(1:11:00; Vinyl (2LP), CD, Digital; InsideOut/Sony Music, 25.05.2025)
Es ist mittlerweile rund zwölf Jahre her, dass mich die Musik des Prog- und Christian-Rock-Künstlers Neal Morse in ihren Bann gezogen hat. Damals, im Winter 2013, trat die Neal Morse Band zusammen mit Mike Portnoy als Headliner beim Kulturfestival Mood Indigo in Mumbai auf. Auch wenn ich selbst keinen religiösen Bezug hatte, war ich tief beeindruckt von Neals musikalischem Können und seiner Leidenschaft für komplexen Prog Rock. Seine mutigen Ideen mit Spock’s Beard, die detailreichen Kompositionen mit der Neal Morse Band, die ich damals live erleben durfte, und seine Solo-Projekte zeigen, wie vielseitig und produktiv er in der Szene unterwegs ist.
Und so war es dieses Jahr nicht nur Jesus, der nach Ostern auferstanden ist – sondern auch Neals neueste Supergroup: Cosmic Cathedral. Mit an Bord sind unter anderem Legenden wie Chester Thompson (Genesis), Phil Keaggy (Glass Harp) und Byron House (der u. a. schon mit Robert Plant und Dolly Parton unterwegs gewesen ist). Ihr Debütalbum “Deep Water” ist jetzt erschienen – und das sollte man sich als Prog-Fan nicht entgehen lassen.
Ich habe Neals Gesang wirklich genossen und dabei bewusst versucht, den spirituellen Teil des Albums nicht zu sehr zu analysieren. Dass der christliche Glaube hier eine große Rolle spielt, war natürlich zu erwarten – aber ich habe einfach den musikalischen Teil auf mich wirken lassen. Und rein technisch gesehen ist das richtig stark gemacht. Der Prog-Anteil ist – wenig überraschend bei dieser legendären Besetzung mit Thompson, Keaggy & Co. – sehr hoch. Zwar erfindet das Album das Genre nicht neu, aber es macht richtig Spaß, zuzuhören.
Das Album beginnt mit ‘The Heart Of Life’, einem über 13 Minuten langen Song, der mit seiner Länge und Vielschichtigkeit genau das verkörpert, was man an Prog Rock liebt. Das Lied entwickelt sich ganz organisch und zeigt gleich zu Beginn, wie stark jedes einzelne Bandmitglied an den Instrumenten ist. Im Mittelpunkt des Albums steht der Titeltrack ‘Deep Water’, eine 38-minütige Suite in neun Teilen, die mit einem Vocoder-Intro von Morse beginnt. Manche Fans fanden es schade, dass die Suite in einzelne Tracks unterteilt ist, was beim Hören auf einem Plattenspieler das Erlebnis etwas stört. Vielleicht hätte man sich da ein Beispiel an Steven Wilson nehmen können, der auf seinem neuen Album “The Overview” durchgehende Versionen bereitstellt. Trotzdem merkt man der Musik und der Harmonie der Band deutlich an – hier spielt echtes Teamwork von erfahrenen Musikern. Besonders Phil Keaggys Gitarrenspiel bleibt im Ohr: immer gefühlvoll, nie überladen und mit viel Raum für die restlichen Instrumente. Die Chemie zwischen den Musikern wirkt ehrlich und natürlich – so etwas kann man nicht künstlich mit KI erzeugen. Chester Thompson bringt mit seinem leichten, jazzigen Schlagzeugspiel eine feine Balance in die langen Passagen. Am Ende der Suite baut sich alles zu einem gefühlvollen, fast schon spirituellen Finale auf.
Für einige Hörer kann der religiöse Textanteil dabei sehr präsent wirken. Aber wer Neal über die letzten zwei Jahrzehnte verfolgt hat, weiß, dass sein Glaube eine große Quelle seiner Kreativität ist. Trotzdem macht genau das seine Musik auch ein Stück weit spezieller – und nicht für jeden zugänglich.
Der Mix ist gelungen, mit guten Chorus-Lifts, die richtig gut ins Ohr gehen. Old School – aber sehr gut gemacht. Insgesamt ist “Deep Water” ein typisches Neal–Morse-Album: keine großen Überraschungen, aber auch keine ultralangweiligen Momente, bei denen man abschalten möchte. Ein solides, gut produziertes Album mit starkem musikalischen Manuskript.
Bewertung: 11/15 Punkten
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Neal Morse – keyboards, guitars, vocals
Phil Keaggy – guitars, vocals
Bryon House – bass
Chester Thompson – drums and percussion
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Oktober Promotion zur Verfügung gestellt.