(42:09; CD, Digital, Vinyl; Moment Of Collapse Records, 11.10.2024)
Ein bittersüßes Sehnsuchts-Klingen
Das Cello lamentiert empor
Ein Schrei aus Groll, Gitarren singen
Erst zart, dann wütend-wild
bevor Es still wird, leer und leis und innig
Der Raum gefüllt mit schwerem Mut
Erhebt die Stimmen eigensinnig!
Singt uns von eiseskalter Glut!
Vom Werden und vom Werden-Wollen
Vom Seien und vom Seien-Sollen
Bis es pulsiert, die Rhythmen fachen
Das Feuer bis zum höchsten Punkt
Und plötzlich – wund im Licht erwachen
Den Quell erschöpft bis auf den Grund.
Durch Poesie und Klang entsteht
Ein Raum zum Wüten und Verzeih‘n
Der doch – zu bald – zugrunde geht
Was bleibt, es ist allein: der Schein.
Hui, definitiv mal keine einfache Kost. Laudare aus Leipzig fordern den Hörer heraus, und zwar mit einer ziemlich mutigen Variante aus Post Black Metal, Post Hardcore, Neoklassik, Avantgarde, Folk und viel progressivem Wahnsinn. All dies mit lateinischen Lyrics eingesungen ist natürlich ein sehr anspruchsvoller Ansatz, dem die Leipziger partiell gerecht werden. In Songs wie ‚Agnes Dei‘ weiß man mit weiblichen Chorälen ein harmonisches Netz zu spinnen. Die verquere, mit Cello unterstützte Gitarren-Fraktion ist nebst wütenden männlichen Vocals dann das Spielfeld, auf dem die Leipziger mit allem, was reinpasst, agieren wollen. Das wirkt temporär immer etwas überfrachtet, gleichzeitig spannend. Die Chöre sind größtenteils anmutig inszeniert, sakral und pathetisch bis zum Dorthinaus. Der folkloristische Anteil ist aus meiner Sicht sehr gelungen, erinnert mich einiges angenehm an so manch Wald – und Wiesen Stück der Natur-Romantiker von Empyrium. So ein kleines Zwischenstück wie ‚Hostias‘ ist eine wohltuende Insel, die akustische Gitarre, Piano und Cello gehen zum andächtigen Gesang eine wunderschöne Allianz ein – das hätte ich hier und da des Öfteren als wohltuend empfunden.
Für Stücke wie ‚Offertorium‘ mit ihrer vertrackten progressiven Struktur und den irgendwie bemüht klingenden wütenden Vocals muss man irgendwie erstmal Ausdauer mitbringen. Sanfte fragile Heavenly Voices in ‚Lacrimosa‘ zu stillem Piano und Cello sind stimmig umgesetzt, erzeugen Raum und Atmosphäre. Die Hinzunahme metallischer Grundierung erfolgt hier sehr passend und hält man die überdosierte Avantgarde etwas im Zaume, entstehen phantastische Bilder. Wilde, wüste Abfahrten wie ‚Quid Sum Miser‘ stehen neoklassischem Folk und leidenschaftlichem Avantgarde Doom in ‚Rex Tremendae‘ gegenüber – der Kontrast könnte nicht grösser sein. Violent Poetry ist eine selbst vergebene Schublade, der man nicht widersprechen mag. ‚Quaerens Me‘ gefällt sehr, da es flächiger arrangiert ist und sich hier mehr Post-Allüren Schicht um Schicht dynamisch aufbauen dürfen. Es regiert in diesem Fall mal nicht die ganze Zeit das Chaos.
Laudare sind hoch motiviert, kompromisslos, experimentell und ziehen konsequent ihr Ding durch. Der unbedingte Wille, den eigenen Klang zu erschaffen, ist jede Sekunde spürbar und absolut lobenswert. Die Spannbreite, das ewige Springen von Ast zu Ast im Sekundentakt und die partiell harschen Vocal-Attacken sind selbst für den offenen Hörer vermutlich der fordernde Streitpunkt. Für den konventionellen Metaller viel zu speziell, will dieser neoklassische Ansatz von düsterem Metal mit Folk und Chören erarbeitet und entdeckt werden. Spannend und kompromisslos allemal und dafür gilt den Musikern der ganze Respekt.
Bewertung: 10/15 Punkten (RB 10, KR 11)
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Alle Abbildungen mit freundlicher Genehmigung von Moment of Collapse Records