Merzbow, Mats Gustafsson, Balazs Pandi – Cuts Open

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(85:42, DCD, DLP-Vinyl, Digital, RareNoiseRecords, 2020)Merzbow, Mats Gustafsson, Balazs Pandi - Cuts Open (RareNoise, 25.9.20)
Wenn die Namen Merzbow (Masami Akita), Mats Gustafsson oder Balázs Pándi fallen, verlässt schon mal die gute Hälfte der Menschen den Raum – “viel zu abgedreht” heisst es da, und weg sind sie. Die andere Hälfte bleibt gespannt vor Ort und schaut und hört erst einmal hin. Fallen gar alle drei Namen gemeinsam, dünnt sich wahrscheinlich die Gesamtsituation noch deutlicher aus. Was ist zunächst die Erwartung? Nun, explosive Freejazz-Attacken, apokalyptische Geräusche und Exzesse.

Legt man die Scheibe(n) aber ein, kommt ein völlig anderes Bild zum Vorschein. Die drei Musiker spielen fast zärtlich miteinander. Vier Plattenseiten mit je einem langen Stück erlauben uns einen intimen Blick in ein geradezu meditatives Zusammenspiel. Völlig freiformatige Improvisationen mit viel Zeit zum Erkunden des Augenblickes sind zu hören. Freilich kommen sie nicht ohne die erwarteten Ausbrüche und Eskapaden aus, jedoch finden sie immer wieder zurück zu Ruhe und fast besinnlicher Innenschau. Das ganze Album ist ein hingeworfenes Kunstwerk, ein tongewordener Moment, eine Begegnung. Das ist das Faszinierende und gleichzeitig das Problem, denn entweder man ist in der Lage und/oder in der Stimmung, dem Fluss der Klänge zu folgen, dann versinkt man darin, oder der Schlüssel passt überhaupt nicht in das Schlüsselloch, dann wird man mit der Musik überhaupt nichts anfangen können. Es hilft also nichts: Ausprobieren!

Pándi:

“For me, every possibility to play with the trio is special,” . “We can play together [only on rare occasions], so whenever it happens, we give it our all. I can be as jetlagged as a hyperactive diplomat, but whenever we hook up and have the possibility to play, it fills me up with energy unlike anything else. I think it comes from how deeply we connect on a human level.”

Und irgendwie kommt da noch ein Gedanke auf, oder besser, ein Gefühl – nämlich, dass dies der Soundtrack zu diesem seltsamen Jahr 2020 sein könnte:
Spannung, Innehalten, Verzweiflung, Trauer, Hoffnung, Freundschaft, Leben…
Bewertung: 10/15 Punkten

Line-up:
Masami Akita (Merzbow) – noise electronics, percussion
Mats Gustafsson – flute, fluteophone, baritone saxophone, live electronics and percussion
Balazs Pandi – drums, percussion

Surftipps zu Cuts Open:
Homepage Gustafsson
Homepage Merzbow
Bandcamp
Spotify
Wikipedia Merzbow
Wikipedia Gustafsson
Wikipedia Pándi

Abbildungen: Künstler, RareNoise

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Über den Autor

Baujahr '65 und somit (gerade noch so, also Glück gehabt) mit der 70s-Musik sozialisiert. Mitveranstalter brotloser Konzerte in Jena mit Schwerpunkt Jazzcore, Avant und allgemeiner Stehmusik. Leidenschaftlicher Musiksammler mit verdächtiger Neigung zu allen möglichen Abartigkeiten und Obskuritäten. Der seltsame Musikgeschmack ist gerne hier nachzuvollziehen: https://laut.fm/freakout

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Merzbow, Mats Gustafsson, Balazs Pandi – Cuts Open

von Klaus Heuschkel Artikel-Lesezeit: ca. 2 min
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