»Gonna Get Close To You«
Er kann es immer noch. Geoff Tate, der ehemalige Frontmann der Progressive Metal Band Queensrÿche, die vor allem Ende der 80er / Anfang der 90er ein paar bärenstarke Alben veröffentlichte, tourt regelmäßig durch Deutschland und präsentiert Songs aus der gemeinsamen Zeit mit der Band aus Seattle, als er als hervorragender Sänger (tatsächlich zählt Geoff Tate m. E. zu den größten Metal-Sängern aller Zeiten) Alben wie “Operation: Mindcrime” oder “Empire” seinen Stempel aufdrückte. So auch Anfang September 2024 im Essener turock bei brütender Hitze, die den Abend zu einer für alle Beteiligten schweißtreibenden Angelegenheit machte.
Den Aufakt um 20 Uhr und damit eine halbe Stunde später als auf der Webseite des Clubs angekündigt machten allerdings Tri State Corner. Das Quartett um die charismatischen Geschwister Vassilios Maniatopoulos (Gesang) und Ioannis Maniatopoulos (Bouzouki) sorgten gemeinsam mit Christoph Tkocz (Gitarre) und Chris Efthimiadis (Drums) stolze 45 Minuten lang für ordentlich Stimmung, kam ihr “Bouzouki Rock” doch ganz hervorragend beim Publikum im gut gefüllten turock an. Dabei präsentierte sich die Band als äußerst sympathisch.
Sänger Vassilios Maniatopoulos nutzte die kurzen Pausen zwischen den ingesamt zehn Songs immer wieder für die Interaktion mit dem Publikum. So erfuhren wir von der Motivation hinter dem Bandnamen (die vier Mitglieder haben deutsche, griechische und polnische Wurzeln), blickten gemeinsam zurück auf die Laufbahn der Band, die seit 2008 in fast unveränderter Bandbesetzung fünf Studioalben an die Frau bzw. den Mann brachte. Ansonsten wurde ordentlich gerockt. Die Songs der Band kommen gerne direkt zum Punkt, eher selten durchbricht ein Track die Vier-Minuten-Marke. Mit Progressive Rock hatte das also alles eher wenig zu tun. Und zu dem, was Geoff Tate später kredenzen sollte, passte der von der Bouzouki, einem griechischen Saiteninstrument, gewürzte Sound auch nicht wirklich, aber: Tri State Corner machten sehr viel Spaß. Und so erhielt das Quartett entsprechend wohlverdienten Applaus, als ihr Set nach einer Dreiviertelstunde endete.
Bühne frei für Geoff Tate. Es dauerte noch knapp eine weitere halbe Stunde, bis das Goldkehlchen Geoff Tate kurz nach seinen Bandkollegen schließlich die Bühne betrat und das Quintett direktamente in ‘Empire’, dem Titeltrack des gleichnamigen Queensrÿche Albums von 1990, einstieg.
Ich muss zugeben: ich brauchte einen Moment, mich an dieses Bild auf der Bühne zu gewöhnen. Da performte dieser mittlerweile 65 Jahre alte legendäre Sänger im Kreis einer jungen Band, von denen jedes Mitglied locker als sein Sohn durchgehen könnte. Auch sah von den vier jungen Kerlen niemand auch nur im entferntesten so Rockstar-like aus wie einst Michael Wilton oder auch Chris DeGarmo, als ich Queensrÿche zuletzt anno 1995 zur “Promised Land” Tour in Köln sah.
Aber: die Jungs hatten Spaß. Und zwar richtig viel Spaß. Und so suchten sie, soweit nicht am Drumkit verhaftet, immer wieder den Weg an den vorderen Bühnenrand und gingen auf Tuchfühlung mit den Fans in der ersten Reihe, zeigten sich dabei an ihren Instrumenten souverän und brachten die ingesamt 16 (fast ausnahmslos Queensrÿche) Songs zur Freude der Fans gut rüber. Die Fans wiederum feierten derweil alles ab, was Geoff Tate auf die Setlist gepackt hatte: Vom Auftakt ‘Empire’ an wurde mitgesungen, manchmal beziehungsweise oft mehr (‘Operation: Mindcrime’, ‘Breaking The Silence’, ‘I Don’t Believe In Love’, ‘Silent Lucidity’) und nur selten weniger (‘Desert Dance’, ‘The Thin Line’). Mit dem Einsatz der textsicheren Fans im Rücken konnte an dem Abend vermutlich so oder so wenig schiefgehen.
Das Gegenteil war der Fall. Geoff Tate war in hervorragender Form und brachte die (zumeist) Klassiker wunderbar auf den Punkt. Selbst am Saxofon, aus dem er leider nur selten Töne hervorzauberte, machte er eine sehr gute Figur. Und wie schon erwähnt: auch die jungen Bandmitglieder machten einen tollen Job.
Etwas komisch mutet in der Nachbetrachtung die Setlist der “The Big Rock Show Tour 2024” an. Nach einem bunten Mix zu Beginn des Konzerts reiht der Sänger die drei Songs aus der “Operation: Mindcrime” Ära als Paket, um zum Ende der regulären Set in die Tiefen von “Empire” einzutauchen und weitere drei Songs von diesem Album zu performen. Und dazwischen werden mit ‘NM156’ und ‘Screaming In Digital’ exakt die zwei Songs der Setlist direkt hintereinander platziert, bei denen Geoff Tates Stimme verzerrt über die Boxen schallt.
Die Zugabe, drei weitere Tracks, wurde mit ‘Welcome To The Machine’ (Pink Floyd, der einzige “fremde” Song) eingeleitet und führte schlussendlich zurück in die frühen 80er, endete der Abend doch mit ‘Queen Of The Reich’ von der schlicht ‘Queensrÿche’ betitelten EP, mit der Queensrÿche vor über 40 Jahren ein erstes markantes Duftzeichen setzte.
Fotos: Mister Ilms
Mehr Fotos von Tri State Corner
Mehr Fotos von Geoff Tate
Surftipps zu Geoff Tate:
Homepage
Facebook
Instagram
X
YouTube
Spotify
Wikipedia
–
Konzertbericht: Geoff Tate (2023)
Konzertbericht: Geoff Tate (2022)