CD Kritik Progressive Newsletter Nr.47 (02/2004)

Banco Del Mutuo Soccorso - No palco
(73:38, Sony Music, 2003)

Am 6.Juli 2002 feierten Banco in Rom ihr 30-jähriges Bestehen vor einer begeistert abfeiernden Menge von 15.000(!) Zuschauern. Angemessen für solch einen Event, spulte die italienische Prog Legende nicht einfach nur ihr normales Programm ab, sondern zugegen waren einige Special Guests, wie z.B. die ehemaligen Bandmitglieder Gianni Nocenzi und Pierluigi Calderoni, P.F.M. Geiger Mauro Pagani, aber auch einige Musiker der aktuellen italienischen Rockszene. So erstrahlt manch Klassiker auf einmal in leicht abgewandeltem Gewand, sorgen die Gastmusiker und kleinere Neuarrangements für angenehme Überraschungen. Seit der Rückkehr von Banco Anfang der 90er, sowie ihrer Abkehr von den mehr geradlinigeren, poppigen Ausflügen in den 80ern, bekommt man bei den Römern live glücklicherweise vor allem die Klassiker aus den 70ern geboten. Und selbst nach mehr als 25-30 Jahren haben Titel wie "R.I.P.", "Il ragno" oder "750.000 anni fa...l'amore" immer noch die gleiche zeitlose Kraft wie damals, tut ihnen jedoch vor allem die klangliche Neuauffrischung gut. Besonders der ebenfalls bei Periferia Del Mondo tätige Alessandro Papotto an Flöte und Saxophon schafft einen interessanten Unterbau. Doch die Magie von Banco erzündet sich besonders in den schmachtenden, vor Emotionen überschäumenden Stücken, wie z.B. "Non mi rompete" (welches fast komplett von den Zuschauern gesungen wird und wohlige Schauer erzeugt), dem einzigen 80er Jahre Stück "Moby Dick" (versehen mit einem ausufernden Gitarrensolo) oder dass den Frühling heraufbeschwörende "Canto di primavera". Diese aufbrechende Gefühlswelt, das typisch italienische Flair hat schon immer bei sinfonischem Prog aus Italien für die ganz besondere Note gesorgt und Banco sind darin Meister ihres Faches. Bei der Songauswahl gaben sich Banco wirklich Mühe nicht nur das Standardprogramm zu fahren, sondern man findet ebenfalls einige Titel im Set wieder, die es bisher noch nicht auf den diversen Livealben zu hören gab (z.B. "Quando la buno gente dice" oder "Cento mani cento occhi"), wie zudem mehr sperriges Solomaterial von Vittorio Nocenzi und Gianni Nocenzi für inhaltliche Auflockerung sorgt . Zwar muss man dafür auf die epischen Meisterwerke wie "Metamorfosi" oder "La conquista della posizione eretta" verzichten, aber man kann eben bei solch einem umfangreichen Backkatalog nicht jeden zufrieden stellen. Dennoch zwei Kritikpunkte am Schluss. Während Sony Music den Kollegen von P.F.M. zugestand ihren Auftritt in Japan auf Doppel CD und DVD komplett zu dokumentierten, werden die Fans von Banco leider nur mit einer (zugegebenermaßen prall gefüllten) CD abgespeist. Weiterhin ist es zwar immer wieder schön die mediterrane Energie von Bancos Italo Prog live einzufangen, aber da seit dem letzten Studioalbum "Il 13" mittlerweile zehn Jahre vergangen sind, "No palco" nach "Nudo" und der halboffiziellen Veröffentlichung "En concierto Mexico" das dritte Livealbum in Folge ist, wäre es mal wieder an der Zeit ein neues Studioalbum nachzuliefern. Dennoch: "No palco" ist definitiv eine lohnenswerte Investition vor allem für die Banco Fans, kann aber als Überblick ebenfalls Einsteigern und Freunden von Livealben wärmstens ans Herz gelegt werden.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2004