CD Kritik Progressive Newsletter Nr.78 (08/2013)

TesseracT - Altered state
(50:45, Century Media, 2013)

Vor zwei Jahren starteten TesseracT mit "One" so richtig durch. Ihr mal atmosphärischer, mal technischer Metal moderner Prägung machte sie gleich zu den Lieblingen im metallischen Subgenre Djent. Doch die Band hatte seitdem mit einigen internen Problemen zu kämpfen, wobei man als offensichtliche Veränderung die Stelle am Mikrofon neu besetzen durfte. Doch mit Ashe O'Hara hat man mehr als nur einen Ersatz für den noch auf "One" tätigen Dan Tompkins gefunden. Denn während Tompinks mitunter zu aggressivem Gebrüll neigte, setzt sein Nachfolger seine recht hohe, aber durchaus markante Stimme ausschließlich clean ein. Das nimmt der Musik zwar die unterschwellige Schärfe, passt jedoch aufgrund der langgezogenen Gesangslinien erstklassig zum sehr atmosphärischen, überaus melodischen Schwebe-Metalsound der Briten. Gerade die Balance aus aggressiven, tieftönenden Stakkato-Riffs und mächtigen, raumgreifenden Melodiebögen sind voll ergreifender Emotionalität und mehr im progressiven, technischen Rock, denn im traditionellen Metal festgezurrt. Ausschweifende Soloparts sind übrigens weiterhin keine auf dem Album zu finden, vielmehr wird alles der komplexen, aber niemals so dominanten Rhythmik und der verschachtelten Songstruktur untergeordnet. Wenn man der Band einen Vorwurf machen kann, dann nur den, dass sie zwar keine erinnernswerte Hooks schreiben können, sondern ihr eigentliche Stärke im Gespür für packende Arrangements steckt. Neben dem markanten Saitengekrache sind es vor allem die sphärischen Sounds, die der Musik von TesseracT einen einheitlichen Fluss verleihen. Augenscheinlich konstruierte Musik kann so voll Schönheit und Ergriffenheit sein.

Kristian Selm



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