»Are you experienced? … or a mindless bully?«

Zuletzt im Jahr 2009 mit Vergnügen und einem Trauerrand (letztes Konzert mit einem direkt danach verstorbenen Konzertfotografen und Jugendfreund) live gesehen, das „Comeback“-Event 2024 aber verpasst. Da war die Marschrichtung klar, als seitens des lokalen Veranstalters Rock Times Productions Ende April wieder für “A Tribute To Jimi Hendrix” in die Bonner Harmonie geladen wurde.

In dessen Worten: “Seit Hendrix‘ Tod 1970 gab es immer wieder Musiker, die versuchten, seine Musik so identisch wie möglich zu interpretieren. Doch so richtig gelang es keinem, bis Randy Hansen in den 80ern auftauchte. Er ist tatsächlich in der Lage Jimis Gitarrensounds verblüffend echt zu reproduzieren. Doch damit nicht genug, wenn er singt, meint man Jimis Stimme zu hören. Nicht zu Unrecht ist er einer der wenigen offiziell von der “Hendrix-Familie” anerkannten Gitarristen (…) In der Vergangenheit hatte er auch schon mit vielen berühmten Musikern zusammengespielt wie Hendrix‘ Begleitmusiker Noel Redding, Mitch Mitchell oder Buddy Miles (nicht zu vergessen Herbie Hancock, den Soundtrack für “Apocalypse Now” u.v.a., d. Red.). In Deutschland begleiten ihn zwei Ikonen der Rockszene, Manni von Bohr am Schlagzeug (Peter Burschs Bröselmaschine. Und seit 2016 spielt er wieder Schlagzeug bei Birth Control) sowie UFO Walter (Marla Glen, Leon Hendrix, Buddy Miles, Alex Oriental Experience, Caught in the Act, Anne Haigis, Embryo).”


Tatsächlich ist beim heute 71-jährigen Hansen gelegentlich auch der Begriff “Hendrix-Imitator” benutzt worden, um die frappierende Nähe zum Original zu unterstreichen. Die ist und bleibt auch immer wieder verblüffend. Gleichzeitig aber hat der sympathische Virtuose aus Seattle letztlich seine ganz eigene, starke Bühnenpräsenz.

Apropos Präsenz: Unser kleines Konzertbetreuungsteam war heute mal in vorderster Reihe platziert. So konnten wir gar nicht umhin, immer wieder störendes, bald nicht mehr zu ignorierendes Gebrüll während des Konzertes wahrzunehmen, konkret von rechts, also ebenfalls direkt vor der Bühne. Das stammte von einem groß-, breit- und dickgewachsenen Proleten, der mit bereits knallrot angelaufener Birne andere Konzertbesucher schikanierte. Don’t get me wrong – wir alle haben uns schon mal über dauerfilmende Konzert- oder Festivalbesucher geärgert. Aber wirklich jeder, egal ob Frau, ob Mann, der um diesen Knilch herum auch nur für Sekunden ein Foto vom Bühnengeschehen nehmen wollte, wurde angegröhlt. Wohlgemerkt, der Tuppes ist einen Kopf größer als der Autor, seine Sicht konnte also überhaupt niemand behindern. Des uneingedenk röhrte dieser selbsternannte Sittenwächter bemitleidenswerten Menschen vor oder neben ihm seinen Frust und wohl auch Hass direkt in die Ohren. Es wurde schließlich so furchtbar, dass Randy mitten im Solieren besorgte Blicke zu werfen begann und Ufo sich zum Schreihals verfügte und stumm das internationale Zeichen für “leiser, Freundchen” machte. Genutzt hat es leider nur zeitweilig. Tja, Einzelschicksale… Vermutlich hat dieser Konzertgänger kein Smartphone. Oder keiner hat jemals seine seine eigenen Fotos geliked?
In jedem Falle ergaben diese lang fortgesetzten Szenen einen scharfen, störenden Kontrast zwischen all dieser fluffigen Hippie-Friedlichkeit auf der Bühne und den zeitweilig doch eher abstoßenden Szenen am Bühnenrand.

But the show must go on. And it did. Mit einer Feedback-Orgie und ‘Burning Desire’ ging’s fulminant los – inclusive starken Bass- und Drumsolos, während deren Verlauf man in Ruhe Überlegungen anstellen konnte (oder auch nicht) wie diese: Wie schafft es dieser Derwisch, dass sich die langen Fransen seiner zunächst getragenen (natürlich) strahlend weißen Jacke nicht in den Saiten verheddern? Kommt ihm der ostereigroße grüne Ring an der rechten Hand beim Spiel auf seiner (natürlich umgedrehten weißen) Fender Strat nicht in die Quere? Und hat es beim Spiel à la Hendrix auch mit Zähnen und Zunge eigentlich Vor- oder Nachteile, einen Überbiss am Start zu haben, auf den Bugs Bunny neidisch sein dürfte?


Ins total synchron irre beschleunigende ‘Fire’ stahl sich ein Teil von ‘Sunshine Of You Love’ – großartig.
Zum Repertoire unseres heutigen Stars, das den fotografierenden Bluesrockgitarristen an des Autoren Seite, Bernd, besonders beeindruckte, gehörte folgender Stunt: In vollem Solotempo ein Pic/Plektrum in die Höhe werfen, wieder auffangen und äußerst geschmeidig weiter solieren…

Nach ‘I Don’t Live Today’ wurden uns die auf Randys beiden Marshall-Stacks thronenden Ernie & Bert vorgestellt: der Vater des Gitarristen hieß Bert, der vom Bassisten Ernest.

‘Hey Joe’ lieferte einen ersten Höhepunkt, anmoderiert von Randy mit: “I’m way too high, I should not be doing this.” Seiner atemberaubenden Fingerfertigkeit und geschmeidigem Spiel und Gesang hat das aber keinerlei Abbruch getan.

Zu ‘Stone Free’ eskalierte unser Idiot des Abends erstmals so richtig, schade um die großartige Interpretation aller drei Künstler.

Das nächste Stück stellte uns die entscheidende Frage ‘Are You Experienced’? Diese sensationell aufeinander achtende und reagierende Band ist es ganz zweifellos. Und Randy zeigte, dass er eigentlich überhaupt keine rechte (Anschlag-)Hand braucht, wenn er das so will…

Nach dem ebenfalls begeisternden ‚Freedom‘ nun also ‚Little Wing‘. Daran hat sich so mancher versucht. Aber bei kaum jemand ist das Ergebnis erhebender als bei diesem Trio.
Mit ‘1983… (A Merman I Should Turn to Be)’ – Randy: “My fav Hendrix song” – stiegen wir in eine besonders schöne, da enorm psychedelische Phase des so früh verstorbenen Musikgenies ein (was hätte da noch kommen können?!), gefolgt von ‘If 6 Was 9’.

Der Dylan Song ‘All Along the Watchtower’ war immer schon, auch bei Hendrix selbst, ein Publikumsliebling, so auch an diesem Abend.

Zu ‘Voodoo Child (Slight Return)’ wurde vorgeführt, dass man auch mit einem 0,4 Liter Bierglas souverän Bottleneck spielen kann.

Und für die Zugabe ‘Johnny B. Goode’ (Chuck Berry, aber vgl. z. B. Johnny Winter) wurde noch ein Bad in der Menge genommen.
In Summe ein traumhafter, in mehrfacher Hinsicht nostalgischer Konzertabend – und diesen einen Totalpfosten in der Menge gibt’s halt leider fast immer…

PS – hier geht es weiter mit der “A Tribute to Jimi Hendrix European Tour 2025” – gönnt Euch:
02.05. DE Berlin, Quasimodo
03.05. DE Neustadt/Orla, Wotufa
07.05. DE Göttingen, Musa
08.05. NL Haarlem, Patronaat
09.05. NL Leiden, De Nobel
10.05. NL Uden, De Pul
…
25.10. DE Erfurt, Gewerkschaftshaus
05.11. DE Rüsselsheim, Das Rind
Live-Fotos: Bernd Zimmermann
Surftipps zu Randy Hansen:
Homepage
Jazzhouse Artists
Facebook (pers. Profil)
YouTube
Bandcamp
Spotify
German Fanpage
Wikipedia