Abmischung, sondern bisher unveröffentlichte Songs sind. Das sind rund 18 Minuten Bonus, demgegenüber steht allerdings das Fehlen des oben angesprochenen knapp 25-minütigen Longtracks 'Flash'.
Der interessanteste Song ist gleich an den Anfang gestellt, nämlich das 13-minütige 'Dirty yellow mist', dem einzigen Longtrack auf diesem Album. Hier wird fein ausgearbeiteter Psychedelic Rock geboten, der an manchen Stellen an frühe Pink Floyd erinnern mag. Gerade bei diesem Song kann man sich gut vorstellen, dass die oben beschriebene Live Atmosphäre bei My Solid Ground gerade bei diesem Song richtig gut rüberkam. Dazu die visuelle Begleitung – perfekt. Die weiteren Songs sind allesamt recht knapp gehalten, und so fehlt es ihnen etwas an der Ausstrahlung des Openers, da hier keine etwas weiter gefassten Instrumentalpassagen möglich sind. Auf 'The executioner' lässt beispielsweise ein an die Frühphase der französischen Ange erinnerndes Orgelspiel aufhorchen.
Weitere Akzente werden noch im Bonusmaterial gesetzt, speziell im knapp 7-minütigen 'bbb', einer typisch krautigen Instrumentalnummer, das auch wieder gerade durch die Orgel seinen eigenen Reiz entwickelt. Gleiches gilt für das abschließende 'Short waves', das mit ebenfalls sieben Minuten Laufzeit gar nicht mal so short ist und entfernt auch ein bisschen an frühe Nektar erinnern mag. Die vier Bonustracks wurden am 2.7.1971 im SWF-Studio U1 aufgenommen. Sie bilden einen wertvollen Zusatz, denn hier wird angedeutet, wie es mit der Band weiter gegangen wäre – und das klingt doch recht ansprechend.
1972 gab es eine Rundumerneuerung der Band und einen Plan für ein zweites Album, das jedoch nie erscheinen sollte.
Bewertung: 9/15 Punkten
Besetzung:
• Bernhard Rendel - guitar / vocals
• Karl-Heinrich Dörfler - bass guitar / vocals
• Andreas Würsching - drums
• Ingo Werner - organ / piano
Surftipps:
•Made in Germany Music – My Solid Ground
Abbildungen: My Solid Ground