
Doom • Progressive Rock • Stoner • Grunge
(41:06; Vinyl, CD, Digital; Season Of Mist, 19.09.2025)
Stoned Jesus haben es wieder getan. Nach "Father Light" stand die ukrainische Heavy-Prog-Instanz vor der Aufgabe, ihre Geschichte weiterzuschreiben, ohne die eigene Vergangenheit zu wiederholen. Mit "Songs To Sun", dem Auftakt zu einer geplanten Trilogie, ist ihnen das in eindrucksvoller Manier gelungen: sechs Tracks, 41 Minuten und 6 Sekunden geballte Energie, ein Feuerwerk aus Doom, Stoner, Heavy und Progressive Rock, das die vielen Facetten der Band in einem hellen, glühenden Strang zusammenführt.
Schon der Opener 'New Dawn' zeigt, dass Stoned Jesus keine Angst vor großen Gesten haben. Über fast neun Minuten entfaltet sich ein Arrangement, das zwischen lodernder Stoner-Ästhetik, doomiger Schwere und klassischem Prog-Rock oszilliert. Nach nicht einmal 50 Sekunden schimmern Porcupine Tree-Einflüsse in Gitarren- und Bassläufen deutlich durch. Igor Sydorenko, der einzige Musiker, der schon auf dem Vorgänger "Father Light" zu hören war, trägt erneut die Hauptlast – Gitarren, Bass, Keyboards und Vocals stammen allesamt von ihm. Doch mit Andrew Rodin (Bass, Backing Vocals) und Yurii Ciel (Drums, Backing Vocals) hat er zwei Mitstreiter gefunden, die die Band hörbar verjüngen und energetisch nach vorne bringen.
Mit 'Shadowland', der ersten Single, schlagen sie die Brücke zur jüngeren Vergangenheit: die Groove-Arbeit der Rhythmussektion, das dunkle, melancholische Keyboard und die finalen Sprintpassagen lassen Erinnerungen an 'Here Come The Robots' wach werden. Über den staubigen Wüstensounds liegt jedoch auch der Schatten von Mastodon, deren Crossover aus Prog und doomigem Sludge als Richtschnur dient. Die gefühlvolle Hookline brennt sich dabei sofort ins Ohr.
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'Lost In The Rain' führt in verträumte, sehnsüchtige Gefilde: akustische Gitarrenklänge öffnen den Song, der zwischen folkiger Wärme, Porcupine Tree-Melancholie und doomigem Unterton balanciert. Igor Sydorenkos Phrasierung erinnert hier streckenweise an Ozzy Osbourne. Im abschließenden Solo wird es gar richtig proggig – der Einfluss von Steve Rothery scheint plötzlich greifbar.
Mit 'Low' ziehen dunkle Gewitter auf: harter, wütender Doom mit Blast Beats, wie man sie von Stoned Jesus bislang nicht kannte. Mastodon lassen erneut grüßen, ehe sich der Song in bester Post-Metal-Manier verdichtet – eine mutige, aber überzeugende Wahl für eine Single.
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'See You On The Road' ist proggy und verdammt groovy, mit tiefen Stoner-Tönen und einer Prise Grunge. Irgendwo zwischen O.R.K., Soundgarden, Mastodon und Alice In Chains liegend, fasst der Track die Einflüsse des Albums mustergültig zusammen. Besonders gelungen ist der Chorgesang am Ende, der dem Stück eine fast hymnische Note verleiht.
Den Abschluss bildet 'Quicksand', mit fast zehn Minuten das längste Stück und wohl schon vor einiger Zeit komponiert. Weitgehend akustisch und mit einer leichten 'Space Lord'-Stimmung beginnend, wirkt der Song wie ein intimer Ausblick auf die kommenden Teile der Trilogie. Musikalisch und textlich tief emotional, entwickelt er sich zu einer wahren Katharsis – ein Loslassen, ein Reinigen, das dem Album einen nachhallenden Schlusspunkt setzt.
Hört man die Gitarrenriffs, so muss man Stoned Jesus noch immer ihrem Klang nach als Doom-Band bezeichnen. Doch ist "Songs To Sun" deutlich näher am Prog als sein Vorgänger. Ob das an den beiden Neuzugängen liegt, darf bezweifelt werden – vielmehr scheint Sydorenkos Vorliebe für Progressive Rock hier schlicht einen größeren Stellenwert bekommen zu haben. Und so gelingt Stoned Jesus mit "Songs To Sun" ein Spagat: zwischen Doom und Prog, Schwere und Melodie, Rückschau und Aufbruch. Sydorenkos Stimme trägt dabei viel zur besonderen Wirkung bei: mal an Ozzy, mal an Madrugadas Sivert Høyem erinnernd, dann wieder mit der Intensität eines Trent Reznor – immer wandelbar, immer prägnant.
Dieses Album ist mehr als ein starkes Lebenszeichen. Es ist der Beginn einer Reise, die in den kommenden zwei Teilen ihre Strahlkraft hoffentlich noch weiter entfalten wird. Stoned Jesus haben mit "Songs To Sun" den Grundstein für eine Trilogie gelegt, die das bisherige Schaffen bündelt – und dabei das Versprechen erneuert, dass aus der Ukraine noch lange Zeit einer der spannendsten Heavy-Prog-Acts Europas kommen wird.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Besetzung:
• Igor Sydorenko - vocals, guitars, bass, keyboards
• Andrew Rodin - bass, backing vocals
• Yurii Ciel - drums, backing vocals
Surftipps:
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Season Of Mist zur Verfügung gestellt.