
(43:24; Vinyl, CD, Digital; MNRK Heavy, 29.08.2025)
Es gibt Bands, die sofort beim ersten Hören so wirken, als wären sie aus purer Notwendigkeit geboren worden. Lowheaven gehören zu dieser Sorte. Entstanden im Frühjahr 2020 – als Isolation, Verlust und Unsicherheit kollektiver Alltag waren – trägt ihr Debüt "Ritual Decay" all das in sich: Beklemmung, Schmerz und Ballast.
We’re not a happy listen
sagt Sänger/Gitarrist Dan Thomson. Und ja: Wer bei diesem Album auf leichte Kost hofft, wird hier nicht fündig. Was man stattdessen bekommt, ist eine dichte, kompromisslose Mischung aus Post-Hardcore, Screamo, Blackened Noise und Metal. Lowheaven bedienen sich nicht einfach an Genres – sie lassen sie kollabieren, bis nur noch rohe Emotion übrig bleibt.
Schon der Opener 'In Grievance' wirft einen ohne Vorwarnung ins Dunkel, aus welchem Schreie der Pein ertönen, die von gefolterten Seelen stammen könnten. 'Chemical Pattern' taumelt zwischen Noise und Pop-Sensibilität, bis der Refrain wie eine Abrissbirne einschlägt. Das epische 'Cancer Sleep' hätte tatsächlich Hitpotenzial, wenn man es von all Sinisteren befreien würde.
'Nothing Else Frail' bewegt sich, v.a. zum Ende hin, in Post-Metal-Gewässern und vermittelt das Gefühl von Kontrollverlust. Bis einem 'Amhest' die Hand reicht: eine wunderschöne, fragile und sehnsüchtige Ballade mit Elementen aus 90's Indie Rock, Post Rock und Shoegaze, die einem Hoffnung verleiht, obwohl sie im Mittelteil für kurze Zeit in Richtung Blackgaze abdriftet.
In 'Mercy Death' schleicht sich Elektronik ein, die unter den verzerrten Vocals glimmt und den Song zugleich sphärischer und beklemmender macht. 'Fucking Hell' ist vielleicht das kontrastreichste Stück der Platte, da der Chorus mit seinem himmlischen Shoegaze-Sound auf Sounds aus der Hölle trifft. 'Fighter Valley' ist vielleicht das zahmste und auch zugänglichste Stück der Platte und das, obwohl Bass, Gitarren und Screams immer wieder wie Bleigewichte nach unten ziehen. 'Violence' hingegen erscheint recht experimentell, da hier mit droneartigen Post-Metal-Sounds gearbeitet wird, die an The Ocean denken lassen.
Das abschließende 'Manic Grace' zieht alle Fäden zusammen: erschöpfend, überwältigend, aber auch reinigend.
Dass die Aufnahmen in einer alten Kirche stattfanden, unter Schlafmangel und mit Cronenberg-Filmen im Dauerloop, hört man dem Album an. "Ritual Decay" klingt nicht nach harter Musik im klassischen Sinn – es klingt nach einem Prozess, nach Katharsis, nach der Suche nach einer Form, in der sich Selbsthass, Verlust und Versöhnung bannen lassen.
Zwischen Cave In, Deftones schimmern Einflüsse der 90er hindurch, doch Nostalgie ist hier fehl am Platz. "Ritual Decay" wirkt wie eine Platte, die genau jetzt passieren musste. Zehn Songs, die mal mit donnernden Gitarren niederdrücken, mal mit vielschichtigen Arrangements umgarnen, und am Ende eine Spur Menschlichkeit im Verfall sichtbar machen.
"Ritual Decay" ist ein Debüt, das Aufmerksamkeit fordert und Überwindung kostet – und gerade deshalb zu einem intensiven, unvergesslichen Erlebnis wird.
Bewertung: 11/15 Punkten
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• Dan Thomson - Gesang, Gitarre
• Mikey Buchta - Gesang, Bass
• Alex Pley - Gitarre, Keyboards
• Pat Pajak - Gitarre
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Oktober Promotion zur Verfügung gestellt.