CD Kritik Progressive Newsletter Nr.79 (12/2013)
Karnivool - Asymmetry
(67:01, Sony Music, 2013)
In Australien scheint derzeit ein besonderer fruchtbarer Boden für anspruchsvollen, heftigen Alternative / Art Rock zu sein. Diverse Bands gehen dort den Weg der differenzierten und wuchtigen Töne, finden jedoch auch außerhalb von Down Under eine entsprechende Hörerschaft. Vier Jahre nach dem großartigen "Sound awake" sind Karnivool mittlerweile nicht nur bei Sony Music gelandet, sondern sie schreiten weiterhin musikalisch als überaus kompromisslose Band voran. "Asymmetry" ist mehr als nur eine konsequente und logische Fortsetzung des Vorgängers, dabei aber mitnichten eine schlichte Kopie des Longplayers von 2009. Karnivool loten nicht nur für sich die weiteren musikalischen Extreme aus (mehr Komplexität, Härte und Bombast, sogar Jazz Rock Einschlag in sehr geringen Dosen), sondern man schert sich augenscheinlich wirklich nur sehr wenig darum, dass man mittlerweile bei einem Majorlabel unter Vertrag ist. Das ist natürlich Chance und Fluch zugleich. Fluch, dass man bei Misserfolg wohl eher in ein stilistisches Korsett gezwängt wird, was bei "Asymmetry" glücklicherweise nicht passiert ist. Chance, da man durch Promotion und Vertrieb ein wesentlich breiteres Publikum erreichen kann. "Asymmetry" ist keineswegs Liebe beim ersten Anhören, denn dafür ist der immer eine Spur zu überdreht wirkende Art Rock moderner Prägung einfach zu stolpernd, nicht eingängig genug und vor allem recht heftig, fast schon metallisch ausgefallen. Beim wiederholten Anhören ist dies jedoch letztendlich die Stärke des Albums, da man für die ungezügelte Power und die sachten, atmosphärischen Schwankungen genau die richtige Balance der spannenden musikalischen Interaktionen gefunden hat. Vor allem in der zweiten Hälfte des Albums nehmen Karnivool vermehrt Tempo und Wuchtigkeit zurück und vertrauen neben fast schon besinnlichen Momenten auf das wohl dosierte Einstreuen von kompositorischen Bocksprüngen. Keine Spur von Retro, keine offensichtliche Verneigung vor großen Vorbildern - Karnivool sind progressiv im Hier und Jetzt. Das funktioniert und begeistert. Punkt!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2013