Haken, eine der erfolgreichsten Prog-Metal-Bands der letzten Jahre, machte am 07.03. auf ihrer Europatour auch in München Halt und zog genug Prog-Begeisterte, um die Backstage-Halle auszuverkaufen.
Bei entsprechend stickiger Luft und T-Shirt-Temperaturen (muss man sich erst wieder dran gewöhnen) durfte das Publikum zunächst die Ben Levin Group kennenlernen…
Die Zweitband des Bent-Knee-Gitarristen kam in Sechserbesetzung (2x Gitarre, Bass, Schlagzeug, Keys, Violine) und legte mit einem wilden Wechsel aus Zappa-artigem Jazzrock, ruhigen Passagen und Punk-artigen Eruptionen los. Auch der Sprechgesang von Ben Levin weckte Zappa-Assoziationen. Nach dem ersten Stück schaltete die Band ein bisschen zurück, brachte fast balladenartige, von akustischen Sounds getragene Stücke, die durch den Gesang von Bassistin Jessica Kion richtiggehend emotionale Schönheit entfalteten. Ein bisschen zulegen kann die Band in Sachen Bühnenausstrahlung: während Levin und Kion zwar etwas zurückhaltend, aber immerhin erkennbar bei der Sache waren, wirkte vor allem der zweite Gitarrist Tim Doherty, als habe man ihn beim Robotik-Labor des MIT geborgt. Die musikalische Vielseitigkeit zeigte dennoch Wirkung: war das Publikum an Anfang noch eher verhalten, gab es nach einer halben Stunde doch freundlichen Applaus und einige neue Fans.
Danach waren Vola aus Dänemark an der Reihe, die sich offenbar vorgenommen hatten, mit halb so vielen Leuten doppelt so viel Lärm zu machen. Ein knackend verzerrter (und viel zu lauter) Bass, hart-scheppernd gedroschenes Schlagzeug und kratzig verzerrte (und viel zu undeutliche) Gitarre als Fundament, dazu Keyboard-Flächen und Gedingel aus der Dose (der Keyboarder hatte keine Zeit, auf die Tour mitzukommen) – die Arrangements wirkten oft Industrial-ähnlich und unterkühlt, ohne aber viel Groove oder Energie zu entwickeln. Der Gesang bewegte sich meist in den immer-gleichen Lagen und kam selten gegen das allgegenwärtige Bassgeknöter an, und das Songmaterial ließ wenig Variabilität in Sachen Tempo, Stimmung und Intensität erkennen, so dass zumindest der Autor dem Auftritt wenig abgewinnen konnte.
Dass es auch viel besser geht, demonstrierten nach der Umbaupause dann Haken. Von Anfang an sorgte ein transparenter, aber druckvoller Sound dafür, dass man vielleicht musikalisch erschlagen wurde, aber zumindest nicht sensorisch. Die Instrumentalfraktion setzte mit ihrem Outfit (schmucklos schwarz) und ihrem Handwerkszeug (kopflose Achtsaiter-Gitarren, Sechsaiter-Fanned-Fret-Bass…) eines klares Statement: hier ging’s nicht um Spaß am Rock’n’Roll oder Emotionalität, hier war Hochleistungsfeinmotorik angesagt. Schon mit den ersten zwei Stücken von ihrem aktuellen Albums “Vector” präsentierten Haken gleich die Spanne ihres Könnens, mit Gitarrenfrickeleien, djentigen Slap-Grooves, Synthi-Spielereien, aber auch der einen oder anderen Gesangsmelodie, die diese Bezeichnung verdient und die Sänger Ross Jennings tonsicher und stimmgewaltig umsetzte. Die Band gab sich gut eingespielt und hochkonzentriert und stellte in den folgenden 100 Minuten unter Beweis, dass sie Dream Theater vielleicht noch nicht vom Thron des Frickel-Metals stürzen können, aber doch auf Augenhöhe mithalten und in manchen Bereichen (insbesondere dem Gesang, sowohl Lead- als auch mehrstimmig, wie bei der Zugabe ‘Crystallised’) die Nase vorn haben. Dass vielleicht der einzige aus klassischer Songwriting-Sicht wirklich gelungene Song die abschließende Coverversion von ‘Africa’ war, sei mal zweitrangig – auch die Konkurrenz bekommt das (von Ausnahmen abgesehen) keinen Deut besser hin. Die Fans waren auf jeden Fall sehr angetan.
Live-Fotos: Monika Baus, Artrockpics