Krautrock • Psychedelic Rock • Progressive Rock • Hard Rock
(77:34, 44:05; CD, Digital; MiG Music; 29.08.2025)
Die Anfänge dieser deutschen Formation aus dem Raum Köln gehen weit zurück bis in die End-60er, als sich Sänger/Gitarrist/Songwriter Ad Ochel und der Jazzmusiker Eberhard Krietsch (auch Mitglied bei der legendären Kurt Edelhagen Big Band) trafen und Ideen austauschten. Als mit Albrecht Claudi ein weiterer Gitarrist und mit Helmut Pohl ein Schlagzeuger hinzukamen, war das der Startschuss für eine neue Formation, die sich den Namen Gomorrha gab. Die musikalische Herkunft der Mitglieder war recht divers, da trafen als Inspirationsquellen Beatles, Jimi Hendrix, Jeff Beck, Terje Rypdal oder Volker Kriegel aufeinander.
Ein weiterer wichtiger Name, der ihren Weg kreuzte, war sicherlich der legendäre Conny Planck, der wichtige Impulse lieferte. Schnell ging es ins Studio und das gleichnamige Debütalbum erschien 1970. Acht Songs im 3-4 Minuten Bereich, allesamt auf Deutsch vorgetragen, wobei der Gesang allerdings nicht gerade zu den Highlights zählt. Die elektrische Gitarre ist oft federführend, bisweilen jazzige und psychedelische Parts vermischt, allerdings merkt man den Songs noch ein wenig an, dass die unter eher suboptimalen Bedingungen produziert wurden. Am ehesten weiß 'Kreiseltanz' zu gefallen, wo ein Vibraphon und eine dezente Flöte eingesetzt werden. Doch es gibt noch einen neunten Song, der 'Trauma' heißt und auf über neun Minuten zeigt, was die Vier sich in Sachen Improvisationskunst vorgenommen hatten. Ein exzellenter Psychedelic Trip ist nämlich daraus geworden.
Da die Spielzeiten es zuließen, hat man dann gleich das zweite Album drangehängt, sodass es die erste CD auf eine Laufzeit von fast 78 Minuten bringt. Die erste Neuerung fällt gleich auf, denn es wird auf Englisch gesungen, und die Stimme klingt auch anders als beim Debüt. Kein Wunder, denn mit Peter Otten ist ein neuer Sänger am Start. Irgendwie klingt das Ganze auch besser produziert und etwas ausgereifter als das Debüt. Doch Moment mal – irgendwas kommt doch komisch vor. Hatten wir das nicht vorhin schon mal so ähnlich gehört? Richtig! Bei "Trauma" (bei diesem Albumtitel hätte man schon hellhörig werden können) handelt es sich nämlich um eine Überarbeitung des Debüts. Die Songs wurden umarrangiert und mit englischen Texten versehen (auf Anraten von Conny Planck). Die bessere Produktion trägt ebenfalls zu einem verbesserten Gesamtbild bei. Highlights bleiben das schöne 'Dance of Circles' und das auf über 13 Minuten Spielzeit angewachsene Titelstück, gerade die Orgelimprovisation erinnern gelegentlich an 'In-a-Gadda-da-Vida' oder 'Death may be your Santa Claus' von Second Hand.
Die zweite CD enthält das zweite (oder dritte – je nach Zählweise) Album, das 1972 erschien und eine weitere Veränderung im Line-Up zeigt, denn mit Mike Eulner stieß ein hauptamtlicher Bassist hinzu. "I Turned to see Whose Voice it was" heißt das Werk, und die Antwort auf die Frage, wessen Stimme man hört, ist einfach: weiterhin Peter Otten. Gerade mal sechs Songs sind es diesmal, allerdings fallen sie diesmal deutlich länger aus, gleich vier haben eine Laufzeit zwischen sieben und zehn Minuten.
Der Opener 'Dance on a Volcano' dürfte kaum als Inspiration für Genesis und deren gleichnamigen Song gedient haben, ist aber ein sehr gelungener Einstieg ins Album, denn neben den Hard Rock Elementen haben sie hier auch Zeit für einen sehr schönen, ruhigen Mittelteil gefunden, der mit akustischer Gitarre beginnt und im weiteren Verlauf einen wunderbaren Orgelpart zu bieten hat. Eine recht abwechslungsreiche Nummer, die zeigt, dass die Band sich durchaus in unterschiedlichen Genres (inklusive Progressive Rock) zurechtfand. In ruhigen Momenten erinnert die Orgel auch mal an Procol Harum oder Trace. Gomorrha improvisieren gern, sodass es nicht verwundert, dass manche Songs wie Jamsessions wirken, so zum Beispiel der recht perkussive Titelsong.
Zwar funktionierte das Musizieren gut, aber leider häuften sich negative Erfahrungen im Musikbusiness, die schließlich dazu führten, dass sich die Band 1972 auflöste. Claudi und Krietsch sind in der Zwischenzeit verstorben, die restlichen Mitglieder sind allesamt noch in der einen oder anderen Form im Musikbereich tätig. Ochel hält eine Reunion für nicht ausgeschlossen. Schön, dass MiG Music mit dieser Veröffentlichung den Namen wieder in Erinnerung bringt.
Bewertung: 9/15 Punkten
Besetzung:
"Gomorrha":
• Ad Ochel - lead vocals / guitar
• Helmut Pohl - drums / vibraphone / flute / vocals
• Albrecht Claudi - lead guitar
• Eberhard Krietsch - bass / piano / organ / vibraphone / vocals
"Trauma":
• Ad Ochel - guitar / vibes / vocals
• Helmut Pohl - drums / flute
• Albrecht Claudi - guitar / vocals
• Eberhard Krietsch - bass / piano / organ / vocals
• Peter Otten - vocals
"I turned to see whose voice it was":
• Ad Ochel - guitar
• Helmut Pohl - drums
• Albrecht Claudi - guitar
• Eberhard Krietsch - organ
• Peter Otten - vocals
• Mike Eulner - bass
Surftipps:
• MiG Music - Gomorrha
Abbildungen: Gomorrha