CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)

Il Bacio della Medusa - Deus lo vult
(33:54, Privatpressung, 2012)

Il Bacio della Medusa sind bis ins letzte Detail auf dem italienischen Retrotrip. Bereits ihr 2008er Werk "Discesa agl'Inferi d'un Giovane Amante" war eine wunderbare Blaupause für historischen Progressive Rock aus Bella Italia. Der Nachfolger ist da keine Spur anders gelagert, wenn auch mit gewissen Einschränkungen. Während viele Retro Prog Combos oftmals vor ihren Vorbildern in Ehrfurcht erstarren, so wirkt bei Il Bacio della Medusa alles eine Spur lockerer, augenzwinkernder und zudem natürlich in der progressiven Historie der Heimat verwurzelt. Deshalb bringt die Band nicht nur eine gewisse Portion Hard Rock Power ein, sondern vor allem südländische Lässigkeit, Schmalz und folkloristische Elemente lockern die Sache ungemein auf. Schade nur, dass das relativ kurze Album - auch hier orientierte man sich an manch italienischer Produktion aus den 70ern - fulminant und expressiv mit den progressiven Powernummern "Invocazione alle Muse" und "Indignatio - Infedeli in Terra Santa" startet, danach aber zu arg in mediterrane Klischees verfällt. So gehen die beiden folgenden Titel leider nur als ein etwas opernhaftes Schunkelstück bzw. schmachtender Folk Rock durch. Beim Titelsong wird dann endlich wieder gehörig auf die Tube gedrückt und mit übertriebenem, aber herzlichen Hard / Blues Rock Pathos größtenteils die richtige Balance gefunden. Besonders der sehr ausdrucksstarke und emotional überladene Gesang wandert immer nahe am Wahnsinn entlang. "Deus lo vult" ist insgesamt ein Album, das einen etwas gemischten Eindruck hinterlässt. Passte beim Debüt noch alles, wirkt das zweite Album inhaltlich mitunter unentschlossen, teilweise zu übertrieben und eben nicht 100% überzeugend, auch wenn man rund 2/3 des Albums als gut und gelungen durchgehen lassen kann. Doch da Il Bacio della Medusa eben schon bewiesen haben, dass sie mehr drauf haben, ist vielleicht der nächste Longplayer wieder auf gesamte Spieldauer ein Erfolg.

Kristian Selm



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